Sie war für viele ein beliebtes Fotomotiv, ein Teil der Uferpromenade, ein Teil der Stadt. Nun ist sie weg: Sie wurde rund 50 Jahre alt und am 20. Februar gefällt. Der Ärger ist groß – zumindest auf den digitalen Kanälen. In der Facebook-Gruppe „Du bisch von Überlingen, wenn...“ zeigen sich Nutzer bestürzt. „Der hat einfach zu Überlingen gehört“, schreibt beispielsweise Nutzer Alex Niebisch. „Wie traurig! Auch mein Lieblingsbaum! Ich bin geschockt, was hier passiert! Warum?“, schreibt Nutzerin Nina Lamey. In die Kommentarspalte posten viele Fotos, wo der Baum noch steht – im Sonnenuntergang, im Hochsommer, im Herbst.

In diese Diskussion mischt sich auch Oberbürgermeister Jan Zeitler. Er postet wortlos den Link eines SÜDKURIER-Artikels vom 12. Januar 2023. Sein Beitrag ist wohl als Erklärung zu verstehen, denn in dem Artikel geht es um Baumfällungen aufgrund von Pilzbefall.
Das steckt hinter der Baumfällung
Auf SÜDKURIER-Anfrage erklärt die Pressestelle der Stadtverwaltung die Hintergründe genauer. Die Trauerweide musste gefällt werden, weil sie nicht mehr „verkehrssicher“ gewesen sei, diese Maßnahme sei alternativlos gewesen, so die Pressestelle der Stadtverwaltung. Über die vergangenen zwei Jahre hätten sich große Rindenteile am Stamm gelöst, erklärt Pressesprecherin Andrea Winkler. Das hatte offenbar zur Folge, dass das darunter liegende Gewebe auf etwa zwei Drittel des Stammumfangs abgestorben war. „Grund hierfür ist vermutlich die Kombination aus sommerlicher Trockenheit und Dürre über die vergangenen Sommer, gepaart mit der Tätigkeit des Hallimaschpilzes im Wurzelbereich des Baumes“, sagt sie. Der Pilz wandere über absterbenden Wurzeln entlang zum Stammfuß der Bäume und zersetze dort das Gewebe, was im Umkehrschluss wieder zu einer schlechteren Versorgung der Oberkrone und zu erneutem Absterben von Wurzelmasse führe.
Stadt: Können nicht zu jedem Baum informieren
Die Aufregung vieler Überlinger gründet wohl auch darauf, dass der beliebte Baum für sie so plötzlich verschwand. Pressesprecherin Winkler verweist aber darauf, dass die Stadt im November 2023 Baumfällungen in den kommenden Monaten angekündigt habe. So verweist sie auf eine Pressemitteilung vom 9. November 2023 sowie auf eine Erwähnung im Amtsblatt in dem Zeitraum. Darin ist jedoch nicht die Rede von Fällungen im Bereich des Mantelhafens. Dort wird aber erklärt, dass mit den absterbenden Bäumen „gewisse Verkehrssicherungsansprüche“ seitens der Kommune verbunden seien. Heißt: Die Stadtverwaltung hat die Verantwortung, kranke Bäume rechtzeitig zu entfernen, bevor sie für Sach- oder Personenschaden verursachen.
Die Pressesprecherin betont, dass man regelmäßig zu anstehenden Maßnahmen informiere. Es sei jedoch nicht möglich, jeden einzelnen Baum sowie den Grund für die jeweilige Fällung näher zu beleuchten. „Auf Nachfrage erteilen wir stets gerne Auskunft“, so die Pressesprecherin.
„In Summe sind es mehr, als entfernt werden“
Bei Baumfällungen müssen Kommunen grundsätzlich für eine „angemessene oder zumutbare Ersatzpflanzung oder eine Ausgleichszahlung“ sorgen, so der Wortlaut im Bundesnaturschutzgesetz. Das gilt auch für die gefällte Trauerweide. Auf Nachfrage dazu erklärt die Pressestelle, dass die Stadt Überlingen nach Fällungen regelmäßig Bäume pflanze. „In Summe sind es sogar mehr, als entfernt werden“, so Winkler.
Entstehende Lücken würden wieder gefüllt, sofern dies hinsichtlich der Vegetation möglich und am jeweiligen Standort sinnvoll sei. Manchmal erfolge das allerdings zeitversetzt. Wo ein Ausgleich für gefällte Innenstadtbäume wie die Trauerweide erfolgt, darauf gibt es von der Pressestelle keine Antwort. In der Vergangenheit pflanzten die Mitarbeiter des Grünflächenamts aber teilweise Bäume stadtauswärts. So auch damals bei den Platanen im Uferpark, die für die Landesgartenschau entfernt wurden. Für sie entstanden in der Lippertsreuter Straße neue Gewächse.
Wurzelstock wird noch im Frühjahr entfernt
Wo kürzlich noch die Trauerweide stand, könne die Stadt zunächst aber keinen neuen Baum pflanzen. Das liegt an den unterirdischen Geflechtsystemen des Hallimaschpilzes. „Wenn sich die Wurzelsubstanz unter der Erde im Laufe der kommenden Jahre durch den Pilz weiter abgebaut hat, ist eine Jungbaumpflanzung wieder möglich“, erklärt Pressesprecherin Winkler. Zunächst werde der vorhandene Wurzelstock im Laufe des Frühjahrs noch oberflächlich entfernt werden.