Dass die Fuchsräude eine Hautkrankheit ist, die für betroffene Tiere eine Qual darstellt, ist unstrittig. Nachgewiesen ist auch, dass die Krankheit im Süden Baden-Württembergs im Verhältnis häufiger auftritt als in anderen Teilen des Landes. Doch inwiefern sich daraus Bedrohungslage ableiten lässt oder welche Maßnahmen die geeigneten sind, daran scheiden sich die Geister.

Problem: Es mangelt an genauen Fallzahlen

Dass sich die Fuchsräude in Wallbach und Umgebung breit mache, darüber hatte der zuständige Jagdpächter Urs Strittmatter jüngst den Ortschaftsrat informiert. Ähnliches würden auch Jäger aus anderen Teilen des Kreises berichten, wie Kreisjägermeister Bernhard Kallup im Gespräch mit unserer Zeitung bestätigt.

Doch das Problem quantitativ festzumachen, ist im Grunde nicht möglich, wie auch Michael Swientek, Sprecher des Landratsamts Waldshut, auf Nachfrage unserer Zeitung erklärt: „Befallene Füchse werden immer wieder gesichtet.“ Doch es gebe keine Meldepflicht für die Räude, sodass auch keine genauen Zahlen vorliegen.

Ein von Fuchsräude befallenes Tier.
Ein von Fuchsräude befallenes Tier. | Bild: Christof Janko

Allerdings besteht für Jäger die Möglichkeit, erlegte Füchse zur Untersuchung an das Staatliche Tierärztliche Untersuchungsamt in Aulendorf oder an das Institut für Tierhygiene in Freiburg einzuschicken, so Swientek. Und dieses Angebot wurde in den vergangenen Jahren immer stärker genutzt, so dass auf jeden Fall die Zahl der attestierten Räudeerkrankungen in den vergangenen zehn Jahren zugenommen habe.

Tierärztin Marquart: „Jäger suchen Vorwand, um auf Fuchsjagd gehen zu können“

Die Laufenburger Tierärztin Ulrike Marquart geht indes davon aus, dass das Problem mit der durch Milben hervorgerufenen Krankheit weit weniger schwerwiegend sein dürfte, als dies von Seiten der Jäger dargestellt werde. Eine Studie im Land Baden-Württemberg habe vor 15 Jahren gezeigt, dass von 10.000 Füchsen höchstens 300 mit Räudemilben in Kontakt gekommen seien. Davon wiederum hätten nur 15 Krankheitssymptome gezeigt.

Für Marquart ist der Fall klar: „Fuchsjagd dient nur dem Jäger zum ‚Vergnügen‘. Sie gehört definitiv verboten.“ Um dem entgegenzuwirken stilisierten Jäger die Fuchsräude zum Problem hoch: „Da es die Tollwut in der Fuchspopulation nicht mehr gibt, und es auch nachgewiesen ist, dass der Fuchsbandwurm noch nie von Füchsen auf Menschen übertragen wurde, suchen die Jäger krampfhaft nach einer Rechtfertigung, damit sie den Fuchs weiter jagen dürfen.“

Daher würden „Horrormärchen„ über die Fuchsräude verbreitet, und zwar dergestalt, dass die Zahl der Fälle zunehme und zugleich Haustiere durch die Krankheit gefährdet seien. Dabei sei eine Übertragung der Krankheit allenfalls durch direkten Kontakt zwischen Fuchs und Haustier vorstellbar. In ihrem eigenen Arbeitsalltag komme die Erkrankung derweil nur selten vor.

Außerdem: Dort, wo die Räude in der Vergangenheit besonders stark um sich gegriffen habe, „scheinen Füchse eine zunehmende Resistenz gegen Neuinfektionen zu entwickeln“, sagt Ulrike Marquart. Die Bejagung von Füchsen sei also im doppelten Sinne kontraproduktiv, denn nicht nur würden möglicherweise resistente Tiere getötet, es könne passieren, dass erkrankte Tiere in andere Reviere fliehen und somit die Krankheit weiterverbereitet werde.

Kreisjägermeister Kallup: „Habe selten einen derart absurden Unsinn gehört“

Kreisjägermeister Bernhard Kallup ist angesichts derartiger Darstellungen fassungslos, wie er sagt: „Ich habe nie einen derart absurden Unsinn gehört.“ Wer jemals ein an Räude erkranktes Tier zu Gesicht bekommen und gesehen habe, unter welchen Schmerzen diese litten, wisse, „dass es mit Lust am Töten nichts zu tun hat, wenn man einem solchen Tier den Gnadenschuss gibt.“

Die erkrankten Tiere reißen sich nämlich aufgrund des mit der Krankheit verbundenen Juckreizes bei lebendigem Leib büschelweise die Haare aus und kratzen sich permanent die Haut auf, so Kallup. Es komme in der Folge zu Entzündungen und am Ende verendeten viele Tiere qualvoll. Hinzu komme außerdem der Aufwand bei der Entsorgung des Kadavers. Dieser dürfe nämlich nicht einfach im Wald gelassen werden, sondern komme in die Tierkörperbeseitigung.

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„Es gibt klare Hinweise darauf, dass wir viele räudige Tiere gar nicht zu Gesicht bekommen, denn viele verenden irgendwo im Verborgenen“, sagt der Kreisjägermeister. Gleichzeitig sei die Ansteckungsgefahr für Haustiere keineswegs weit hergeholt: „Füchse trauen sich inzwischen immer weiter in Dörfer und sogar Großstädte vor, denn Komposthaufen und dergleichen stellen ausgezeichnete Nahrungsquellen dar. Damit werde der Räudeerreger ebenfalls mitten in die Ortschaften getragen.

Abschuss sei die einzige Option

„Da eine medizinische Behandlung von Wildtieren gesetzlich verboten ist, ist die Reduktion des Fuchsbestandes durch die Jagd die einzige Möglichkeit, die Übertragung einzuschränken“, erklärt Christina Jehle, Tierärztin in Diensten des Landesjagdverbandes.

Da Füchse keine natürlichen Feinde haben und sie in fast allen Bereichen sehr gut zurecht kämen, sei die Jagd ohnedies die einzige Möglichkeit, die Population zu regulieren, so Jehle weiter. Bei einer zu hohen Fuchsdichte steige neben der Verbreitung der Fuchsräude auch das Risiko der Verbreitung anderer Krankheiten wie Staupe. Beides sei für die erkrankten Tiere mit „erheblichen Leiden“ verbunden und führe in den meisten Fällen zum Tod.

Wie gefährlich ist Räude für Haustiere?

Bei Haustieren sieht die Sache hingegen etwas anders aus, wie Michael Swientek erklärt. Zwar könnten sich insbesondere Hunden und Katzen durchaus anstecken, gerade wenn sie in der freien Wildbahn unterwegs sind. Doch weil die Scarpotes-Milben wirtspezifisch seien, siedelten sie sich bei anteren Tierarten nicht dauerhaft an. Für Menschen seien sie in der Regel ungefährlich. Zudem gebe es „wirksame Mittel, die die Parasiten zuverlässig abtöten“, schildert Swientek.