Herr Bauer, Sie haben jetzt auf eigenen Wunsch nach 30 Jahren beim „Liederkranz“ MGV Dogern 1852 den Vorsitz abgegeben. Was hat Sie so lange Zeit miteinander verbunden?
Der Liederkranz war ein Stück weit mein Kind. Denn der Verein war in all den Jahren für mich allgegenwärtig und hat mich geprägt. Jetzt wollte ich wirklich nicht länger für alles zuständig sein – Planungen, Termine, Organisationen und repräsentative Aufgaben, die zum Vorsitz gehören.
Was war damals für Sie der Auslöser, dem Männerchor Dogern beizutreten?
Ich war nach meinem Studium und mehreren beruflichen Stationen seit 1984 am Staatlichen Vermessungsamt in Waldshut tätig und wohnte damals in Dogern. 1990 hörte ich das Jahreskonzert des MGV und beschloss, selber Mitglied zu werden. Denn seit meiner Kindheit und vor allem während meiner Schulzeit im Internat in Bensheim sang ich gerne mit im Chor. Es kam dann zu einer Unterbrechung, als ich nach dem Fall der Mauer von 1991 bis 1993 wochentags in Dresden war, um am Aufbau der Vermessungsverwaltung Sachsen mitzuarbeiten. Ich sang aber, wann immer möglich, im MGV weiter. 1994 wurde ich dann als Nachfolger für den bisherigen Vorsitzenden Günter Häring gewählt.
Was gehörte zu Ihren Aufgaben und was reizte Sie daran?
1994 bestand der Chor aus 34 Sängern. Es galt, den Verein am Laufen zu halten, Kontakte zu Verbänden zu pflegen, Auftritte bei anderen Vereinen zu organisieren – Führung halt.
Gibt es im Rückblick Highlights und besondere Aktivitäten in Ihrer Amtszeit?
Ein Schlüsselerlebnis war der „Kaiserempfang“ 1996: Angeblich hat ja der österreichische Kaiser Franz im „Hirschen“ in Dogern übernachtet. Dazu brachte die Dogerner Theatergruppe das Stück „Der Kaiser kommt“ unter Mitwirkung des MGV. Das folgende Konzert „Landsknecht, Mönch und Bauersmann“ war unser erstes Themenkonzert. Und die Erkenntnis: Wir müssen etwas an der Präsentation verändern! Nicht mehr im Block auftreten und der Chor sollte möglichst alle Lieder auswendig singen.
Ein großer Gewinn war dann der neue Dirigent Ulrich Tomm, den Sie anwerben konnten?
Ja, das war der Glückstreffer. Wir sprachen ihn vor unserem großen 150-jährigen Jubiläum 2002 an und er nahm an. Und ich kann nur sagen (lacht): Wir haben den weltbesten Dirigenten und harmonieren gut zusammen. Durch ihn entwickelte sich bei uns Sängern ein neuer Stil mit viel mehr Bühnenpräsenz und jährlichen Themenkonzerten. Wir haben mit Uli Tomm versucht, ein breites, abwechslungsreiches Programm für jeden zusammen zu stellen.
Was gehörte noch zu Ihren Aufgaben?
Natürlich die Auftritte bei anderen Vereinen, gemeinsame Ausflüge und die Pflege geselliger Anlässe wie Geburtstage. Und die Kontaktpflege zu unseren befreundeten Vereinen in Leibstadt und dem Chor „Heiterkeit“ in Ensdorf im Saarland. Da sind richtige Freundschaften entstanden. Zusammengeschweißt hat den Chor auch die Aufnahme einer CD mit 20 Liedern aus unserem Repertoire.
Wie haben Sie während der Corona-Pandemie mit den einhergehenden Maßnahmen den Chor zusammen gehalten?
Wir haben ständig schriftlich Kontakt gehalten oder, wenn irgend möglich, auch geprobt – draußen, in einem Gewächshaus oder in der Scheune des „Hirschen“. Immer waren mehr als 50 Prozent der Sänger anwesend. Der Klang der Stimmen hat in der Zeit natürlich gelitten, aber das haben wir wieder aufgeholt.
Ihnen wurde 2019 für Ihr Engagement die Landesverdienstmedaille verliehen. Was bedeutet Ihnen diese Auszeichnung?
Über diese Anerkennung und Wertschätzung habe ich mich natürlich sehr gefreut. Jetzt übergebe ich mein Amt an den neuen Vorstand Frank Winkler und freue mich auf mehr Zeit für mich und meine Familie. Und natürlich werde ich trotz meines heutigen Wohnsitzes in Horheim auch weiter im Chor mitsingen und ihn unterstützen.
Wie schätzen Sie die Zukunft von Männerchören ein?
Wenn ein Chor gut geführt wird und einen guten Dirigenten hat, hat er gute Überlebenschancen, auch wenn die Sänger älter werden. Singen hält fit!
Fragen: Rosemarie Tillessen