Der Gemeinderat hat einstimmig den Abriss einer Holzbaracke auf dem Wiestorcampus beschlossen. Liebevoll als „Bunte Villa“ bezeichnet, wurden in ihr zuletzt Grundschüler unterrichtet. Der geplante Neubau trägt den noch etwas sperrig klingenden Namen „Ersatzbau Bunte Villa“. Den zweigeschossigen Neubau werden die Wiestorschule (Gemeinschaftsschule) und die Franz-Sales-Wocheler-Schule (Förderschule SBBZ) gemeinsam nutzen. Hierfür wurde im Rat nun das Raum- und Funktionsprogramm beschlossen, ebenfalls einstimmig.
Individuelles Lernen auf dem „Marktplatz“
Mit dem Neubau ist laut Machbarkeitsstudie in den Jahren 28 und 29 zu rechnen, mit einem Einzug also ab dem Schuljahr 2029/30. „Wir sind froh, wenn tatsächlich bald gebaut wird“, sagte Karl Niedermann, Rektor der Wiestorschule, gegenüber dem SÜDKURIER. Das große Plus aus Sicht der Wiestorschule ist es, dass sie im Ersatzbau zeitgemäß in sogenannten „Clustern“ unterrichten kann. Das sind im Quadrat angeordnete Räume, die in der Mitte eine Art „Marktplatz“ bilden, in dem Schüler individuell lernen können. Hierbei handelt es sich um ein Kernelement von Gemeinschaftsschule. In einer klassischen „Flurschule“ mit Klassenzimmern links und rechts des Gangs, so wie die alte Wiestorschule gebaut ist, sei ein Lerncluster nicht realisierbar, sagte Fachbereichsleiter Raphael Wiedemer-Steidinger im Gemeinderat.
Synergieeffekte für beide Schulen
Den vorhandenen Platz im „Ersatzbau Bunte Villa“ teilen sich die Wiestor- und die Franz-Sales-Wocheler-Schule zu je drei Vierteln und einem Viertel, und so wird es im Raum- und Funktionsprogramm festgelegt. Laut Wiedemer-Steidinger deckt sich diese Aufteilung mit dem Flächenbedarf der jeweiligen Schule, ausgehend von den Schülerzahlen. Während die Wiestorschule die Räume also für ihre Cluster nutzt, entstehen für die FSW größere Gemeinschaftsflächen, zum Beispiel für Schulversammlungen oder Musikaufführungen. Die Räume können von den Schulen gegenseitig genutzt werden, wobei die Verantwortung und der Erstzugriff bei den jeweils Verantwortlichen liegt. Mit anderen Worten: Wenn die Wiestorschule für ihre Schulveranstaltungen größere Räume im Ersatzbau nutzen möchte, ist sie Gast der Franz-Sales-Wocheler-Schule und somit von deren Stundenplan und Planung abhängig.
Diese Abhängigkeit macht deutlich, warum die Wiestorschule sehr auf den zweiten Bauabschnitt auf dem Campus hinfiebert. Mit ihm, so der Plan, erhält auch die Wiestorschule eine neue Aula und einen zeitgemäßen Musikraum. Vom „Herz der Schule“ ist in diesem Zusammenhang die Rede. Wiedemer-Steidinger: „Der Wiestorschule tut es weh, dass sie im Ersatzbau nicht zusätzlich das Herz ihrer Schule realisieren konnte.“ Um einen genehmigungsfähigen Haushalt hinzubekommen, sei es nötig gewesen, das Projekt Wiestorcampus auf zwei Doppelhaushaltsjahre (in Summe vier plus vier Jahre) aufzuteilen. Das heißt: Der „Ersatzbau Bunte Villa“ wird in den Jahren 24 bis 28 finanziert, die Sanierung der Wiestorschule ab 2029.
Blick in die Sterne nicht verbauen
Rainer Röver, SPD-Gemeinderat, wies darauf hin, dass die Sternwarte das Gelände hinter der Bunten Villa für ihr Teleskop nutzt und wollte wissen, inwieweit der Sternwarte-Verein in die Pläne einbezogen ist. „Die Sternwarte lebt davon, dass sie möglichst den gesamten Horizont einsehen kann.“ Rückt nun ein größeres, höheres Gebäude an das Teleskop heran, könnte der Blick in die Sterne beeinträchtigt werden. Wiedemer-Steidinger versicherte: „Die Sternwarte hat ihre Funktionalität weiterhin.“ Der Verein werde in die Pläne „auf jeden Fall eingebunden“. Schon wegen des vorgeschriebenen Abstands zur Bahnlinie „werden wir gar nicht so nahe an die Sternwarte heranrücken können“.