Handböller, Standböller und sämtliche Kanonen: Zum Jahreswechsel haben es die Badischen Böllerschützen in Altbirnau ordentlich krachen lassen. Die Schüsse waren in ganz Überlingen zu hören – und sogar bis nach Deggenhausertal, sagt die Nußdorferin Christiane Stöhr.
Sie seit dort während der Veranstaltung mit ihrer Hündin Bibi unterwegs gewesen. Nein, vielmehr hingeflüchtet, sagt sie. Seit etwa zehn Jahren mache sie das wegen ihrer schreckhaften Hündin Bibi. Sie fragt sich vor allem: „Warum kann man nicht friedlich und ohne Krawall das Jahr beschließen?“
„Wir leben doch nicht mehr im Mittelalter“
Ihr gehe um das Wohl der Tiere und zu hinterfragen, ob das Brauchtum der Böllerschützen eine Rechtfertigung sein könne, um „sinnlos herumzuknallen“. „Wir leben doch nicht mehr im Mittelalter und haben uns als Menschen weiterentwickelt.“
Noch mehr als Christiane Stöhr betrifft die Veranstaltung Verena Specht. Sie lebt mit ihrem Mann, ihrer Schwiegermutter, 16 Schafen und mehreren Haustieren auf einem Hof oberhalb vom Sandplatz, wo die Böllerschützen feuern. „Es ist kaum auszuhalten“, sagt sie auf SÜDKURIER-Nachfrage zu dem Ereignis.

„Der Boden vibriert und die Fensterscheiben wackeln.“ Wegen der Lautstärke würden sie während der Veranstaltung das Haus verlassen. Die Schafe hätten sie von der Weide am Hang unterhalb des Hauses auf eine entferntere Fläche führen müssen. „Ansonsten wären sie durchgedreht und ausgebrochen.“
Nur eine Beschwerde jährlich
Über Böller- und Schützenvereine gibt es in vielen Gemeinden im Bodenseekreis immer wieder Unmut. Im Zusammenhang mit dem Badischen Böllerschießen sei bei der Stadtverwaltung Überlingen jährlich aber lediglich eine Beschwerde eingegangen, so die Pressestelle.
Dabei handelt es sich um die Beschwerde von Christiane Stöhr, wie die Überlingerin bestätigt. Sie ist sich aber sicher, dass die Böllerei deutlich mehr Menschen aufrege. „Die wenigsten melden sich deshalb bei der Stadt.“
Vorsitzender weist Kritik zurück
Uwe Setzer, Vorsitzender der Badischen Böllerschützen Nußdorf, zeigt sich von der Kritik unbeeindruckt. Seit 1994 ist er in dem Verein aktiv und sagt: „Beschwerden hat es schon immer gegeben.“
Er könne verstehen, dass manche Bedenken wegen ihrer Tiere hätten. Doch nicht alle Lebewesen seien so, behauptet er. „Das ist bei Hunden auch eine Frage der Gewöhnung“, sagt er. „Wenn sich Menschen aufregen, regen sich Hunde auch auf.“
„Urgewalt aus einer Handvoll Pulver!“
Die Faszination am Hobby sei für ihn, die Kraft der Geschosse am eigenen Körper zu spüren. „Das muss man erlebt haben“, sagt er, „diese Urgewalt aus einer Handvoll Pulver!“ Und ein Kleine-Jungs-Hobby sei es ohnehin nicht. In seinem Verein gebe es zwei Frauen und bei Schießwettbewerben liege die Frauenquote bei etwa 15 Prozent. „Das ist eine gute Quote, finde ich.“
Generell findet Setzer, dass sich die Badischen Böllerschützen trotz Kritik nicht verstecken müssten. „Der Verein schießt drei bis vier Mal pro Jahr. Wir halten uns an die Gesetze und machen das immer mit Genehmigung.“
Überlingerin will Umfrage zu Veranstaltung
Christiane Stöhr will dazu aufrufen, über diese Veranstaltung nachzudenken. Als Alternative zum Böllern schlägt sie vor, dass die Mitglieder ihre Kanonen ausstellen könnten, ohne zu knallen. „Damit zeigen sie ihre Tradition und vermeiden den Lärm.“
Mit ihrem Aufruf werde sie sicherlich Gegenwind erfahren, sagt sie, aber das sei es ihr Wert. „Sonst ändert sich ja nie etwas.“