Klettgau – „Wir haben ambitionierte Pläne, aber wir sind wild entschlossen“, sagte die evangelische Pfarrerin Andrea Kaiser beim Vororttermin an und in der Matthäuskirche in Erzingen. Und diese Entschlossenheit, die Leidenschaft und Begeisterung für die gute Sache sprachen aus allen Gesichtern: Die Mitglieder der neu gegründeten Sozialgenossenschaft Friedas Gästehaus eG haben das Ziel, die leer stehende evangelische Kirche in ein Haus für Demenzkranke mit Tages-, Nacht- und Kurzzeitpflegeplätzen umzubauen.

Die geladenen Gäste, darunter die Kirchengemeinderäte des Kooperationsraums Kadelburg, Klettgau und Jestetten, die Gründungsmitglieder der Sozialgenossenschaft, der CDU-Bundestagsabgeordnete Felix Schreiner sowie der Klettgauer Bürgermeister Ozan Topcuogullari, erhielten einen ausführlichen Einblick in das innovative Pflegekonzept. Es hat Menschen mit Demenz und deren pflegende Angehörige gleichermaßen im Blick.

Erstmals wurden die Umbaupläne für die leer stehende evangelische Kirche vorgestellt, die bereits recht weit gediehen sind. Das Gästehaus wird fünf Zimmer mit acht Betten auf zwei Etagen, die über einen Fahrstuhl verbunden sind, ein Pflegebad, eine zentrale Küche und einen Aufenthaltsraum aufweisen. Im Dachgeschoss befinden sich die Mitarbeiterräume. Eine neue, ebenerdige Zufahrt wird nordwestlich der Kirche über den Steinbuck erfolgen. Auf dem Außengelände sind ein Teich und ein Duftgarten geplant, eventuell ein kleiner Spielplatz für Kinder. Erklärte Absicht ist es, dass sich auch Angehörige, Freunde, Nachbarn und Anwohner willkommen fühlen sollen.

Professionelle Pflege und Begleitung der Demenzkranken ist einerseits wichtig. Neu ist bei Friedas Gästehaus aber, dass auch die Bedürfnisse der pflegenden Angehörigen stark berücksichtigt werden. Fried Schüle erklärt es ganz einfach: „Am Montag bringen und am Dienstagabend abholen, das sind ein, zwei freie Tage für die pflegenden Angehörigen, die oftmals am Ende ihrer Kräfte sind.“ Es ist ein rotierendes, äußert flexibles System mit Modellcharakter, wobei das Gästehaus auf Wunsch die Kranken nicht nur einzelne Tage und Nächte betreut, gerne in regelmäßigem Turnus, längere Aufenthalte sind ebenfalls möglich. Demenzerkrankte sollen so lange wie möglich in ihrer vertrauten Umgebung leben können und dabei die pflegenden Angehörigen bestmöglich entlastet werden.

Wie finanziert die Sozialgenossenschaft Friedas Gästehaus das Projekt? Bereits 100.000 Euro hat die evangelische Kirche Baden zugesagt, die gibt es jedoch erst, wenn die Anschubfinanzierung bis Ende 2026 steht. Das Gebäude mit Grundstück stellt die Kirche dem Projekt unentgeltlich zur Verfügung. 500.000 Euro sollen über Genossenschaftsanteile aufgebracht werden. Weitere 800.000 Euro bis eine Million Euro sollen über Fördermittel aus Landesprogrammen erreicht werden. Doch hier tun sich bislang Probleme auf, denn mit dem Mix aus ambulanter und stationärer Pflege tun sich die Behörden schwer. „Wir sind zu innovativ für Innovationsprogramme“, kommentiert dies Pfarrerin Andrea Kaiser. Seine volle Unterstützung für diese gute Sache hat der CDU-Bundestagsabgeordnete Felix Schreiner zugesagt. „Sollte es notwendig sein, unternehmen wir die Pilgerfahrt nach Stuttgart.“ Auch Bürgermeister Ozan Topcuogullari sagte Hilfe zu: „Von der Gemeinde Klettgau wird es keinerlei Probleme geben.“