Sie wurden alle 1966 geboren: Michael Röther, Alexander Bruns, Josef Wesle und Ulrich Bäumler. Alle vier kandidieren am 9. Juni für den Gemeinderat in Überlingen. Ihr Alter entspricht dem Durchschnitt aller 138 Kandidatinnen und Kandidaten in der Stadt. Bei einem Fotoshooting vor dem Rathaus, an dem Ulrich Bäumler aus beruflichen Gründen nicht teilnehmen konnte, stellten sie übereinstimmend die Güte des Jahrgangs 1966 fest.
„Wir sind einfach eine große Gruppe“, sagte Josef Wesle. Sie zählten noch zu den Babyboomern. „Auf Grund unserer hohen Lebens- und Berufserfahrung haben wir eine breite Perspektive auf die gesellschaftliche Entwicklung.“ Sie verstünden die junge Generation, könnten aber auch nachvollziehen, wovon ihre Eltern geprägt wurden, findet Michael Röther: „Wir bespielen noch beide Lager.“ Alexander Bruns: „Wir kennen schon viel von der Deutschen Geschichte, einschließlich Kalter Krieg und Wiedervereinigung.“
Das Alter ist nur eines von mehreren Kriterien, das aus den Wahlvorschlägen herausgelesen werden kann. Wir gehen in diesem Artikel weiteren Fragen nach, wie zum Beispiel nach den Berufen der Bewerberinnen und Bewerber.
Wer hat die höchste Frauenquote?
Von den 138 Personen sind 43 Frauen und 95 Männer, die Frauenquote liegt damit bei 31 Prozent. Die weiblichste Liste stellen LBU/Die Grünen mit elf Kandidatinnen (42 Prozent), gefolgt von der CDU mit zehn und der SPD mit neun Kandidatinnen, das entspricht 38 und 34 Prozent. Die FDP schickt sechs Frauen (24 Prozent) und die Fraktion FWV/ÜfA schickt fünf Frauen ins Rennen (19 Prozent), die AfD zwei (22 Prozent). Es ist bei der Berechnung der Frauenquote zu beachten, dass die AfD nur neun Personen insgesamt zur Wahl stellt, die FDP 25 und die anderen jeweils 26 Personen.
Wer wird von Männern dominiert?
Die männlichste Liste stellt im Umkehrschluss FWV/ÜfA. Auf ihr kandidieren 21 Männer und fünf Frauen, das entspricht einem Männeranteil von 80 Prozent. Die Männerquote bei der AfD liegt bei 77 Prozent und bei der FDP bei 76 Prozent. Einer Soll-Bestimmung aus dem Kommunalwahlgesetz nach sollen die Listenplätze im Wechsel Frau/Mann besetzt werden, also nach dem Reißverschlussverfahren. Daran halten sich CDU und FWV/ÜfA, während bei LBU/Die Grünen, SPD und bei der FDP nach einer mehr oder weniger vom Vorstand vorgeschlagenen Reihenfolge nominiert wurde. Wie die Liste aus sieben Männern und zwei Frauen bei der AfD zustande kam, ist nicht bekannt, denn die Partei nominierte im Geheimen, ohne öffentliche Einladung.
Wer hat das jüngste Kandidatenfeld?
Jahrgang 1972: Wenn man die Jahrgänge auf der FWV/ÜfA Liste zusammenzählt und durch 26 teilt, kommt man auf die Zahl von 1972,80. Damit bilden sie die jüngste Liste. Auf Platz zwei folgt die CDU (Jahrgang 1970,65), gefolgt von der FDP (1968,76), der AfD (1962,11), der SPD (1961,26). An Lebensjahren am reichsten ist die LBU mit einem Durchschnittsalter von 63 Jahren (Jahrgang 1961,11). Das Durchschnittsalter aller 138 Personen liegt bei 58 Jahren (Jahrgang 1966).
Wer hat die größte Altersspanne?
Ein Dialog zwischen den Generationen ist da gut möglich, wo es zwischen jüngsten und ältesten Kandidaten eine große Zeitspanne gibt. Hier hat die FDP die Nase vorne: Kandidat Gerhard Graf wurde 1946 geboren, sein FDP-Kollege Ben Beck kam 2006 zur Welt, damit kommt die FDP auf eine Zeitspanne von 60 Jahren. Bei LBU/Die Grünen werden 44 Jahre überbrückt, zwischen 1947 (Geburtsjahr von Ursula Graepel) und Daniel Regenscheit (Jahrgang 1991). Bei der CDU ist Ulrike Harder (Jahrgang 1952) die älteste und Nicolas Bruns (2005) der jüngste auf der Liste. Die SPD kommt mit Dietram Hoffmann und Claudia Krafft (jeweils 1943 geboren) und Jan Stüble (2001) auf eine Zeitspanne von 58 Jahren. Bei FWV/ÜfA stehen Robert Dreher (1946) und Vanessa Schnell (2003) an Beginn und Ende des Zeitstrahls. Bei der AfD ist Jennifer Digrisolo (1980) jüngste Kandidatin, und Werner Christ (Jahrgang 1943) ist überhaupt der älteste Kandidat bei den Wahlen am 9. Juni.
Wer vertritt die Teilorte am besten?
Überlingen besteht ja nicht nur aus der Kernstadt, sondern auch aus sieben Teilorten. Ein Blick auf die Wahllisten zeigt jedoch, dass die allermeisten Kandidatinnen und Kandidaten dort kaum verortet sind, teils nur bei zwei Personen pro Liste. Mit einer Ausnahme: FWV/ÜfA sind von je her stark in den Teilorten vertreten, speziell die ÜfA (Überlingen für Alle), die aus Protest gegen die Abschaffung der unechten Teilortswahl gebildet worden ist. Auf ihrer Liste stehen nun 15 Kandidatinnen und Kandidaten, mehr als die Hälfte, mit Wohnort Nußdorf, Hödingen, Bambergen, Lippertsreute, Bonndorf, Nesselwangen oder Deisendorf.
Wer stellt die meisten Akademiker?
Ärzte, Physiker, Biologen, Professoren, Juristen, Architekten: Auf den Listen sind viele Berufe vertreten, für die ein Hochschulabschluss nötig ist. Wer den höchsten Akademikeranteil im gesamten Bewerberfeld hat, kann nicht genau beantwortet werden, weil „Beruf oder Stand“, wie es auf der Liste heißt, mit unterschiedlichen Ausbildungswegen verbunden sind und weil nicht jede Berufsbezeichnung (wie etwa Geschäftsführer oder Rentner) etwas über die Ausbildung verrät. Ein gewisser Trend ist aber erkennbar: LBU/Die Grünen vor CDU, sowie den anderen Listen.
Der Beruf sagt ohnehin wenig über die Qualität bei der Ratsarbeit aus, vielmehr ist es für eine Stadt von Vorteil, wenn die unterschiedlichsten Berufe vertreten sind. Und das ist vom Bewerberfeld her gegeben, wenn man sich ansieht, wie viele Handwerker, Beamte, Kaufleute, Landwirte, Schüler, Studenten, Designer, aber auch Unternehmer, Pfleger und Techniker kandidieren (die weibliche Form inbegriffen). Früher hieß es, Ratsgremien seien von der BMW-Fraktion dominiert, von Bäckern, Metzgern, Wirten. Das trifft in der nächsten Legislaturperiode nicht zu, weil nicht oder kaum im Kandidatenfeld vertreten.