Es handelt sich um eine ältere Dame, da durfte sie auch mal ein bisschen klapperig werden: Immerhin wurde Überlingens Schwedenmadonna vor bereits etwa 360 Jahren fertiggestellt. Doch das Klapperige ist jetzt wieder weg. Die Konstanzer Restauratorin Katrin Hubert verlieh der Figur neue Stabilität, und sie befreite sie von Rückständen früherer Restaurationsarbeiten.
Über die Arbeiten Huberts in der Sakristei im Überlinger Nikolausmünster haben wir in einem früheren Beitrag berichtet. Katrin Hubert war überrascht davon, wie männlich die Marienfigur aussah, als sie ihr die Haartracht vom Kopf genommen hatte. Dazu gibt es ein Video:
Nachdem die sorgsam gereinigte Figur nun wieder zusammengesetzt ist, können die Überlinger ihrem im Dreißigjährigen Krieg geleisteten Gelübde nachkommen und samt Madonna in einer Prozession durch die Straßen der Stadt ziehen. Die erste Schwedenprozession des Jahres ist für Sonntag, 8. Mai geplant.

Das Gelübde beruht auf einem Versprechen, das die Überlinger aus Dankbarkeit dafür abgegeben haben, eine Belagerung der Stadt durch protestantische schwedische Truppen überstanden zu haben.

Die Schwedenmadonna ist einer der wertvollsten sakralen Schätze in der Region. Katrin Hubert ist beeindruckt davon, mit welcher Präzision der Konstanzer Goldschmied Jakob Übelacker (1623 – 1658) sie erschuf. Weil sie in Überlingen erst mit dem Jahr 1660 datiert ist und Übelacker damals schon tot war, ging Hubert zunächst von der falschen Annahme aus, Übelacker habe ein unvollendetes Werk übergeben, das dann von einem gewissen Georg Heitinger fertiggestellt worden sei. Initialen in der Figur, die nur ganz schwach erkennbar waren, eher ein Schatten einer Gravur, deutete Hubert entsprechend.

Was die Zuordnung etwas schwierig macht, ist der Umstand, dass es in der Figur keine Beschau- und Meisterzeichen gibt. Das ist ein Hinweis darauf, dass Übelacker vom Tod überrascht wurde, es kann aber nicht unbedingt als ein Zeichen dafür gewertet werden, dass er mit seiner Arbeit nicht mehr fertig geworden wäre.

Nach dem Studium historischer Quellen im Stadtarchiv von Überlingen und nach Gesprächen mit dem Kulturhistoriker Ulrich Knapp, der sich mit der Figur eingehend beschäftigte, korrigiert Hubert frühere Aussagen zu diesem Komplex. Sie sei mittlerweile überzeugt davon, dass die Figur in ihrer Vollendung einzig die Handschrift von Übelacker trägt. Heitinger sei ein Brotbeschauer gewesen, der den Transport von Konstanz nach Überlingen bewerkstelligte und wohl dafür, eventuell noch für Arbeiten am Sockel, 51 Gulden von der Stadt Überlingen bekam. Die Figur hätte hingegen ein Vielfaches dieses Preises gekostet, sei also nicht von Heitinger fertiggestellt worden, sondern von Übelacker.
