Die Pläne für das neue Baugebiet Ölgarten II in Oberuhldingen nahe der Bundesstraße 31 bleiben nicht ohne Widerspruch. Im Juni hat der Gemeinderat den Entwurf des vorhabenbezogenen Bebauungsplans verabschiedet – bei vier Gegenstimmen. Hauptkritikpunkt an der Planung: Sämtliche Bäume in dem Gebiet sollen gefällt werden, um die Wohnbebauung zu realisieren.
Das stößt auf vehemente Kritik in der Bevölkerung. Laut einer Mitteilung der Ortsgruppe des Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) steht ein Bürgerbegehren in den Startlöchern, falls es zu einer zweiten Offenlegung kommt und der Plan dann nach wie vor vorsieht, dass die Bäume gefällt werden sollen.
Gemeinde stellt Stellungnahmen aus erster Offenlage zusammen
Die erste Offenlage des Bebauungsplans ist inzwischen ausgelaufen. Derzeit prüft die Gemeindeverwaltung die Unterlagen und stellt die Stellungnahmen zusammen, die zu dem Projekt eingingen. „Dabei wurden unter anderem der Erhalt sowohl der Grünflächen als auch des Baumbestandes in Stellungnahmen eingebracht“, teilte Ortsbaumeister Fabian Stephan mit. Man stimme sich aktuell mit dem Vorhabenträger ab, um das weitere Vorgehen zu klären und eine für alle Beteiligten vertretbare Lösung zu erarbeiten.
17 Reihenhäuser in verdichteter Bauweise

Im Gebiet Ölgarten I stehen zweigeschossige Reihenhäuser. Diese Siedlungsstruktur soll auch im Gebiet Ölgarten II mit 17 Häusern umgesetzt werden. Aufgrund der angestrebten verdichteten Bauweise können die Bäume nicht erhalten, sondern müssen alle gefällt werden. Zum Ausgleich sollen 24 Bäume entlang der Verkehrsflächen, auf der privaten Grünfläche und teilweise auf den Bauflächen gepflanzt werden.
Arbeitskreis-Mitglieder messen Temperaturen im Gebiet
Ein Leserbriefschreiber hat das Vorhaben mit „Wohnen in Schuhschachteln“ verglichen, dem der Geist der 1960er Jahre innewohne. Durch die eng zusammenstehenden Einfamilienhäuser, die üppige Versiegelung und das Fällen der Bäume werde sich ein enormer Hitzestau im Ölgarten entwickeln. Der Arbeitskreis Energie und Umwelt der Gemeinde hatte im Juli den Einfluss des Baumbestands auf die Temperaturen in diesem Gebiet untersucht. Dabei stellten die Mitglieder fest, dass die Bäume die Temperatur deutlich senken, mit einer Differenz von knapp 10 Grad Celsius zum Boden und Zaunbereich und über 10 Grad zur Straße.
BUND: Bäume teils schon 100 Jahre alt

Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) Uhldingen-Mühlhofen lehnte mittlerweile in einer Stellungnahme an die Gemeinde den Bebauungsplan ab. „Dabei haben wir Argumente aus den Bereichen Klimaresilienz und Naturschutz aufgeführt“, teilte der BUND auf Anfrage mit. In dem Schreiben heißt es, dass die mehr als 20 hohen, teilweise 100 Jahre alten Bäumen unterschiedlicher Arten „von ihrer Lebenserwartung her die Jugend gerade erst verlassen haben“. Linden wie in Oberuhldingen würden einige hundert Jahre alt. Gerade innerorts seien in Zeiten der Klimaerwärmung Bäume von unschätzbarem Wert. „Einmal abgeholzt, sind solche Bäume unwiederbringlich verloren“, so der BUND.
„Ersatzbepflanzung marginal und inadäquat“
Pflanze man als Kompensation an anderer Stelle Bäume an, bräuchten diese Jahrzehnte, um ähnliche Effekte zu erzielen. „Konkret ist die Ersatzbepflanzung der vorliegenden Planung marginal und inadäquat“, urteilt der BUND. Deren Potenzial für Beschattung und Kühlung reiche „nicht im Entferntesten an die Wirksamkeit des heutigen Bestands heran, gar nicht zu reden von der deutlichen Verzögerung der Effekte um mehrere Jahrzehnte“. Der BUND macht darauf aufmerksam, dass alle Bäume gesund und vital seien und noch eine hohe Lebenserwartung hätten. Dies habe ein artenschutzrechtliches Gutachten des Lindauer Unternehmens Sieber Consult ergeben.
Planungsbüro: Entscheidung für Bäume oder für Bebauung
Die städtebauliche Konzeption war vom Vorhabenträger Werner Wohnbau aus Niedereschach erarbeitet worden. Das Überlinger Büro Helmut Hornstein hatte die Konzeption in einen Bebauungsplan umgesetzt. In der Gemeinderatssitzung im Juni hatte Hannah Deierling vom Planungsbüro gesagt, man müsse sich für die Bäume oder für die geplante Bebauung entscheiden. Helmut Hornstein teilt mit, dies habe sich ausdrücklich auf die aktuell vorliegende Planung bezogen. Er verwies auf die Zusammenfassung des artenschutzrechtlichen Gutachtens, demzufolge die Rodung des Baumbestands möglich sei. Aus ökologischer Sicht sei eine Erhaltung und Integration von Bäumen in die Planung wünschenswert. Dies könne jedoch nicht zwingend gefordert werden. „Diese Aussage können wir aus der Sicht der Ökologie und des Klimaschutzes voll unterstützen“, so Hornstein. „Der Erhalt der Bäume wurde jedoch vom Vorhabenträger in dessen Planung nicht berücksichtigt.“
Massiver Efeubewuchs für Tiere interessant
Der massive Efeubewuchs der Bäume bis in die Kronen sei aus ökologischer Sicht interessant, sagte Hornstein. Dies seien Brut- und Nahrungshabitate für Insekten, Vögel und Fledermäuse. Andererseits weise der Efeubewuchs darauf hin, „dass die Bäume ihren Zenit deutlich überschritten und nur noch eine begrenzte Lebenserwartung haben“. Er widerspricht damit der Einschätzung des BUND. Hornstein erklärt, er habe der Gemeinde vorgeschlagen, ein detailliertes Baumgutachten zu beauftragen, „falls die vorliegende Planung nicht mehr weiterverfolgt beziehungsweise ein anderes Plankonzept für das Areal erstellt werden soll“.
Aktuell keine Stellungnahme vom Vorhabenträger
Muss das Vorhaben so umgesetzt werden, wie es der Gemeinderat verabschiedet hat, oder könnten kleinere Teilgrundstücke unbebaut bleiben, um einige der Bäume zu erhalten? Alexander Michel vom Vorhabenträger Werner Wohnbau erklärte auf Anfrage, er könne zu dieser Frage aktuell keine Stellung nehmen. Derzeit stünden noch Abstimmungsgespräche zwischen Werner Wohnbau und der Gemeinde aus. „Unser Ziel ist weiterhin, bezahlbaren Wohnraum für die Bevölkerung von Uhldingen herzustellen.“