Die Situation ist längst bekannt: Mit der hausärztlichen Versorgung im Landkreis Waldshut ist es nicht mehr zum besten bestellt. Schon jetzt haben mehr als 50 Prozent der Hausärzte das 60. Lebensjahr vollendet. Um einem drohenden Notstand entgegenzusteuern, hat der Landkreis jetzt den Startschuss für ein Forschungsprojekt gegeben. Mit der Universität Tübingen und dem Universitätsklinikum Schleswig-Holstein wurde ein entsprechender Kooperationsvertrag geschlossen. Die Experten sollen binnen eines Jahres die hausärztliche Versorgungssituation untersuchen und Lösungsansätze erarbeiten.

Auch wenn der Sicherstellungsauftrag nicht beim Landkreis, sondern bei der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg liege, so Landrat Martin Kistler bei der Vorstellung des Projekts im Waldshuter Landratsamt, dürfe der Kreis nicht abseits stehen. Vielmehr müsse sich der Landkreis der Sache annehmen. Zwar sei eine drohende Unterversorgung noch kein Thema. Aber, so Kistler: "Wir können uns nicht zurücklehnen."

Die Gründe, so der Landrat, seien vielfältig, aber bekannt. Neben dem Wunsch von jungen Ärztinnen und Ärzten nach einem familienfreundlichen Angestelltenverhältnis und der Scheu vor dem unternehmerischen Risiko, gäbe es im Landkreis noch verschärfende geografische Faktoren. Außerdem komme die Konkurrenz Schweiz hinzu. Kistler: "Medizinisch qualifiziertes Personal, das sich für eine Tätigkeit am Hochrhein erschlossen hat, nutzt nicht selten die Möglichkeit des besseren Einkommens in der Schweiz und geht dadurch für die medizinische Versorgung im Landkreis Waldshut verloren.

" Grundsätzlich zeige sich bundesweit eine Tendenz weg von der klassischen Einzelpraxis, hin zu modernen Kooperationsformen, wie beispielsweise Medizinische Versorgungszentren.

Eben solche Einrichtungen an gut erreichbaren Standorten könnten die Versorgung gleich mehrerer Kommunen bieten. Hierzu sei aber eine fundierte Ist-Analyse zwingend notwendig, so Professorin Stefanie Joos von der Uni Tübingen. Erst danach könne es entsprechende Handlungsvorschläge geben. Sie, wie auch ihr Kollege, Professor Steinhäuser vom Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, erläuterten im Detail die geplante Untersuchung (siehe zweiten Text).

Die Notwendigkeit des Handelns unterstrich im Rahmen des Pressegesprächs auch der Jestetter Mediziner Thomas Asael für die Kreisärzteschaft. Er warf den Bürgermeistern vor, die Hausärzte vergessen zu haben und forderte eindringlich: "Die Kommunen müssen aufwachen."

Für Martin Kistler sei dies geschehen. Denn das Projekt spiegele den Ansatz wieder, "dass nur in einer gemeinsamen Kraftanstrengung von Kommunen, Ärzteschaft, Kassenärztlicher Vereinigung und Landkreis eine Lösung bei dieser wichtigen Zukunftsfrage für unseren ländlichen Raum gefunden werden kann".