In Bad Säckingen könnte eine Tradition zu Ende gehen. Am Sonntag erklomm Dekan Peter Berg zum 27. und letzten Mal die Stufen zur Kanzel, um im Gewand des Narren den Politikern und seinen Schäfchen die Leviten zu lesen. Wie es mit den Narrengottesdiensten weitergehen wird, ist ungewiss, aber eines stehe schon fest, so der Dekan: „Nächstes Jahr lieg ich unter Palmen“.
Standesgemäß begleitet von der Ranzengarde, hielt der Dekan Einzug in das voll besetzte Münster, in dem sich unzählige Maskenträger tummelten. Sie mussten gleich den oligatorischen Seitenhieb einstecken, dass sie unter den Masken „noch schrecklicher“ aussähen.
Lukas Evangelium neu gereimt
In seiner Predigt kam bei allerlei fasnächtlich Gereimten auch die Verkündigung des Evangeliums nicht zu kurz: „Zwei Bilder und Gleichnisse bietet Herr Jesus uns heut an, um übers Leben nachzudenken, das hilft Frau und Mann; im ersten Vergleich, da legt er dar: Es kann – und das ist sonnenklar- kein Blinder einen Blinden führen, man würd sonst den Bock zum Gärtner küren“. Eine Botschaft, die er ebenfalls aus dem Lukas-Evangelium herausarbeitete: „Und jeder sollte bitteschön erst mal den Balken im eigenen Auge sehen, denn vor der Scheinheiligkeit will uns Jesus warnen, mit der tut sich so mancher tarnen.“

Pfarrer nimmt Politik ins Gebet
Der Politik schrieb er ins Stammbuch: „Ja, den Politikern sollte die Botschaft Jesu bringen Gewissensqualen, wenn ihnen wieder einfällt, was sie uns versprochen vor den Wahlen.“ Und er sparte auch nicht mit Selbstkritik: „Auch in der Kirche gilt es, manchen Balken aus dem Auge zu entfernen, dann kann man wieder mehr neue Perspektiven sehen und lernen.“
Seine eigene Zukunft sieht er auch nach der Pensionierung ganz klar in der Stadt des heiligen Fridolin. „Nach Rom zu gehen, das wär für mich kein Gewinn, wo ich doch hier wie der Papst von Säckingen fast bin“. Im Ruhestand in Rom würden vielleicht Violett und Rot an ihm schimmern, „aber ich sags euch ehrlich: Dort würd‘ ich verkümmern“.
Möglicherweise vollzieht sich mit dem Ende der Berg‘schen Narrenpredigten eine Wende in der Kirchengeschichte, vielleicht aber auch nicht: „27 Mal war die Predigt für mich Sitte, und nächstes Jahr hält sie Peter der Dritte“. Jedenfalls kündigte er an, „und das klingt famos: So schnell werdet ihr mich nicht los; solange ich hier bin und bei Vernunft, dann trefft ihr mich mal in der Alten Zunft“.

Narrenzunft vermisst ihren Pfarre schon jetzt
Zum Abschied gab es eine zweite Narrenpredigt, denn Zunftmeister Rolf Meyer stieg ebenfalls auf die Kanzel und setzte zur Laudatio an: „Mir mün Abschied näh vome Mann, wo mit Freud und Gottes Segen kam; als Narrenfreund war er stets um seine Schöfli bemüht, was uns jetzt in Zukunft mit em neue Pfarrer blüht?“ Für den Fall eines Falles brachte sich Meyer als Nachfolger ins Gespräch.
Am liebsten würde er die Vertretung im Beichtstuhl übernehmen: „Ich könnt dann ussem Neikästli schwätze und de ein oder ander im Städtli verpetze“. Dem Dekan gab er mit auf den Weg: „Mein lieber Narrenfreund Peter, eins müesch Du wüsse, mir düen Dich scho jetzt alli schrecklich vermisse“.
Die Ranzengarde brachte anschließend dem Dekan ein Ständchen, das er ebenso genoss wie das Bad in der Menge.