Rund 700 Menschen, vielleicht sogar mehr, setzten am Freitagabend in Bad Säckingen ein Zeichen gegen Fremdenhass und Rechtsextremismus. Trotz regnerischen Wetters waren sie auf den Münsterplatz gekommen, um für die Werte des Grundgesetzes zu demonstrieren. Aufgerufen hatten zu der Kundgebung unter dem Motto „Für mehr Menschlichkeit und Toleranz“ der Arbeitskreis der Christlichen Kirchen sowie die Organisationen Fridays für Future und Parents for Future.
Anlass für die Proteste sind Überlegungen zu massenhaften Deportationen
Anlass zu der Kundgebung war eine Zusammenkunft von AfD-Funktionären und Mitgliedern der Identitären Bewegung, die in Potsdam die „Remigration“ genannte Deportation von Millionen Menschen mit ausländischen Wurzeln diskutierten. In Reaktion darauf demonstrierten in ganz Deutschland bereits hunderttausende gegen diese Politik.

Bis zum Marktbrunnen und zum erst am Tag zuvor aufgerichteten Narrenbaum standen dicht an dicht die Teilnehmer der Kundgebung in Bad Säckingen vor dem Münsterportal, von wo aus die insgesamt sieben Redner sprachen. Ans Mikrofon traten Toralf Richter für die Parents for Future, der Bad Säckinger Bürgermeister Alexander Guhl, der evangelische Pfarrer Hans Georg Ulrichs für den Arbeitskreis Christlicher Kirchen, Julius Berchtold, Katarina Balcet und Pia Klingert für Fridays for Future und Fran van Veen für Refugees Integrated. Der Laufenburger Stadtrat Raimund Huber und der Bad Säckinger Stadtrat Michael Koubik mit seinem Familienchörle sangen politische Lieder.

Toralf Richter forderte die Kundgebungsteilnehmer dazu auf, den Hass und die Hetze von Rechtsextremen, Rassisten, Antisemiten und Antidemokraten in eigene positive Energien umzuwandeln. „Unsere Aufgabe als Bürgerinnen und Bürger ist es, Integration mit unseren Nachbarn und Arbeitskollegen zu fördern und Menschlichkeit und Toleranz vorzuleben.“
Guhl: „Das was damals war, das darf sich niemals wiederholen!“
In seiner kämpferisch vorgetragenen Rede erinnerte Alexander Guhl daran, dass er als Bürgermeister zu Neutralität verpflichtet sei. „Es ist aber auch die Pflicht von jedem Bürgermeister, sich klar zu unseren Werten und zu unserem Grundgesetz zu bekennen.“ Guhl erinnerte an die Trierer Erklärung (siehe Infokasten), in der die deutschen Städte sich klar gegen Ausgrenzung uns Rechtsextremismus positioniert hatten. Im Hinblick auf die deutsche Geschichte von 1933 bis 1945 sagte der Bürgermeister: „Wir wissen genau, was kommen kann. Und das was damals war, das darf sich niemals wiederholen!
Längst würden in Deutschland wieder Dinge gesagt, die bislang für unsagbar gehalten worden seien, sagte Pfarrer Ulrichs in seiner Rede. „Das Bedürfnis zusammenzukommen entspringt dem Bedürfnis, nicht einer johlenden und unverschämten kleinen Gruppe, sondern der Mehrheit Gehör zu verschaffen.“ Weil ihr Gott ein „Migrationsgott“ sei, der auf der Seite der Fremden und Flüchtlinge stehe, würden Christen widersprechen, wenn Ausgrenzung betrieben werde. „Jede Art von Rassismus ist Sünde!“

Erst die drei jungen Vertreter von Friday for Future nannten in ihren Beiträgen ausdrücklich jene Partei mit Namen, die erst alle hier auf dem Münsterplatz zusammengebracht hatte. Es gebe viele gute Gründe, gegen die AfD zu demonstrieren. „Und trotzdem gibt es gute Gründe, warum wir heute auch für Toleranz und Menschlichkeit und nicht nur gegen die AfD und schon gar nicht aus Hass gegen die AfD demonstrieren“, sagte Julius Berchtold.
„Unsere Gleichgültigkeit, die sie so sehr wollen, die bekommen sie nicht“, rief Katarina Bercet zum Engagement auf. „Wir brauchen eine Mitte, die nicht mehr schweigt, sondern die lebhaft diskutiert“, warb Pia Klingert für lebendige demokratische Auseinandersetzung.
Die Realität werde zeigen, ob all das, was bei dieser Demonstration gesagt worden sei, auch umgesetzt werde, sagte als Letzter Redner Frank van Veen von Refugees Integrated. Der Rechtsanwalt erinnerte an das jetzt 75-jährige Bestehen des Grundgesetzes: „Die beste Verfassung, die wir je hatten.“ Er rief dazu auf, den „braunen Sumpf“ auszutrocknen. Viel zu lange habe die Zivilgesellschaft schon geschlafen.
Die Bilder aus Bad Säckingen:
Es gibt einen weiteren Demo-Termin am Hochrhein: