Herr Jost, versetzen Sie sich doch kurz zurück zum Wahlsonntag, als der noch amtierende Bürgermeister Michael Scharf kurz vor 19 Uhr auf den Rathaushof trat, um das Ergebnis mitzuteilen. Was ging da in Ihnen vor?
Die Anspannung war recht groß. Ich selbst habe mit einem zweiten Wahlgang gerechnet. Meine Familie hat sich festgehalten. Und dann verkündete Herr Scharf das Wahlergebnis. Ich verspürte Freude pur, aber auch eine tiefe Dankbarkeit.
Wie bereiten Sie sich in den nächsten Wochen auf die Übernahme der Amtsgeschäfte vor?
Zunächst will ich in Blumberg, wo ich gerne gearbeitet habe, die anstehenden Aufgaben noch abschließen. Außerdem führe ich bereits jetzt schon mit Bürgermeister Michael Scharf und mit den Kollegen aus der Verwaltung Gespräche und nehme an den Gemeinderatssitzungen teil. Schnell in die Themen reinzufinden und viele Infos mitnehmen – diesen Weg gehe ich.
Welche Themenschwerpunkte haben Sie im Blick, die Sie in den ersten Monaten Ihrer Amtszeit angehen möchten?
Zunächst ist es bedeutsam, mit den politischen Kräften ins Gespräch zu kommen und die Verwaltung mit allen Einrichtungen kennenzulernen. Zu den Themenschwerpunkten zähle ich die Erweiterung der Kinderkrippe Obertal, das Gewerbegebiet und die Möglichkeit Bauplätze anbieten zu können. Für Maßnahmen wie die Kinderkrippe sind ja bereits Zuschüsse bewilligt und den Zuschussmaßnahmen ist besondere Beachtung zu schenken. Ein weiteres Thema ist die Nah- und Grundversorgung, sprich Studer-Areal. Hier gilt es, die Informationen zu sammeln und mit den Verantwortlichen Gespräche zu führen. Es gibt genug zu tun.
Warum sind Ihnen die Themen Gewerbegebiet, Neues Baugebiet Mittlishardt IV und Kinderkrippe so wichtig?
Das Gewerbe in Bonndorf hat einen hohen Stellenwert. Es ist Voraussetzung für einen attraktiven Standort mit einer hohen Lebensqualität. Dadurch wird die Stadt in die Lage versetzt, Ausbildungs- und Arbeitsplätze zu schaffen und die Kaufkraft in der Gemeinde zu halten. Die Bauplätze im Mittlishardt sind verkauft und der Bedarf ist weiterhin hoch. Ähnlich verhält es sich mit der Nachfrage nach Kinderkrippenplätzen. In der modernen Arbeitswelt sorgen oft beide Elternteile für den Lebensunterhalt. Da gilt es, Familie und Beruf unter einen Hut zu bringen. Das hat zur Folge, dass der Krippenbedarf gestiegen ist. Diesem Trend wollen wir Rechnung tragen.
Einer Ihrer Grundsätze während des Wahlkampfes war, ohne Versprechungen die Wähler von Ihrer Person zu überzeugen. Werden Sie diesen Grundsatz in Ihre künftigen Amtsgeschäfte übernehmen?
Ich orientiere mich an der Daseinsvorsorge und an den Pflichtaufgaben. Wir müssen bedenken, dass die finanziellen Auswirkungen der Pandemie jetzt erst nach und nach wirksam werden. Bund und Länder haben sich hoch verschuldet. Daraus folgt, dass die Kommunen künftig weniger Zuweisungen bekommen werden. Allerdings will ich nicht im Stillstand verharren, sondern vorausschauend in Absprache mit dem Gemeinderat die Finanzmittel sinnvoll und zukunftsweisend einsetzen.
Im Sport gilt: Ein Trainer ist nur so erfolgreich, wie die Mannschaft es zulässt – und eine Mannschaft nur so erfolgreich wie der Trainer gut ist. Sind Sie, mit Blick auf die Bonndorfer Stadtverwaltung, ein guter Teamplayer?
Ich glaube, dass ich begeistern kann und dass ich aufgrund meiner vielfältigen Erfahrungen mit den Kollegen zusammen die Aufgaben lösen kann. Und mir ist andererseits bewusst, dass einer allein wenig ausrichten kann. Gemeinsam sind wir allerdings eine starke Mannschaft. Mein kooperativer Führungsstil und meine Haltung, Spielraum für Kreativität zu lassen, wird dazu beitragen, dass wir für die Bürgerschaft gut aufgestellt sind.
Es ist noch eine Weile hin, aber: Können Sie sich vorstellen, mit 64 Jahren für eine zweite Amtszeit zu kandidieren?
Vorstellen kann ich mir alles. Wenn die Bürgerinnen und Bürger mit mir zufrieden sind, die Verwaltung gerne mit ihrem Chef arbeitet und ich gesund bleibe. Wieso nicht?