Ein Instrument zur Integration von ausländischer Bürger in Bonndorf sind die Integrationsbeauftragte, das Integrationsgremium sowie dessen Beirat. Gemeinsam mit Bürgermeister Michael Scharf formulieren diese Gremien künftige Aufgaben und Ziele. Vertreter von ortsansässigen Unternehmen, der Stadtverwaltung, Vereinen, Schulen, Kirchen, dem einstigen Asylkreis, aber auch Mitbürger mit ausländischen Wurzeln fanden in regem Austausch heraus, wo Handlungsbedarf besteht. Wie kann „Integration quer“ gefördert werden? Menschen aus verschiedenen Ländern und Kulturen haben zuweilen nämlich beträchtliche Probleme, was ihre gegenseitige Akzeptanz anbelangt. Was können Vereine für eine bessere Integration leisten? Und wie können ausländische Mitbürger für politische Teilhabe gewonnen werden? An Anregungen und Ideen fehlt es nicht. Nun gilt es, deren Umsetzung auf den Weg zu bringen.
Erwerb der Sprache
„Eines der dicksten Bretter, die wir bohren müssen, ist die Wohnungsnot“, schildert Bürgermeister Michael Scharf die Situation. Zwar habe man bereits viele Gespräche geführt, sei auch nicht auf taube Ohren gestoßen, gleichwohl fehle es noch an konkreten Zusagen. Ein weiteres großes Thema ist und bleibt der Erwerb der Sprache. Felix Schüle koordiniert für die Volkshochschule Sprach- sowie Integrationskurse. Dabei werden sowohl das jeweilige Sprachniveau als auch die am besten geeigneten Kurszeiten in Anlehnung an die Arbeitszeiten der Teilnehmer berücksichtigt.

In Einzelfällen gestalten sich Bedarfsnachfrage und Austausch zwischen Arbeitgebern und VHS sehr gut, so dass bedarfsgerechte Kurse vermittelt werden können. Die Stadt sowie einzelne Unternehmen bezuschussen sogar die Gebühren der Teilnehmer, welche ihren Kurs tatsächlich erfolgreich abschließen. Fordern und fördern lautet die Devise.
Sprache als Schlüssel zur Integration
„Der Organisationsaufwand, dass keiner verloren geht, ist enorm“, sagt Michael Scharf zum Sprachkursmanagement. Er fordert alle Arbeitgeber zu einer „gnadenlosen Mitarbeit“ auf, denn es brauche verlässliche Kurse. „Die Bemühungen mancher Arbeitgeber waren schon größer.“
Da Sprache der Schlüssel zur Integration sei, „wollen wir das verlangen“, macht der Bürgermeister unmissverständlich klar, auch wenn die Kurse zusätzlich zu Job und Familie eine Belastung für den einzelnen darstellen. Kursleiterinnen Veronique Eisenhut und Anita Lang versuchen derweil, durch Erkundung der Arbeitsplätze ihrer Kursteilnehmer herauszufinden, welcher Wortschatz vorrangig erlernt werden muss. Was die Berufsausbildung von Migranten angeht, lobt Bürgermeister Michael Scharf schließlich auch die Bemühungen einzelner Bonndorfer Unternehmen, die „sich viel einfallen lassen und wahnsinnig viel investieren“.
Die Berufsschulen seien am Anschlag, so der Bürgermeister. Mentoren unterstützen Auszubildende, was am Beispiel von Hermann Braun, der einem jungen Mann aus Syrien Mathematik und Physik beibringt, Erfolg zeige. „Wo es Sinn macht, stricken wir etwas “, verspricht Michael Scharf individuelle Lösungen. Das Bildungszentrum leistet einen Beitrag unter anderem durch Aktivitäten im Rahmen der „Internationalen Woche gegen Rassismus“ sowie die Unterstützung durch Mentoren bei der Suche nach geeigneten Berufen und Ausbildungsstellen. Das internationale Frauenfrühstück war ein Mosaikstein der Integrationsbemühungen. Die katholische Kirchengemeinde plant einen Gottesdienst mit polnischen Mitbürgern, die mit 251 Personen die größte Ausländergruppe in Bonndorf darstellen. Ein polnischer Mitarbeiter der Firma Podeswa ist in die Vorbereitung eingebunden.
Integrationsbeauftrage gibt Einblicke
Einen Einblick in die Komplexität der Aufgaben des Integrationsmanagements gab die Integrationsbeauftragte Silvia Maier. Mehr als 300 Beratungsgespräche führt sie pro Jahr mit ausländischen Mitbürgern – allein 2018 stellte sie 343 mal Kontakte zu Jobcentern oder Ausländerbehörden her.
Ausdrücklich lud sie dazu ein, die Begegnungsstätte im „Café Vielfalt“ in der Schweizer Straße zu nutzen, das mittwochs und freitags allen Bürgern offensteht. Zu einer kommunalen Wahlaktion lädt die Stadt alle Wahlberechtigten, explizit jedoch EU-Bürger, am Donnerstag, 16. Mai, in die Stadthalle ein. Kandidaten sämtlicher Listen der Kommunalwahl werden dort vertreten sein, außerdem wird es mehrsprachige Informationen zu den Wahlmodalitäten von Europa- und Kommunalwahl geben. „Das wird eine spannende Angelegenheit, wir laden mehr als 500 wahlberechtigte EU-Ausländer schriftlich ein“, sagte Michael Scharf.
Martin Riegraf, Geschäftsführer des Caritasverbands Hochrhein, schilderte überdies die Betreuungssituation junger Flüchtlinge vor Ort. Als Folgeprojekt der Betreuung unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge begleitet die Caritas weiter eine Wohngruppe in Bonndorf. In einer Vierer-WG plant die Caritas eine dauerhafte Jugendhilfeeinrichtung vor Ort.
Das Integrationsgremium
- Integrationsmanagerin: Silvia Maier
- Schulsozialarbeit: Lisa Thoma
- Volkshochschule: Felix Schüle
- Sprachförderung/Betreuung Grundschule: Justyna Plaza-Köder
- Kindergärten: Helga Lüber
- Hauptamtsleiter: Harald Heini
- Bürgerservice: Madeleine Probst
- VHS-Sprachkurse: Veronique Eisenhut und Anita Lang
- Bürgermeister: Michael Scharf
- Beirat: Vertreter von Industrieunternehmen, Handwerk, Asylkreis sowie Bürgerinnen und Bürgern
Mögliche Wege zur Integration
Was sollte unternommen werden, um ausländischen Mitbürgern die Integration in Bonndorf zu ermöglichen? Zu dieser Frage erarbeitete der Integrationsbeirat der Stadt zahlreiche Vorschläge.
- Politische Teilhabe: Ein internationaler politischer Stammtisch, Interesse an politischer Teilhabe bei der Jugend wecken, mehrsprachige Broschüren, die deutsche Politik erklären oder Informationsveranstaltungen wie Führungen durchs Rathaus – das sind einige der Vorschläge, mit denen bei Migranten das Interesse am politischen Leben geweckt werden soll.
- Integration quer: Um Integration quer, also die gegenseitige Akzeptanz ausländischer Mitbürger zu verbessern, könnte es sinnvoll sein, zunächst abgrenzbare Räume zu schaffen, ehe überhaupt Annäherung möglich ist. Dies war ein weiterer Gedanke. Denn gerade Flüchtlinge seien häufig durch das enge Zusammenleben mit anderen Nationalitäten in Flüchtlingsunterkünften traumatisiert.
- Begegnung: Lerncafés, Wohnzimmergespräche, Themenabende oder gegenseitige Hilfsangebote wie „Kinderhüten versus Sprachkurs“ könnten weitere Möglichkeiten sein, Barrieren einer gesellschaftlichen Teilhabe zu überwinden.
- Integration über Vereine: Auch die Bonndorfer Vereine könnten als „Gerüst für die kommunale Gesellschaft“ wichtiges Bindeglied für die Integration sein. Doch wie können diese Vereine ausländische Mitbürger einbinden? Das Fördern von Übungsleitern mit Migrationshintergrund wurde als eine Lösung ebenso erachtet wie auch Mentoren für jugendliche Ausländer. Paten könnten jugendliche Ausländern beim ersten Schritte in einen Verein der Löwenstadt hilfreich sein und Berührungsängste abbauen, ebenso vereinsübergreifende Schnuppertage. Vor allem gelte es, Verständnis für das Bonndorfer Vereinsleben aufzubauen, waren sich die Teilnehmer einig. Für die meisten anderen Nationalitäten ist dies nämlich etwas vollkommen Unbekanntes.
- Verbreitung: Auf welchen Wegen Integrationsangebote verbreitet werden können, ist umstritten. Konventionelle Medien werden von der Zielgruppe allerdings häufig nicht gelesen. Soziale Medien, etwa Facebook, könnten eine Alternative sein. Bürgermeister Michael Scharf meinte: „Arbeitgeber und Schulen sind Rettungsanker und zentrale Punkte, um Menschen anzusprechen.“