„Eine besondere Vernissage“: So empfand Frank van Veen, Vorsitzender des Kunstvereins Hochrhein, gestern die Eröffnung der Ausstellung der drei Künstlerinnen Sabine Beyerle aus Berlin, Claudia Reismann aus Bielefeld und Stefanie Manhillen aus Sinzig. Besonders deshalb, weil die Vernissage draußen im Park stattfand, und „weil wir so lange auf diese Ausstellung warten mussten“, so van Veen. Es ist die erste Kunstausstellung seit über einem Jahr im Bad Säckinger Kulturhaus, der Villa Berberich.

Über 30 Gäste kamen zu der Dreierschau, entsprechend zeigte sich van Veen „überwältigend von der Vielzahl der Interessierten“, unter ihnen Thomas Ays, der Leiter des Bad Säckinger Tourismus- und Kulturamts. In seiner Ansprache im Freien vor der Graffitiwand betonte van Veen die Bedeutung von Kunst in dieser schwierigen Zeit. Es sei wichtig, eine Plattform zu schaffen für die Künstler. Van Veen ging auch darauf ein, warum er speziell Kleingruppen-Ausstellungen möge. Weil nämlich, wie in dieser Schau, verschiedene Ausdrucksformen, Medien, Techniken und Sichtweisen aufeinanderprallen würden. In diesem Fall kommen Malerei, Zeichnungen und Fotografien zusammen. Von den drei Künstlerinnen waren zwei bei der Eröffnung anwesend, die Malerin Sabine Beyerle und die Fotografin Claudia Reismann.

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Wer nach der Vernissage die Werkschau in den Räumen der Villa Berberich besichtigte, wird sofort festgestellt haben, dass Reismanns Fotografien nicht umsonst den Titel „Impressio“ tragen. Die Fotografin aus Bielefeld, die gerne seriell arbeitet und oft mehrere Jahre mit einem Thema beschäftigt ist, schafft eindrückliche Bilder, die wie Gemälde aussehen und impressionistisch wirken. Für die Ausstellung in Bad Säckingen hat sie ihre Reihe mit Strandbildern ausgewählt, die sie 2017 begonnen hat. Die Reihe zeigt Bilder, die eine gewisse Unschärferelation haben und deren Motive anfangen, sich aufzulösen.

Die Fotografin Claudia Reismann neben ihren Strandimpressionen.
Die Fotografin Claudia Reismann neben ihren Strandimpressionen. | Bild: Jürgen Scharf

Der Ansatz ist malerisch; man könnte sagen, Reismann malt mit Licht, der Kamera, benutzt einfache „Werkzeuge“, keine Hilfsmittel. Sie verändert das Bild nicht digital, macht keine Nachbesserung mit Photoshop, sondern nur normale Korrekturen wie in der Dunkelkammer. Denn das Bild muss schon in der Kamera entstanden und perfekt sein; einzig ein Farbstich wird gefiltert. Das Flirrende, Verschwommene wird durch die herrschende Temperatur (Hitze) bei der Aufnahme und durch Entfernung, Distanz, Ebene und Weite erreicht. Mit fortschreitender Entstehungsdauer zeigt die Serie immer mehr eine Tendenz zur Auflösung, anfänglich waren die Aufnahmen noch eher realistisch. Auf alle Arbeiten von Reismann, die seit 40 Jahren fotografiert, trifft zu, dass sie kein Abbild anstrebt.

Mit dem Begriff „Patinöse Strukturen“ bezeichnet Sabine Beyerle ihre Malerei. Und in der Tat sieht man auf den großformatigen Architekturgemälden oft Spuren abgeblätterter Farbschichten. Der repräsentative große Raum mit dem Balkon zum Park hin hat den Schwerpunkt Architektur und Ornament. Mit beidem beschäftigt sich die Künstlerin, besonders auffallend in einer iranischen Serie von Badehäusern (im Iran ist das Ornament in der Architektur sehr präsent).

Die Malerin Sabine Beyerle vor ihrem großen Gemälde eines ehemaligen Kolonialhauses auf einer karibischen Insel.
Die Malerin Sabine Beyerle vor ihrem großen Gemälde eines ehemaligen Kolonialhauses auf einer karibischen Insel. | Bild: Jürgen Scharf

Beyerle arbeitet nach eigenen Fotos, benutzt Fotocollagen als Vorlagen für ihre Malerei im Atelier. So kommen die stürzenden Perspektiven ins Bild eines verfallenen Kolonialhauses auf einer Karibikinsel, und die Bildräume erhalten durch die Details ein Eigenleben. Die Bilder sind menschenleer, ganz im Gegensatz zur Fotoserie von Reismann. Und dennoch ist es erstaunlich, wie gut die Arbeiten beider Künstlerinnen zusammenpassen. Dass Beyerle auch fürs Theater arbeitet, beeinflusst ihre Malerei. Man könnte sie als Bühnenbildnerin bezeichnen. Die Gegenstände sind Platzhalter, stehen für Personen und sind so etwas wie ein „Setting“.

Blick in die Ausstellung auf die Zeichnungen von Stefanie Manhillen (links im Vordergrund).
Blick in die Ausstellung auf die Zeichnungen von Stefanie Manhillen (links im Vordergrund). | Bild: Jürgen Scharf

Stefanie Manhillen ist eine genuine Zeichnerin, die spontan, intuitiv und instinktiv mit Kohle zeichnet, dabei Feinheiten im Strich aufweist. Manhillen wählt für ihre Figuren, Tiere. Köpfe und ausdrucksstarken Gesichter eine sehr direkte, emotionale Form. Alle drei Künstlerinnnen erzählen Geschichten. Das ist das Verbindende in ihren ausgestellten Werken. Frank van Veen fasste bei der Vernissage die Harmonie der Gegensätze so zusammen: Bei allen unterschiedlichen Sichtweisen von Wirklichkeit entstehe eine Gemeinsamkeit.

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