Bad Säckingen „Was ist Heimat?“ Das hat sich nicht nur Jürgen Glocker in seiner Einführungsrede zur gleichnamigen Ausstellung des Kunstvereins Hochrhein in der Villa Berberich in Bad Säckingen gefragt. Mit dem Heimatbegriff beschäftigen sich auch die vier Künstler, die überaus unterschiedliche Sichtweisen auf die Heimat in Malerei, Skulpturen und Objekten ausdrücken.
Glocker kreiste den Begriff „Heimat“ näher ein, wobei er an Sprache und Dialekte dachte, an Mundartliteratur oder an Landschaften, in denen man sich zu Hause fühlt. Dass Heimat laut Glocker nicht in erster Linie „mit Folklore, Volksmusik, Trachten und Fachwerkhäusern“ gleichgesetzt werden kann, auch nicht mit Heimatkrimis, das zeigen die ausgestellten Arbeiten. Da ist nichts von Heimattümelei, von Idylle und Heimatkitsch zu sehen, sondern es bietet sich ein differenziertes Bild.
Wer die Villa Berberich betritt, wird gleich mit einem zentralen Motiv von Albi Maier konfrontiert: Schwarzwaldhöfen. Der Eindruck dieser Arbeiten ist dunkeltonig und streng, allein schon in der Reihung. Der prominenteste Maler in dieser Runde malt eindrucksvolle Landschaftsstudien, Bauernhäuser mit herabgezogenen Dächern, die sich tief in die Natur ducken. Teils sind es Höfe aus der Region, teils fiktive Höfe. Sie stehen symbolisch für Schutz, Behausung und Umhüllung, Geborgenheit und Bedürftigkeit des Menschen. „Wir alle brauchen buchstäblich ein Dach über dem Kopf“, so Glocker über das Bedürfnis nach Heimat. Die andere Seite von Maier, diesem „modernen Thoma“, sind abstrakte Farbfeldmalereien.
Bettina Bohn fixiert Heimat nicht nur auf Landschaft; für sie ist sie nicht nur in der Gegend verwurzelt, in der sie lebt, sondern auch am Meer, was sie in einigen Seestücken ausdrückt. Ihre Impressionen, Baum- und Nebelbilder aus dem Schwarzwald sind mehr Seelenlandschaften. Vielfältig sind ihre Objekte aus Naturmaterialien, die Körperhüllen, Schemenfiguren und Collagen, die sogar eine Affinität zu Japan verraten. Diese manifestiert sich in einem Paravent mit einer japanisch angehauchten Schwarzwaldlandschaft. Torsi aus Flechten, Bienenwachs, Topinamburschalen und Schweineblasen, Collagen aus Tee, Kaffee, Kurkuma, Curry und Schellack zeigen Bohns Materialoffenheit und eine andere Farbpalette, bis hin zum jüngsten Werk, einer Bildcollage mit echter glänzender Fischhaut.
Zwischen dem Schwarzwald und ihrer Wahlheimat Italien, zwischen Kelten und Etruskern bewegt sich Paulina Vogt, eine „Wanderin zwischen den Welten“ (Glocker). Ein Kennzeichen von Vogts Arbeiten ist, dass sie die Materialien der jeweiligen Orte nutzt. Drei Räume, drei Serien: Für ihre typischen Materialbilder in der wichtigen Reihe „Ein Gefühl von Heimat“ verwendet die Künstlerin Asche von Schwarzwaldtannen und Olivenbäumen aus Umbrien, 70 Jahre altes Rollgold und mehr als 100 Jahre alte lichtechte Pigmente ihrer Vorfahren. Andere Bilder beschäftigen sich mit dem Krai-Woog-Gumpen, einem Wasserfall mit ausgewaschenen Gletschermühlen bei Görwihl, wieder andere widmen sich dem Winterschwarzwald.
Zu dieser mystischen Spurensuche passen sehr gut die im Raum platzierten mythologischen Holzskulpturen von Myrthe Rödelberger. Etwa die weibliche Gestalt (“Frühling“), die wie eine Elfe aussieht, die gerade aus dem Wasser des Krai-Woog-Gumpen gestiegen ist. In dem Werk „Genese“ schält sich eine Figur aus dem Stamm einer Linde. Vieldeutig zu interpretieren sind Rödelbergers Bodeninstallationen mit dem Titel „Entwurzelt“ – Wurzelgeflechte mit Fußformen. Sie könnten für entwurzelte Menschen stehen, die ihre Heimat verlassen müssen. Nach Glockers Ansicht habe die Bildhauerin ihre Heimat offensichtlich in ihrer Arbeit und den Menschen gefunden.