Die Klapperschlange aus Texas ist schneller als gedacht. Wenn Tierpfleger Sascha Moser sie hinter einen Schrank bugsiert, kommt sie zum Schrecken der Feuerwehrleute schnell wieder zum Vorschein. Wenn er sie in eine Kiste steckt – ruckzuck lugt ihr Kopf daraus hervor und ihr Klappern ist zu hören. Das nötigt den Ehrenamtlichen der Feuerwehr Kluftern Respekt ab. Doch sind sie gekommen, den richtigen Umgang mit solchen Tieren zu proben, damit sie im Ernstfall nicht vor Schreck erstarren.

Die Wehr unter Kommandant Martin Klar geht bei ihrer Übung im Reptilienhaus Unteruhldingen der Frage nach: Was tun bei einem Brandeinsatz, bei dem exotische und giftige Tiere, Echsen und Schlangen, von den Flammen bedroht werden? Wertvolle Tiere könnten sterben oder ausbüxen und so zur Gefahr für die Öffentlichkeit werden.

Einsatz gar nicht unwahrscheinlich
Immer mehr Menschen halten sich Reptilien. Sascha Moser vom Reptilienhaus rechnet allein mit 150 im Bodenseekreis. „Wir als zoologische und wissenschaftliche Einrichtung haben dem Wunsch der Feuerwehr nach einer solchen Übung natürlich gleich zugestimmt“, sagt er. Der 35-Jährige ist stellvertretender Geschäftsführer und Kurator des Reptilienhauses sowie für die Tierpflege zuständig.
„Es gibt eben viele exotische Tiere in Privathand und es ist jederzeit möglich, bei einem Einsatz mal auf solche Tiere zu treffen“, sagt Sascha Moser. Deshalb sei es ihm wichtig gewesen, dass die Wehrkräfte sicher im Umgang mit solchen Tieren im Einsatz sind und für sie und auch das Tier keine unnötige Gefahr besteht.

Was tun in einem Notfall?
Der gelernte Werkstierpfleger gibt zunächst eine kleine Einleitung: Wer einem Reptil bei einem Brand begegne, sollte es auf keinen Fall provozieren oder es selbst einfangen. Es gelte, das Tier zu bestimmen, eventuell anhand einer Beschilderung an den Terrarien oder durch Rücksprache mit dem Halter. „Oder eben ein Foto machen und uns oder anderen Sachkundigen schicken, um die Art zu bestimmen.“ Dann könnten Fachleute wie etwa die Feuerwehr das Tier einfangen.
„In jedem Schuh könnte das Tier stecken“
Wirklich beruhigend klingen Mosers Worte zunächst nicht. Er betont, dass Einsatzkräfte bei solchen Einsätzen durchaus Gefahren ausgesetzt seien, schließlich könne eine Kobra mit ihrem Biss einen Menschen innerhalb von zwei Stunden töten. „Ganz wichtig ist es, ruhig zu bleiben“, sagt Sascha Moser. „Viele Leute, die nicht geschult sind, gehen das Tier zu hektisch an und dabei wird das Tier dann unruhig.“ Ist es aus seinem Terrarium geschlichen, ist Aufmerksamkeit gefordert: „Vorsichtig vorgehen, langsame Schritte und auf den Boden schauen. In jedem Schuh, hinter jedem Karton könnte das Tier stecken.“

Der erfahrene Züchter und Schlangenexperte erklärt den Einsatzkräften auch, wie Gift- von Würgeschlangen unterschieden werden können. „Das können wir auf den ersten Blick, wenn wir uns die Augen und die Schuppen anschauen“, sagt er. Ein ungiftiges Tier habe runde Pupillen und halbrunde Schuppen. Habe die Schlange einen senkrechten Schlitz in der Pupille und spitz zulaufende Schuppen, sei sie giftig. Doch auch hier gibt es laut dem 35-Jährigen Ausnahmen: Kobras hätten runde Pupillen.

Dann können die Wehrleute selbst mit den Tieren arbeiten. „Damit ihr sicher seid im Umgang mit dem Tier und dass das Tier auch sicher ist und ihm nichts passiert“, erläutert Sascha Moser, der seit 20 Jahren das Hobby Terraristik betreibt. Wichtig ist die Arbeit mit zwei Schlangenhaken oder Schlangengreifern, informiert er. Als weitere Materialien kommen ihm zufolge eine durchsichtige Transportbox für das Tier, Fixierstab, Netzkescher, Lederhandschuhe und Klebeband zum Verschließen der Transportbox zum Einsatz.

Klapperschlange nötigt Respekt ab
Moser lehrt anhand einer Kapkobra, wie das Fangen bei einer potenziell tödlichen und schnellen Schlange funktioniert. Üben können die Feuerwehrleute mit einer mindergiftigen Trugnatter, dann einer giftigen Texasklapperschlange, die die Übungsteilnehmer aufgrund ihrer Geschwindigkeit ordentlich fordert und ihnen Respekt abnötigt. Danach geht es mit einem Buntwaran, mit giftigen Skorpionen und Krustenechsen sowie zum Schluss mit einer vier Meter langen Netzpython weiter, einer der weltweit größten Schlangen. Nach Beendigung der ungewöhnlichen Übung dürfen alle noch ein paar ungefährliche Tierchen anschauen und auch einmal halten – eine wesentlich leichtere Übung.

„Nicht alltäglich, interessant und spannend“ fand Fabian Hölzl von der Wehr die Übung, „sehr erlebnisvoll“ war sie für Linus Fritsche, wie sie dem SÜDKURIER mitteilten. „Sehr aufschlussreich, was die Erkennung beziehungsweise Unterscheidung von giftigen und ungiftigen Tieren anbelangt“, urteilte Feuerwehrmann Alessandro Edelmann. Er sei fasziniert von den Tieren, habe keine Angst, „aber Respekt“. Und Respekt hätten alle, wenn sie bei einem Einsatz auf Reptilien in einem Haus treffen sollten.