Ein Drehorgelfest in der Heimatstadt des international bekannten Drehorgelbauers Raffin, das ist schon lange Friedlinde Engesers Traum. Die Tochter des Firmengründers Josef Raffin, die heute zusammen mit ihrem Mann Rafael das Unternehmen leitet, hatte erstmals 2021 auf der Überlinger Landesgartenschau ein internationales Fest organisiert. Mit 18 Spielern aus Deutschland, Frankreich und der Schweiz. Auch OB Jan Zeitler sei damals dabei und begeistert gewesen, erinnert sich Engeser. Und so sei die Idee entstanden, das Ganze zu wiederholen – und vielleicht sogar zu einem festen Ereignis zu machen.

Drehorgelspieler gelten als gesellige Menschen. Regelmäßig trifft sich die Drehorgel-Szene bereits in der Region, etwa jedes Jahr Anfang September in Winterthur in der Schweiz. „Dann werden dort die strengen Straßenmusik-Regeln gelockert und Drehorgeln erklingen in der ganzen Stadt“, sagt Engeser. Ende August steht ein Treffen im Schweizer Bad Zurzach auf dem Programm, im kommenden Juni in Waldkirch, oder auch alle zwei Jahre in Bad Dürrheim, zuletzt im Juni 2024.

Doch ein Fest in ihrer Heimatstadt, „das wäre schon etwas ganz Besonderes“, sagt Engeser. Daher hatte sie bereits vor anderthalb Jahren bei der Überlingen Marketing und Tourismus GmbH (ÜMT) nachgefragt. Denn auch aus touristischer Sicht könnte eine solche Veranstaltung ja durchaus eine Bereicherung für die Stadt sein, denkt sie. Ihre Anfrage sei dann aber „irgendwie im Sande verlaufen“, zuletzt sei sie schlicht ans Ordnungsamt verwiesen worden.

Das könnte Sie auch interessieren

Konkrete Pläne für ein Drehorgelwochenende 2025

Auf Nachfrage des SÜDKURIER heißt es von der ÜMT, dass man „im Zuge der Veranstaltungsplanung für 2025 in Abstimmung mit der Abteilung Sicherheit und Ordnung und dem Grünflächenamt mögliche Termine für die Umsetzung eines Drehorgelfestes durch die Firma Raffin im Uferpark“ prüfe. Man befürworte Veranstaltungen mit lokalem Bezug, auch von externen Veranstaltern, und begleite diese nach Möglichkeit auch werblich. Genehmigungen würden indes von der Abteilung Sicherheit und Ordnung ausgestellt.

Unterdessen hat Friedlinde Engeser bereits konkrete Vorstellungen, wie ein Drehorgelwochenende ablaufen könne: „Den Auftakt könnte der Freitagabend mit sakralen Stücken in der Franziskanerkirche bilden“, sagt sie – so wie sie Josef Raffin mit seiner Großfamilie von 2000 bis 2017 fast jährlich veranstaltet hatte. Viele Überlinger dürften sich noch daran erinnern. Am Samstag könnten sich die einzelnen Spieler dann mit ihren unterschiedlichen Instrumenten und Musikrichtungen im Uferpark verteilen. „Da stören wir vermutlich nicht sehr.“ Denn Drehorgeln können durchaus laut sein. Und möglicherweise könnte es auch einzelne Konzerte in der Stadt oder bei schlechtem Wetter im Palmenhaus geben, so die Idee. „Das würde sicher viele Drehorgelfreunde anlocken.“

Drehorgelspielerinnen und -spieler testen vor Ort neue Musikstücke. Im Verkaufsraum stehen dafür Drehdorgeln bereit.
Drehorgelspielerinnen und -spieler testen vor Ort neue Musikstücke. Im Verkaufsraum stehen dafür Drehdorgeln bereit. | Bild: Jürgen Baltes

Vom Bauunternehmer über den Maler bis zum Piloten

Doch wer sind die Drehorgelfans eigentlich? „Menschen wie du und ich“, sagt Friedlinde Engeser. Zu ihren Kunden gehören etwa ein Bauunternehmer aus Meersburg, ein Malermeister aus Bayern oder ein Rettungshubschrauber-Pilot, die nach ihren stressigen Arbeitstagen die Kurbel drehen, „um runterzukommen“. Andere gehen mit ihren Instrumenten in Altenheime oder spielen Straßenmusik. Wobei letzteres nach Engesers Beobachtung abgenommen hat, da die Restriktionen zugenommen hätten. In Überlingen erinnern sich vermutlich noch viele an Wolfgang Schindele, der mit seiner Raffin-Drehorgel in der Münsterstraße Spenden für die Ukraine sammelte. Viele Jahre lang erklang seine Musik auf dem Wochenmarkt.

Die Musikrollen werden von oben in die Drehorgel eingelegt.
Die Musikrollen werden von oben in die Drehorgel eingelegt. | Bild: Jürgen Baltes

Den Bau neuer Drehorgeln hatte Raffin bereits 2019 eingestellt, nachdem die Nachfrage über die Jahre stetig abgenommen und sich die Produktion ohne wirkliche Serienfertigung nicht mehr gelohnt hatte. Seither konzentriert man sich auf die Reparatur und den Handel mit gebrauchten Instrumenten und vor allem auf die Produktion von Musikrollen. Um die 1000 Titel für 20 und 31 Tonstufen umfasse das Repertoire mittlerweile, sagt Engeser. Stetig kommen neue, selbst arrangierte Stücke hinzu. Und alle drei bis vier Monate werden Kunden und Interessierte eingeladen, um im Drehorgelhaus gemeinsam zu musizieren und neue Stücke anzuspielen.