Bus und Eisenbahn sind zunehmend nicht nur ein Verkehrsmittel für Schüler. Immer mehr Erwachsene im Landkreis Waldshut nutzen den Öffentlichen Personennahverkehr. Erstmals beförderte der Waldshuter Tarifverbund (WTV) 2017 mehr als 14 Millionen Fahrgäste. Nur der regelmäßige Ärger über die Unzuverlässigkeit des Interregio-Expresses auf der Hochrhein-Bahnlinie überschattete die Freude der Kreisräte des Finanzausschusses über den umweltfreundlichen Trend. Landrat Martin Kistler und sein Nahverkehrs-Experte Lothar Probst erhoffen sich von der geplanten Elektrifizierung der Hochrhein-Bahnstrecke hingegen eine spürbare Verbesserung.
Anteil an erwachsenen Fahrgästen steigt
Die Mobilität mit Bussen und Zügen findet immer mehr Anhänger im Landkreis Waldshut. Brachten die Fahrscheine der Schüler um die Jahrtausendwende noch zwei Drittel der Fahrgelder in die Kasse, so steuerten die erwachsenen Fahrgäste im vergangenen Jahr fast die Hälfte der Einnahmen bei. Mehr als 60 000 verkaufte Monatsfahrkarten für Erwachsene bedeuteten ein Plus von neun Prozent gegenüber dem Vorjahr. Jeden Werktag sind laut Lothar Probst im Landkreis Waldshut 22 500 Menschen mit Bus oder Bahn unterwegs. Täglich lösen die Kreisbewohner allein 2150 Einzelfahrausweise.
Erfolg durch günstige Preise
Die Gründe für den Erfolg sieht Probst beispielsweise in günstigen Preisen durch Verkehrsverbünde, in der ständigen Qualitätsverbesserung der Busse und im verlässlichen Taktverkehr. Aber auch Aktionen mit verschiedensten Veranstaltern und der Freizeitindustrie, Kooperationen mit dem Tourismus und an der Nachfrage orientierte Tarife wie das WT-Job-Ticket oder das WT-Gold-Ticket ziehen.
Der Landkreis schießt dabei kräftig zu. Allein für attraktive Tarife zahlten 2017 der Kreis 3,9 Millionen Euro Zuschuss und das Land Baden-Württemberg 589 000 Euro, davon eine Million Euro an die Deutsche Bahn und 2,9 Millionen Euro an die Südbadenbus-Gesellschaft (SBG). Für Lothar Probst sind die Zahlen Anlass für eine ständige Optimierung der Angebote. Der Kreistag trägt die beträchtlichen Summen mit.
Herbe Kritik der Kreisräte galt dem Land und der Deutschen Bahn für die Bedienung der Hochrhein-Bahnstrecke. SPD-Kreisrat Volker Jungmann vermisst immer noch einen Behinderten-Lift im Waldshuter Bahnhof. Manfred Weber (CDU) sieht gegebene Versprechen in Bezug auf das Zugmaterial nicht eingehalten. Thomas Schäuble (CDU) hält es angesichts der Bevölkerungsentwicklung und der Verkehrsverhältnisse für „wichtig, dass wir die Leute auf die Schiene bekommen“.

Der ÖPNV bleibt ständig in Bewegung
- Pläne für den Öffentlichen Personennahverkehr am Hochrhein: An der Elektrifizierung des Bahnabschnitts Basel-Erzingen werde mit Volldampf gearbeitet, stellte Landrat Martin Kistler fest, nannte aber keinen Zeitraum für die Realisierung.
- Barrierefrei für behinderte und alte Menschen sollen alle Bahnhaltepunkte am Hochrhein gestaltet werden. Seit zwei Jahren werden immer mehr stark genutzte Buslinien mit Niederflurbussen befahren.
- Verbindung: Die Wutachtalbahn von Lauchringen in Richtung Weizen wurde dank Landesmitteln saniert. An Schultagen laufen nun drei Verbindungen zum Nutzen der Schüler zwischen Waldshut und Wutöschingen. Ziel ist im Dialog mit der Stadt wieder ein Haltepunkt in Stühlingen.
- Was besser wurde: Der Schienenweg vom Hochrhein nach Stuttgart bietet zwischen Singen und der Landeshauptstadt nun eine stündliche Intercity-Verbindung.
- Bürgerbusse als „sinnvolle Ergänzung zum Nahverkehr“ haben sich etwa in Murg, Küssaberg, Lauchringen und Mauchen bewährt.
- Car-Sharing, das Auto-Teilen, wird in Waldshut-Tiengen, Murg, Todtmoos und Wehr angeboten, in Bad Säckingen steht ein Bürgerauto bereit. Nachfrage gibt es vor allem von den Jungen.
- Fahrplanänderungen wurden zum Oktober 2018 auf 14 Buslinien umgesetzt. Zum Teil geht es um zusätzliche Fahrten, einzelne Verbindungen wurden mangels Nachfrage gestrichen.
- Wo es klemmt: Auf der Schiene gilt der Interregio-Express (IRE) zwischen Basel und Ulm weiter als nicht stabil, obwohl die Deutsche Bahn das Zugmaterial ausgetauscht hat. Lothar Probst hat den Eindruck, dass die Bahn ernsthaft an den Problemen – Pünktlichkeit, Verlässlichkeit, funktionierende Toiletten – arbeitet und stellte fest, dass immerhin die Regionalbahn gut funktioniere.
- Eine grenzüberschreitende Buslinie für Grenzgänger von Bad Säckingen in die benachbarte Schweiz wurde mangels Interesse wieder fallen gelassen.
- Eine Fernbusverbindung, die ein großes Unternehmen vom Hochrhein über Ravensburg nach München anbot, mit einer Fahrzeit von neun Stunden, rollt seit dem 8. August nicht mehr. Die Verkehrsplaner des Kreises beobachteten wenig Nachfrage.