Uhldingen-Mühlhofen – In den Produktionshallen der Uhldinger Firma HTU Härtetechnik ist man auch im kältesten Winter nicht zum Frieren verdammt. Die Öfen, in denen täglich Tonnen von Metallteilen gehärtet werden, spucken so viel Wärme aus, dass es schon fast unangenehm werden kann. Im Fachjargon spricht man von Abwärme. Diese soll nun genutzt werden, um die benachbarte Sporthalle und das Schwimmbad zu heizen. Das Projekt war neben der CO2-gekühlten Lastwagenflotte des Überlinger Naturkost-Großhandels Bodan Gegenstand des dritten Energiewirtschaftsforums Bodenseekreis.
Leitung unter der Seefelder Aach nötig
Die Hallendorfer Straße, in der sich die Firma HTU Härtetechnik befindet, und der Kanalweg, in dem die Sporthalle mit angeschlossenem Schwimmbad liegt, sind nur durch die Seefelder Aach getrennt. Siegfried Heger, Gründer und Geschäftsführer von HTU, hat schon seit Jahren Pläne in der Schublade, wie die in seinem Unternehmen entstehende Abwärme, die bislang in der Luft verpufft, für die Beheizung der Sport- und Schwimmhalle sinnvoll genutzt werden könnte.
Bürgermeister: "Schon alle Vorrichtungen für Fernwärmeversorgung installiert"
Bislang scheiterte das Projekt an den erforderlichen Genehmigungen. Hauptknackpunkt war, dass die Seefelder Aach mit einer Leitung unterquert werden muss. Jetzt aber steht grünes Licht für dieses Projekt bevor. "Gut Ding will gut Weile haben", gab Landrat Lothar Wölfle während des Energiewirtschaftsforums seiner Hoffnung Ausdruck, dass aus dem Regierungspräsidium Tübingen bald der Genehmigungsbescheid kommen möge. Die Firma HTU und die Gemeinde Uhldingen-Mühlhofen stehen zur Umsetzung des Projekts in den Startlöchern. "In der Sporthalle und im Schwimmbad haben wir schon alle Vorrichtungen für diese Fernwärmeversorgung installiert", erklärte Bürgermeister Edgar Lamm gegenüber dem SÜDKURIER. Und die technischen Pläne seitens HTU seien umsetzungsreif.
Geschäftsführer: "Könnten auch noch etliche Gewächshäuser beheizen"
"Wir können die Sporthalle und das Schwimmbad über einen Puffertank mit mindestens 70 Grad heißem Wasser anfahren", erklärte Siegfried Heger. Seinen Aussagen zufolge hätte sein Unternehmen noch viel mehr Abwärme-Potenzial: "Wir könnten auch noch etliche Gewächshäuser damit beheizen", hat der Diplomingenieur schon weitergehende Visionen. "Rings um unsere Firma herum befinden sich so viele Grünflächen, auf denen sich Gewächshäuser, beheizt durch unsere Abwärme, realisieren ließen", legte er seine Gedankenspiele offen.
Zuschuss über 200 000 Euro bereits bewilligt
Nun aber geht es erst einmal darum, möglichst schnell die Beheizung der Sporthalle und des Schwimmbads auf die Beine zu stellen. Die Gemeinde hat nach Angaben von Bürgermeister Lamm schon eine Zuschussbewilligung über 200 000 Euro erhalten. Die Vertragsausgestaltung mit HTU steht noch aus. Lamm hält es allerdings für sehr wahrscheinlich, dass das Unternehmen die Maßnahme finanziert und dafür auch die Zuschussmittel erhält, während die Gemeinde dann einen zu vereinbarenden Betrag für die Wärmelieferung zahlt.
HTU Härtetechnik
Die Firma HTU Härtetechnik wurde 1983 gegründet. Das Unternehmen hat als kleine Härterei begonnen und sich durch ständiges Wachstum zu einem mittelständischen Unternehmen mit heute 175 Mitarbeitern entwickelt. In speziellen Verfahren, für die das Unternehmen nach eigenen Angaben teilweise Alleinstellungsmerkmale besitzt, werden hoch beanspruchte Metallbauteile gehärtet. Die Automobilindustrie ist mit 85 Prozent das größte Marktsegment. Zwölf Prozent der Aufträge kommen aus dem Maschinenbau, wie der Bauindustrie, dem Werkzeugmaschinenbau oder dem Landmaschinenbereich. Drei Prozent entfallen auf sonstige Bereiche, dazu gehören Türschlösser oder Möbelbeschläge.
Zur Härtung hat das Unternehmen 100 Anlagen in Betrieb. Die Härtungsöfen laufen rund um die Uhr, auch in den produktionsfreien Zeiten. "Das Herunterfahren der Öfen und das erneute Hochfahren wäre teurer, als wenn die Öfen durchlaufen", sagt Alexander Hartlieb, der technische Betriebsleiter. Bei 100 Härtungsanlagen ist der Energieverbrauch entsprechend hoch. Der Stromverbrauch liegt jährlich bei 14,5 Gigawattsunden, der Erdgasverbrauch bei 9,4 Gigawatt.
Zurzeit erweitert HTU seine Produktionsfläche von 8000 auf 10 500 Quadratmeter. "Wir müssen dringend erweitern, sonst sind wir über kurz oder lang nicht mehr voll lieferfähig", sagt Hartlieb.