Ein penetranter Piepston liegt in der Luft. Es ist der Alarm des ausgefallenen Stromgenerators. Jan Sperlich unterbricht das Gespräch, geht an den Lastwagen und schaut nach dem Rechten. Er ist Chef des Weihnachtscircus Jan Sperlich, der an Heiligabend mit seinen Gastspielen am Kanalweg in Mühlhofen hinter der Sporthalle beginnt.
Improvisationstalent jedes einzelnen Familienmitglieds gefragt
„So ist das eben bei uns“, sagt er schmunzelnd. „Wenn du morgens aufwachst, weißt du nicht, was dich am Tag alles erwartet.“ Einen geregelten Tagesablauf gibt es im Zirkus nicht. Und je kleiner der Zirkus ist, umso wichtiger ist das Improvisationstalent jedes einzelnen. „Das einzige, was jeden Tag ähnlich ist: dass wir nach dem Aufstehen erst einmal unsere Tiere versorgen und dann selbst frühstücken“, erklärt Jan Sperlich. „Dann besprechen wir, was am Tag ansteht.“

Zirkus in der fünften Generation
Am Tisch sitzt dann die komplette Familie. Das sind Vater Jan und Mutter Tanjela mit den Kindern Manolito, Angelo, Danny, Michael und Elena. Lediglich Tochter Michelle ist nicht mehr dabei. Sie arbeitet mittlerweile bei einem anderen Zirkus. „Bei uns muss jeder alles machen“, betont die Mutter. „Die Vorstellung in der Manege ist weniger als die Spitze vom Eisberg.“ Die Familie kennt nichts anderes als den Zirkus. „Ich bin im Wohnwagen geboren, in der Manege getauft, und wenn ich Glück habe, falle ich irgendwann im Zirkuszelt um“, sagt Jan Sperlich. „Unsere Kinder sind die fünfte Generation des Betriebs.“
Abläufe wie früher, nur die Technik ist neu
Bemerkenswert sei, dass das Grundlegende heute immer noch genauso funktioniert wie damals. Ein paar kleine Änderungen gebe es natürlich: Früher gab es nur Livemusik, heute kommt die Musik vom Band. Die Lichtshow hat sich geändert und die Technik wurde angepasst. Aber der Aufbau des Zeltes, die Koordination, der Ablauf und das Plakatieren läuft ab wie früher. „Bis heute gehören Popcorn, Sägemehl und Tiere einfach zu unserem Zirkus“, betont der Direktor.

Weihnachtscircus bietet Familie und Tieren Zeit für Erholung
Normalerweise tourt die Familie von Februar bis November. Der Weihnachtscircus ist für die Sperlichs fast schon ein wenig Erholung, auch wenn die Arbeit nicht ausgeht. In dieser Zeit können neue Programmpunkte trainiert werden und es gibt bleibt auch ein kleines bisschen Zeit für die Familie. Auch die drei Kamele, sieben Lamas, zwei Pferde, acht Ponys, fünf Hunde sowie Enten und Hasen haben mal einige Woche keinen Reisestress. Die 20 Wohnwagen, Anhänger für Tiere und Material können stehen gelassen werden.
Während der Vorstellung an Heiligabend gart im Ofen die Weihnachtsgans
Auch wenn die Vorstellungen an Heiligabend beginnen, freuen sich alle auf Weihnachten. Am 24. Dezember um 14 Uhr steht die Premiere auf dem Programm. Während die Familie in der Manege jongliert, balanciert, dressiert und das Publikum auch zum Lachen bringt, gart im Ofen des Gemeinschaftswohnwagens bereits die Weihnachtsgans. „Die Kunst ist, alles zu koordinieren“, erzählt Tanjela Sperlich schmunzelnd. „Um 19 Uhr wollen alle die Weihnachtsgans essen.“ Nach der Vorstellung wird alles aufgeräumt und die Tiere werden versorgt. Danach zieht sich jeder in seinen Wohnwagen zurück, macht sich ein bisschen schick und dann geht es zum Festmahl. Bei Sperlichs wird gesungen, gebetet und natürlich geschlemmt. Und die Geschenke dürfen auch nicht fehlen.
Geschenke werden noch an Heiligabend in der Manege ausprobiert
Was unterm Tannenbaum liegen wird, verraten die Eltern natürlich nicht. Aber so viel: „Es sind Requisiten, Artistik-Zubehör oder Kostüme.“ Tanjela Sperlich sagt: „Deshalb werden unsere Kinder an Heiligabend garantiert noch in die Manege gehen und alles sofort ausprobieren.“ Das sei völlig normal beim Zirkus. „Allerdings wird der Abend sicherlich nicht lang, denn am nächsten Tag geht es wieder früh raus“, fügt Jan Sperlich an.