Mardiros Tavit

„Fürchtet euch nicht“, sagt der Engel bei der Geburt Jesu. Dieses Bibelwort fällt Peter Nicola, katholischer Dekan und Gemeindepfarrer in Salem, als erstes ein, wenn er nach einem Motto für die Weihnacht 2021 gefragt wird. „Die Kirchen stehen offen“, hört man als erstes von den Pfarrerinnen und Pfarren der großen Gemeinden. „Wer an der Eucharistiefeier teilnehmen will, der kann das“, bestätigt Nicola. Etwas flexibel sollten Gläubige jedoch sein: Vielleicht könnten sie nicht zur der Zeit am Gottesdienst teilnehmen, zu der sie das eigentlich geplant hatten.

Peter Nicola, Dekan und Gemeindepfarrer in Salem.
Peter Nicola, Dekan und Gemeindepfarrer in Salem. | Bild: Mardiros Tavit

Zwei Meter Abstand und Erfassung der Kontaktdaten

Denn eine der gesetzlichen Vorgaben ist die Beschränkungen der Personenzahlen in geschlossen Räumen. „Zwei Meter Abstand nach vorn, hinten, rechts und links müssen seit Mai 2020 in Kirchenräumen eingehalten werden. Zusätzlich muss die ganze Zeit eine Mund-Nase-Bedeckung getragen werden.“ Was Peter Nicola aufzählt, gilt für alle religiöse Handlungen in geschlossenen Räumen. Zudem müssen die Kirchengemeinden die Kontaktdaten der Gottesdienstbesucher zur Nachverfolgung abfragen.

Auch Ungeimpfte können an Gottesdiensten teilnehmen

Aber das Grundrecht auf freie Religionsausübung bringt es mit sich, dass die Gläubigen für die Gottesdienste von den 3G-, 2G-Plus- oder 2G-Regelungen befreit sind. So können auch Ungeimpfte an den Weihnachtsgottesdiensten teilnehmen. Und noch eine Erleichterung gibt es für die Gottesdienstbesucher. Im Unterschied zum Weihnachtsfest 2020 dürfen sie dieses Jahr singen, wenn auch zwingend mit Maske. Der Überlinger Pfarrer Bernd Walter hebt hervor: “So viel wie zu Weihnachten wird zu keiner Zeit im Jahr gesungen.“

Livestream und Gottesdienste im Freien

Um die Beschränkungen für die Kirchenräume auszugleichen und allen Gläubigen die Möglichkeit zu bieten, an den Feiern teilzunehmen, haben die Kirchengemeinden ihre Angebote in zwei Richtungen erweitert. Zum einem haben sich die Livestreaming-Angebote der Gottesdienste in den vergangenen zwölf Monaten etabliert. Zum anderen zelebrieren manche Gemeinden ihre Gottesdienste im Freien.

Münsterpfarrer Bernd Walter bei der Weihnachtspredigt 2020.
Münsterpfarrer Bernd Walter bei der Weihnachtspredigt 2020. | Bild: Mardiros Tavit

Wöchentlich bis zu 240 Gläubige beim Gottesdienst im Internet live dabei

Bernd Walter, Pfarrer der katholischen Sankt-Nikolaus-Gemeinde in Überlingen, räumt ein, dass er sich anfänglich schwer getan habe mit den Liveübertragungen der Gottesdienste aus dem Münster. Nun sagt er, dass der Youtube-Kanal der Gemeinde ein positiver Nebeneffekt von Corona sei. Anfänglich sei er der Meinung gewesen, dass es „genug gute Streaming-Angebote vom Kardinal“ gebe. Ende 2020 sei ihm bewusst geworden, dass die Menschen die Gemeinschaft vor Ort feiern wollen, im „Charme des eigenen Gotteshauses“, wie Walter sagt. Jetzt zählt er allwöchentlich 200 bis 240 Gläubige, die den ganzen Gottesdienst live im Internet anschauen, plus derjenigen, die ihn zeitversetzt ganz oder ausschnittweise ansehen.

Dekanin Regine Klusmann in einem von Heiko Grebing aufgezeichneten und im Internet übertragenen Gottesdienst.
Dekanin Regine Klusmann in einem von Heiko Grebing aufgezeichneten und im Internet übertragenen Gottesdienst. | Bild: Stefan Hilser, Screenshot

Weihnachtszügle der evangelischen Gemeinde ist wieder unterwegs

Die weitere Richtung, in die die Kirchengemeinden gehen, sind Freiluft-Gottesdienste. In Überlingen und Owingen wird, wie Heiligabend vor einem Jahr, zusätzlich das Weihnachtszügle der evangelischen Gemeinde unterwegs sein. “Pop-up-Kirche draußen vor Ort“ hat Regine Klusmann, evangelische Dekanin und Gemeindepfarrerin in Überlingen, das Angebot an die Gläubigen genannt. Der Vorteil ist, dass die Teilnehmer im Freien nur eineinhalb Meter Abstand einhalten müssen und mehr Menschen teilnehmen können. „Ein Anhänger mit Weihnachtsbaum und Krippe, gezogen von einem historischen Trecker für kleine Open-Air-Andachten vor Ort“, so will die evangelische Gemeinde vor Ort mit den Menschen die Ankunft Jesu feiern. Ein Motiv, das aus allen Kirchengemeinden zu hören ist: Die Pfarrer wollen sich den Menschen hinwenden, es ihnen so einfach wie möglich machen, an den Feiern teilzunehmen.

Meersburg: Gottesdienst im Freien, Weihnachten in der Tüte und ein Krippenweg

Pfarrerin Sigrid Süss-Egervari
Pfarrerin Sigrid Süss-Egervari | Bild: Lorna Komm

So zieht es die evangelische Kirchengemeinde in Meersburg ebenso ins Freie. „Wir können dann viel mehr Menschen erreichen“, erklärt Pfarrerin Sigrid Süss-Egervari. So könnten 150 bis 160 Gläubige zusammen feiern. Jedoch sei auch hier eine Anmeldung erforderlich. Auch die Christmette findet auf dem Schlossplatz statt und wird nicht in der Schlosskirche gefeiert. Zusätzlich bietet die Gemeinde für Gläubige, die nicht am Gottesdienst teilnehmen können, „Weihnachten in der Tüte“ an. Diese Tüten liegen ab Montag in der Kirche aus oder können über das Pfarramt angefragt werden.

Pfarrer Matthias Schneider
Pfarrer Matthias Schneider | Bild: Sylvia Floetemeyer

Die katholische Gemeinde Mariä Heimsuchung in Meersburg bietet ebenfalls „Gottesdienste für Zuhause“ an. Diese können über die Homepage der Kirchengemeinde abgerufen werden. Pfarrer Matthias Schneider hat mit der Kirchengemeinde wieder einen Krippenweg eingerichtet, der zu Kirchen und Privathäusern in der Kirchengemeinde führt. Die Flyer dazu liegen in den Kirchen und im Pfarramt aus. „Die Krippen sind vielfältig wie die Menschen“, betont Schneider. Bei einem Spaziergang könnten die Interessierten die Krippen zwischen den Jahren besuchen. Er ist sich sicher: „Diese Dinge tun den Leuten gut, tun den Herzen gut.“

Pfarrer Matthias Schmidt mit einigen Bläsern des Posaunenchors am ersten Weihnachtsfeiertag 2020.
Pfarrer Matthias Schmidt mit einigen Bläsern des Posaunenchors am ersten Weihnachtsfeiertag 2020. | Bild: Mardiros Tavit

Salem: Krippenspiel und Auftritt des Posaunenchors

In Salem wird das Krippenspiel „Die Schnecke Sofie und der weite Weg nach Bethlehem“ aufgeführt. Matthias Schmidt, evangelischer Pfarrer der Gemeinde in Salem, hat sich die Proben angesehen und ist hellauf begeistert, was die Kinder auf die Beine gestellt haben. Außerdem wird am ersten Weihnachtsfeiertag wieder ein Posaunenchor im Hof vor dem evangelischen Betsaal die Gottesdienstbesucher empfangen.

Überlinger Pfarrer Bernd Walter will so viel Normalität wie möglich bieten

Der Überlinger Münsterpfarrer Bernd Walter resümiert: “Anderswo in der Welt setzen Christen ihr Leben aufs Spiel, um am Weihnachtsgottesdienst teilzunehmen.“ Weihnachten sei den Menschen wichtig, es gebe ihnen etwas. Umso untröstlicher ist Bernd Walter, dass Abstände eingehalten werden müsse. „Die Nähe ist den Menschen wichtig“, unterstreicht er und nennt als Beispiele das Händereichen und das Umarmen beim Friedensgruß. Er möchte den Gläubigen so viel Normalität wie möglich bieten. „Die Menschen werden krank aus Angst, krank zu werden.“ Vielleicht seine Deutung des Bibelwortes: Fürchtet euch nicht.

Anmeldungen zu den Gottesdiensten

Auf ihren Homepages haben die Gemeinden aufgelistet, zu welchen Gottesdiensten vorab eine Anmeldung erforderlich oder ob dies nicht notwendig ist.