Bad Säckingen – Desolat. Dieses Wort drängt sich einem am drängendsten auf, wenn man dieser Tage durchs Bad Säckinger Kurgebiet wandert und einen Blick auf die einst renommierte Hochrhein-Eggberg-Klinik (HEK) wirft. Das Gebäude ist seit Längerem verwaist. Von außen erweckt es den Eindruck des sprichwörtlichen Dornröschenschlafs. Buschwerk und anderes Gehölz, das vor etwa zwei Jahren systematisch und öffentlichkeitswirksam entfernt worden war, hat sich seinen Lebensraum längst zurückerobert. Dunkle Flecken ziehen sich entlang der Fassade meterlang nach unten. Ein an einer Seite abgerissenes Plakat mit der Aufschrift "Zu verkaufen" hängt an einem Fenster.
Der Eindruck der Trostlosigkeit zieht sich wie ein roter Faden durch alle Bereiche der HEK. Die Telefonanschlüsse sind tot, und das schon seit Längerem. Der letzte Beitrag in der Rubrik "Aktuelles" auf der Internetseite des Unternehmens GRE Immobilienverwaltung GmbH & Co., HEK Senioren- und Gesundheitszentrum KG, ist fast auf den Tag genau zwei Jahre alt. Eine kleine Internetrecherche nach der Firma zeigt, dass diese seit fünf Monaten gar nicht mehr existiert.
Große Pläne werden nicht realisiert
Es ist das desolate Ende großer Pläne, die Investor Karl-Heinrich Drux nach dem Kauf des Klinik-Gebäudes vor dreieinhalb Jahren präsentiert hatte. Ein Senioren- und Gesundheitszentrum modernsten Zuschnitts mit medizinischer Rundum-Versorgung, Pflege- und Rehaangeboten sollte hier eingerichtet werden. Und die Pläne wurden im Lauf der Zeit immer opulenter. Immer wieder legte der Investor bei seinen Plänen noch eine Schippe oben drauf. Die angekündigten Investitionssummen nahmen immer gewaltigere Ausmaße an. Nur Monate, nachdem die HEK trotz intensiver Rettungsbemühungen spektakulär pleitegegangen war und geschlossen werden musste, klang das wie Musik in den Ohren von Stadtverwaltung und Gemeinderat.
Kein Wunder: Investitionen in Höhe von mindestens sieben Millionen Euro in das Haus und die Umgebung investieren. Das war die Marke, mit der Investor Drux im Oktober 2014 erstmals seine Pläne für die frühere Hochrhein-Eggberg-Klinik bezifferte. Eine seniorengerechte Wohn- und Pflegeeinrichtung sollte aus der einstigen Fachklinik für Innere Medizin und Gefäßerkrankungen werden. Eine Abteilung mit 40 Pflege- und 30 Geriatrieplätzen im 1. und 2. Obergeschoss und 49 betreute Wohnungen sowie eine Station zur ambulanten Pflege in den Etagen 3 bis 6, so lautete die erste Darstellung. Beibehalten werden sollten die bestehenden Arztpraxen im Erd- und Untergeschoss: „Die Konstellation kommt unserem Vorhaben sehr entgegen“, erklärte Karl-Heinrich Drux damals im Gespräch mit unserer Zeitung. Ergänzt werden sollt das Angebot durch eine Praxis für Allgemeinmedizin und ein Restaurant. Etwa 120 Menschen sollten in dem HEK-Senioren- und Pflegezentrum Arbeit finden.
Der Gemeinderat änderte den Bebauungsplan für das Kurgebiet, um das Vorhaben zu ermöglichen. Den Wünschen des Investors kam das Gremium so weit wie möglich entgegen. Mit einer Ausnahme, die letztlich aus Sicht des Investors zum Knackpunkt wurde: Mit den Plänen für ein Parkhaus mit 200 Stellplätzen im Kurgebiet konnten sich weder Gemeinderat noch Stadtverwaltung anfreunden. Es fehle an Detailplänen, die die Notwendigkeit eines solchen Bauwerks nachweisen. Abgesehen davon befindet sich direkt neben dem Gebäude ein großer Parkplatz, der eigentlich genügend Stellplätze bieten sollte, erklärte Bürgermeister Guhl damals.
Immer neue Ankündigungen
Das geplante Konzept hatte derweil ohnehin keine lange Lebensdauer. Wirtschaftliche Gesichtspunkte machte Karl-Heinrich Drux im Sommer 2015 für eine grundlegende Planänderung verantwortlich. Pflege- und Geriatrieplätze waren jetzt vom Tisch. Der neue Fokus sollte nun auf "service-orientierte Angebote" und luxuriös ausgestattete Wohnungen für Senioren gelegt werden. Das Ganze wollte sich die Immobiliengesellschaft satte zehn Millionen Euro kosten lassen.
Als nächstes machte Investor Drux im Februar 2016 von sich reden, als er das komplette Buschwerk rund um das HEK-Gebäude abholzen ließ – als Vorbereitungen für die Gebäudesanierung und den geplanten Parkplatz, der neben dem Gebäude entstehen sollte. Weder das eine noch das andere wurde tatsächlich in Angriff genommen.
Stattdessen folgte ein halbes Jahr später eine weiter bahnbrechende Ankündigung: Im Gespräch mit unserer Zeitung schilderte der Investor, dass er gemeinsam mit einem neuen Mitinvestor das bestehende Klinik-Gebäude abreißen und einen Neubau für 25 Millionen Euro an seiner Stelle errichten werde – um von Beginn an die Raumaufteilung so gestalten zu können, wie es für die neuen Pläne praktisch sei. Geplant wurde nun ein Pflegeheim für 100 Patienten, etwa 25 Tagespflegeplätze sowie kleinere Wohnungen im Dachgeschoss und Praxen im Erdgeschoss. Darüber hinaus sollte ein zweites Gebäude entstehen, in dem es 50 kleinere Appartements sowie 60 Seniorenwohnungen geben sollte.
Welche medizinischen Disziplinen in den Praxen angeboten werden sollten, blieb offen. Die in der früheren HEK ansässigen Mediziner hatten jedenfalls zu diesem Zeitpunkt allesamt ihre Räumlichkeiten aufgegeben und sich anderweitig neue Praxen gesucht.
Investor heute schwer greifbar
Diese Ankündigung war zugleich das letzte Lebenszeichen des Projekts Seniorenwohnen in der ehemaligen Klinik. Seitdem ist nichts Nennenswertes mehr passiert. Investor Drux ist nicht mehr greifbar, bemängelt Bürgermeister Alexander Guhl: "Wir versuchen seit Längerem, mit dem Eigentümer in Kontakt zu treten. Diese Bemühungen waren bisher nicht von Erfolg gekrönt." Der ursprüngliche Firmensitz des Investors in Basel sei zwischenzeitlich aufgelöst. Wohin der Investor verzogen ist, sei bei der Verwaltung nicht bekannt. Der Unmut ist entsprechen groß, daraus macht der Bürgermeister keinen Hehl.
Unserer Zeitung ist es schließlich gelungen, Drux zu erreichen. Kurz angebunden bestätigte er, dass der Verkauf der Immobilie in Vorbereitung sei. "Die Verhandlungen mit Interessenten befinden sich auf einem guten Weg", sagt er. Zum Schluss folgt dann wieder eine Ankündigung: In den nächsten Wochen sei sicherlich mit einem erfolgreichen Abschluss zu rechnen.