Einige Angebote waren im Kinder- und Jugendhaus „Altes Gefängnis“ auf Eis gelegt. Sieben Monate lang fehlten Leiter Peter Knorre die pädagogischen Mitarbeiter in Bad Säckingen. Doch das Blatt wendete sich mit gleich zwei jungen Männern, die selbst mal Kinder des Hauses waren. Über die Motivation zur Zusammenarbeit spricht das Dreiergespann im Interview mit dem SÜDKURIER.

Geflüchtete finden Anschluss im Kinder- und Jugendhaus

„Ich möchte junge Menschen auffangen – so wie ich damals im Jugendhaus aufgefangen wurde“, erzählt Ehab Al Sweidani. Er musste im Jahr 2014 aus Syrien fliehen. Sein Zuhause habe in Trümmern gelegen. Nach einer langen, beschwerlichen Reise sei er in Bad Säckingen angekommen. Hier habe der damals 22-Jährige andere Menschen zum Reden gesucht. „Peter hatte ein offenes Ohr für mich. Wir haben uns auf Englisch und Französisch mit Händen und Füßen verständigt“, erinnert sich Al Sweidani, der mittlerweile der deutschen Sprache mächtig ist.

Damals kommunizierte er seine Tätigkeit als Sportlehrer in Syrien – ein bedeutendes Signal für Knorre: „Dieser junge Mann hat Erfahrungen in der pädagogischen Arbeit und im Sport. Darum habe ich ihm eine ehrenamtliche Stelle als Schiedsrichter bei unseren Fußballturnieren angeboten.“

Seit 2015 engagiert sich Ehab Al Sweidani ehrenamtlich im Kinder- und Jugendhaus „Altes Gefängnis“. Im Februar hat er die Stelle als ...
Seit 2015 engagiert sich Ehab Al Sweidani ehrenamtlich im Kinder- und Jugendhaus „Altes Gefängnis“. Im Februar hat er die Stelle als pädagogischer Mitarbeit angetreten und steht Jugendlichen mit Rat und Tat zur Seite. | Bild: Elisa Gorontzy

Weiteres Engagement folgte, sodass Al Sweidani im Jahr 2019 den Ehrenamtspreis der Stadt Bad Säckingen erhalten hatte. Zwischenzeitlich trat er seinen Bundesfreiwilligendienst (Bufdi) im Kinder- und Jugendhaus an. „Peter hat mir die Augen in Richtung Sozialarbeit geöffnet“, sagt der pädagogische Mitarbeiter. Nach seiner Ausbildung bei der Caritas Bad Säckingen und langjähriger Arbeitserfahrung zog es ihn im Februar wieder zur Mitarbeit ins Alte Gefängnis. Hier trifft er auf alte Bekannte wie den aktuellen Bufdi Obai Mohammad.

Für Fairness im Sport und Spiel treten Betreuer ein

Seit Dezember 2024 arbeitet Mohammad im Alten Gefängnis mit. Lange zuvor habe er sich schon als Praktikant und ehrenamtlicher Mitarbeiter bewährt. Dazu motiviert habe ihn die Freude am Nachtsport-Angebot des Kinder- und Jugendhauses. Hier spielte der ebenfalls gebürtige Syrer Fußball im Beisein der Betreuer. Mittlerweile ist er selbst zu einem geworden.

„Das ist die zweite Wintersaison, bei der ich mithelfe“, erzählt Mohammad. Seine Aufgabe sei, das Geschehen in der Halle zu beobachten und für ein faires Spiel einzutreten. Fair soll es auch in den Räumen des Kinder- und Jugendhauses bleiben. Hier gebe es unter den jungen Besuchern vereinzelt ein Geplänkel um den Playstation-Controller. „Ich spreche dann mit den Leuten und versuche eine Lösung zu finden“, sagt der Bufdi.

Der gebürtige Syrer, Obai Mohammad, engagiert sich im Café des Kinder- und Jugendhauses „Altes Gefängnis“ in Bad Säckingen. Hier steht ...
Der gebürtige Syrer, Obai Mohammad, engagiert sich im Café des Kinder- und Jugendhauses „Altes Gefängnis“ in Bad Säckingen. Hier steht er seit Dezember 2014 im Bundesfreiwilligendienst. | Bild: Elisa Gorontzy

Sie können Brücken zwischen Kulturen bauen

Sport und Spaß, Rat und Tat – das möchten die neuen Mitarbeiter den Jugendlichen vor Ort anbieten. Sie selbst als Syrer hätten einen besonderen Draht zu jungen Geflüchteten, könnten Situationen nachempfinden und ein Vorbild sein. Al Sweidani und Mohammad würden Brücken zwischen Menschen anderer Kulturen und Menschen deutscher Kultur bauen, wichtige Ansprechpartner sein, Konflikte gegebenenfalls lösen, lobt Knorre.

Er betont auch das große Engagement der beiden, alte Angebote im Kinder- und Jugendhaus zu bewahren und neue zu schaffen. Seit Februar gebe es Essen zu jugendgemäßen Preisen im hauseigenen Café, das auch Mohammad betreut. Mit Al Sweidani seien Möbel verrückt worden, auch in Büros, um den Jugendlichen ein gemütlicheres Ambiente für mehr Austausch zu bieten. In Planung sei etwa, die hauseigene Kletterhalle zu beleben, Kindergeburtstage und erneut Schulklassen zu betreuen.

Engagement und neue Angebote verdoppelten die Besucherzahl

„Seitdem die beiden da sind, hat sich die Besucherzahl in unserem Haus mehr als verdoppelt“, betont Knorre. Über 50 Jugendliche gehen tagtäglich ein und aus. Freitags seien es sogar über 70 Besucher. Darum seien die Öffnungszeiten dieses Tages um eine Stunde verlängert worden: von 15 bis 20 Uhr. Der leitende Referent ist dankbar für die jungen Mitarbeiter – tragende Säulen, ohne die er aufgeschmissen wäre. Das beruhe auf Gegenseitigkeit, denn dankbar seien auch Al Sweidani und Mohammad, die durch Knorre Anschluss und Beruf gefunden haben.