Maria Schlageter

Die Schulen am Hochrhein und in ganz Baden-Württemberg haben ein Problem: es fehlen Lehrer. Besonders betroffen sind die Grund- und ehemaligen Sonderschulen, die sogenannten SpBZs. Nach Ansicht des Verbands Bildung und Erziehung (VBE) ist dieser mitunter krasse Lehrermangel jedoch vom Kultusministerium selbst verschuldet.

Die örtlichen Vertreter des VBE, Gerhard Brand (Landesvorsitzender), Sonja Dannenberger (Schulkreisvorsitzende), Bernhard Rimmele (Vorstandsmitglied des VBE Südbaden und des Personalrats) und Ulrike Mölbert (Bezirksgruppenvorsitzende Lörrach), sparten bei einer Pressekonferenz nicht mit ihrer Kritik an der „kompletten Fehlplanung der Landesregierung“.

  • Wie sehen die aktuellen Zahlen aus? Aus Statistiken, die dem VBE vorliegen, geht hervor, dass der Lehrermangel im Vergleich zu 2018 nochmals zugenommen hat. Während im vergangenen Jahr noch jede dritte Schule betroffen war, ist es jetzt jede zweite. Laut der aktuellen Lehrerbedarfsplanung des Landes fehlen in Baden-Württemberg 10 000 Lehrkräfte. In der Legislaturperiode zuvor wurde noch von einem Überschuss von 11 000 Lehrern ausgegangen.

  • Wie lässt sich der Lehrermangel erklären? Wie Brand erläuterte, seien es mehrere Faktoren, die den Lehrermangel bewirkt haben. Zunächst einmal seien die eindeutig zu erwartenden Schülerzahlen nicht berücksichtigt worden. Ausgehend von den Geburtenraten seien diese jedoch relativ zuverlässig zu ermitteln. „Lehrermangel fällt nicht vom Himmel. Das weiß man sechs Jahre vorher“, sagt Brand im Hinbilck auf das Einschulungsalter.

    Hinzu komme, dass Schulreformen angestoßen wurden, ohne dabei die zusätzlich erforderliche Lehrerkapazität mit einzuplanen. Die Inklusion, der Ausbau der Ganztagesschulen und der gemeinsame Unterricht für Schüler auf verschiedenen Niveaus erfordere schlichtweg mehr Arbeitsaufwand und folglich mehr pädagogisches Personal – so die klare Aussage von Brand und Mölbert. Es sei nicht genug, die Lehrer zu ersetzen, die in Pension gehen.

  • Welche Maßnahmen greifen kurz- und langfristig? Um dem Lehrermangel zumindest übergangsweise entgegenzuwirken, werden Vertretungslehrer eingesetzt, die den pädagogischen Anspruch „am besten erfüllen“. Allein im hiesigen Kreis unterrichten momentan mehr als 250 von ihnen. Darunter fallen angehende Lehrer, die noch im Studium sind, Gymnasiallehrer, die an Grundschulen eingesetzt werden oder Ausbilder aus Vereinen, die Nebenfächer wie Sport übernehmen. „Die beste Lösung ist es, Pensionäre zu bitten, freiwillig aus dem Ruhestand zurückzukommen“, sagt Gerhard Brand.

    Immerhin wurden 200 neue Studienplätze an den Pädagogischen Hochschulen geschaffen, angesichts der 10 000 offenen Stellen sei das jedoch ein schwacher Trost. „Den Studenten mehr Hilfe anzubieten, würde schneller greifen“, meint Brand. Denn die Abbruchquote bei Lehramtsstudenten liegt zwischen 30 und 60 Prozent. Auch bei den Fortbildungsmöglichkeiten für Quereinsteiger fordert der VBE mehr Angebote. Die einzige Möglichkeit sei die Fachhochschule, die oft weit weg ist und zudem drei Jahre lang besucht werden muss.

  • Wie sieht die Situation im ländlichen Raum aus? „Der Kreis Waldshut ist vom Lehrermangel mit am meisten betroffen“, sagt Dannenberger. Der Grund: Junge Lehrer wollen meist nicht hier bleiben. „Da sind die Kommunen und der Landkreis in der Pflicht“, so Dannenberger. Gemeinsam mit der „Allianz der Schulleiter im Kreis Waldshut“ fordert sie, dass die Region attraktiver werden muss. Dazu zählt sie eine verbesserte Infrastruktur, bezahlbaren Wohnraum, genauso wie die Ausstattung der Schulen.

  • Wie ist der Stand bei den Tarifverhandlungen? Rimmele berichtete über den Ausgang der Tarifverhandlungen, die nach anfänglichen Schwierigkeiten mit einem „akzeptablen Ergebnis“ abgeschlossen wurden. Geeinigt wurde sich auf eine Gehaltserhöhung von 8 Prozent für 33 Monate. Einziger Wehrmutstropfen aus Sicht VBE: Für die Tarifbeschäftigten fällt die Erhöhung geringer aus. Somit geht die Schere zwischen den verbeamteten und den angestellten Lehrern noch weiter auseinander. Der VBE fordert deswegen die sogenannte Paralleltabelle, die reguliert, dass beide Gruppen gleich viel verdienen. Dieser Punkt soll nachverhandelt werden.