Es duftet verheißungsvoll nach Kaffee und in der Kuchenvitrine locken der hausgebackene Feuerwehrkuchen, ein Apfelmandel- und ein Käsekuchen. Hinter der Theke des Cafés am Teich auf dem Georgenhof in Bambergen steht Anna ganz professionell in roter Bistroschürze. Anna ist 19 Jahre alt und bereitet gerade an der Barrista-Maschine einen Cappuccino zu. „Ich übe mich hier in allem, und Mega-Spaß macht mir Latte Art“, erzählt die junge Frau.
Anna lebt in einer zum Georgenhof gehörenden Jugendwohngruppe in Überlingen und arbeitet mit anderen jungen Georgenhofbewohnern im Café. Das Café am Teich steht der Allgemeinheit offen, ist aber noch weit mehr als ein gemütliches Café. Es ist zugleich ein Projekt, das die jugendlichen Bewohnerinnen und Bewohner der anthroposophisch geführten Einrichtung der Kinder- und Jugendhilfe in den Service einbindet.

Leben und Lernen unter einem Dach
Auf dem idyllisch gelegenen Georgenhof leben 24 Mädchen und Jungen von sechs bis 16 Jahren in drei Wohngruppen. Zusätzlich bietet die Einrichtung für junge Erwachsene bis 21 Jahre sechs Plätze in zwei Jugendwohngemeinschaften an. Angegliedert ist auch eine eigene Schule. Der Georgenhof ist Sonderpädagogisches Bildungs- und Beratungszentrum (SBBZ) und bietet die Schularten Grund-, Förder- und Hauptschule. Die Kinder und Jugendlichen werden dort nach dem Lehrplan der Waldorfschule unterrichtet und nach Möglichkeit zum Hauptschulabschluss geführt. Seit 1966 findet hier Leben und Lernen unter einem Dach statt.
Das Café am Teich ist eines von mehreren Projekten, in die sich die jugendlichen Georgenhofbewohner in ihrer Freizeit in die Gemeinschaft einbringen können. Da gibt es nicht nur einen Chor (Singing Club) und eine Laufgruppe (Running Club), sondern auch eine Gruppe, die regelmäßig die Toiletten reinigt und eine weitere, die im öffentlichen Raum um den Georgenhof herum für Sauberkeit sorgt (Community Club). Und es gibt das Café am Teich. Ab 2014 zunächst an zwei Nachmittagen in der Woche für Mitarbeiter eingerichtet, wurde der Café-Betrieb bald ausgeweitet und für externe Besucher geöffnet. Im 2018 umgebauten Ess-Saal ist nun Platz für rund 40 Gäste. Im Sommer wird auch im Innenhof serviert.
Das Café ist eine Vorbereitung auf das Leben
„Die Kinder und Jugendlichen, die hier mitarbeiten, werden pädagogisch angeleitet“, erklärt Martine Spöhrer vom Leitungsteam des Georgenhofs. Insgesamt sind zehn Jugendliche Teil des Projekts und haben einmal in der Woche Dienst im Café. „Ab einem Alter von zwölf Jahren dürfen sie sich schriftlich für das Café bewerben, und dann wird überlegt, wer mit wem passt“, so Spöhrer.
Die Arbeit im Service sei eine gute Vorbereitung fürs Leben, ist die Pädagogin überzeugt. Die Eigen-Aktivität der Jugendlichen werde gefördert und sie könnten im geschützten Raum der Einrichtung lernen, auf Menschen zuzugehen. Ein Tablett sicher zum Tisch zu balancieren, oder ein Tortenstück professionell vor dem Gast zu platzieren, seien einige der vielen Kompetenzen, die die Jugendlichen im Café erwerben könnten. „Teil unseres pädagogischen Ansatzes ist dabei, mit den Jugendlichen zu erarbeiten, was sinnvoll und sachgemäß ist“, legt Martine Spöhrer dar. Man habe unter anderem intensiv darüber diskutiert, ob man das Kuchenstück mit der Spitze zum Gast oder weg vom Gast servieren sollte.
Das sind die Zukunftspläne für das Café
Heute haben Tim und Anna Dienst. Der 18-jährige Georgenhof-Bewohner hilft schon seit einigen Jahren regelmäßig im Café, deckt Tische ein, bedient und kassiert. „Ich wollte Erfahrung in der Gastro sammeln“, berichtet der junge Mann, der gerade auf der Marie-Curie-Schule in Überlingen seinen Realschulabschluss macht. „Ich mache hier alles gern. Die Arbeitsverhältnisse sind so schön hier“, sagt er begeistert. „Wir wollen hier Sorge tragen für eine hohe Qualität an Materialien, an Möbeln, frische Blumen auf den Tischen und gute Ernährung in Bio-Qualität“, bekräftigt Martine Spöhrer und lässt den Blick über die massiven Holztische und die roten Lounge-Sofas schweifen.

Momentan beschäftige sie die Frage, wie man noch mehr Gäste für das Café gewinnen könnte. Die vierteljährlichen Brunch-Termine seien sehr stark nachgefragt und für 2025 auch schon fast ausgebucht. Doch im laufenden Betrieb wünsche man sich noch mehr Besucher. „Wir suchen nach Weltoffenheit. Man tut auch als anthroposophische Einrichtung gut daran, sich nicht abzuschließen“, findet Spöhrer. Für die Zukunft plant der Georgenhof kleine Kaffee-Konzerte und versteht insgesamt das Café am Teich als dynamischen Ort. „Wir sind in Bewegung“, erklärt Martine Spöhrer. Es gelte, das Leben und Lernen mit den Kindern auf dem Georgenhof zeitgemäß zu gestalten und zugleich den Schutzraum zu bewahren.