Kühl ist es an diesem Vormittag gegen 10.30 Uhr im Dezember 2021, als ein 28-jähriger Autofahrer auf der Kreisstraße von Überlingen nach Nesselwangen seinen Audi A5 steuert. Das aber deutlich zu schnell. Statt mit den erlaubten Tempo 70 beziehungsweise Tempo 100 ist er mit rund 180 Kilometer pro Stunde unterwegs. Ermittelt hat das eine zivile Polizeistreife, die auf den Audi aufmerksam wird, als sie von diesem mit der deutlich überhöhten Geschwindigkeit überholt wird.
Die Beamten nehmen die Verfolgung auf. Doch der Abstand vergrößert sich immer mehr. Da der junge Mann sein Auto vermutlich aufgrund der hohen Geschwindigkeit nicht mehr beherrscht, kommt er immer wieder auf die Gegenfahrbahn. Erst nach dem Ortseingang von Nesselwangen bremst der gebürtige Radolfzeller ab und kann von den Beamten kontrolliert werden. Bei der Überprüfung des Fahrzeugs fällt den Polizisten zudem auf, dass der TÜV seit zwei Monaten abgelaufen ist. Jetzt hat sich der Überlinger vor dem Amtsgericht verantworten müssen; sein Verteidiger hatte Einspruch gegen die Anzeige gestellt.
Fahrer muss immer wieder gegensteuern
„Das war absolut unangemessen von der Örtlichkeit und der Geschwindigkeit her“, sagt der Zeuge, ein 26-jähriger Polizist, als er von Richter Alexander von Kennel zu dem Vorfall befragt wird. „Wir hatten keine Chance, das Fahrzeug zu kriegen. Wir hätten ihn nicht bekommen, wenn er so weitergefahren wäre“, sagt der Beamte, der seinerzeit von einer Kollegin begleitet wurde. Auf dem rund zwei Kilometer langen, aber trockenen Straßenabschnitt, der von mehreren Hofeinfahrten und kleinen Kurven gekennzeichnet ist, sei der schwarze Audi vorwiegend mittig auf der Straße unterwegs gewesen. Der Fahrer habe immer wieder gegensteuern müssen. Erst nach dem Ortseingang Nesselwangen habe der Fahrer stark abgebremst und die Polizisten sich als solche erkennbar zeigen können. „Bei unserer Kontrolle hat sich der Angeklagte uneinsichtig gezeigt“, berichtet der Beamte weiter.
Der Kläger gibt zu, ein Beweisproblem zu haben, ob der Autofahrer mit Absicht die höchstmögliche Geschwindigkeit hat erreichen wollen. „Auf Absicht zu schließen, geht nicht“, entgegnet der Verteidiger. „Aber mit null geht Ihr Mandant auf keinen Fall hier raus“, wirft von Kennel ein. Schließlich einigt man sich darauf, das Verfahren vorläufig einzustellen.
Der 28-Jährige schweigt vor Gericht
Der 28-jährige Autofahrer, der während der halbstündigen Verhandlung schweigt, wird aber dazu verdonnert, 1000 Euro an die Verkehrswacht zu zahlen. Dann wird das Verfahren endgültig eingestellt. Sollte der Angeklagte der Zahlung nicht nachkommen, wird das Verfahren wieder aufgenommen. Richter von Kennel gibt dem ledigen jungen Mann mit auf den Weg, künftig angemessen zu fahren: „Es kann Ihr Leben dran hängen.“