Fast drei Stunden Fahrtzeit nimmt Kerstin Kaiser insgesamt für ihren Arbeitsweg in Kauf. Dabei könnte diese Zeit deutlich kürzer sein, würde sie für die gesamte Strecke das Auto nehmen. Das kommt für die 50-Jährige aber nicht in Frage, ist sie doch zumindest für einen Teil der Strecke auf das Auto angewiesen. Dafür einen Parkplatz zu finden, wird aber zunehmend zum Problem.
„Ich habe es ausgerechnet: Alleine für das Pendeln bin ich in der Woche 10,5 Stunden unterwegs“, erzählt Kerstin Kaiser. Das gilt für die Zeiten ohne Homeoffice. Sie wohnt in Berau, eine Ortsteil der Gemeinde Ühlingen-Birkendorf, ihr Arbeitsort befindet sich im Schweizerischen Baden. Mit dem Auto würde sie etwas weniger als eine Stunde brauchen. Derzeit benötigt sie für den Weg etwa 1,5 Stunden. Dabei ist sie selbst dafür rund eine Viertelstunde mit dem Auto unterwegs. Denn: Anders würde sie nicht nach Waldshut kommen, von wo aus ihr Zug nach Baden (CH) fährt.
Etwas Entspannung hat für Kerstin Kaiser die Corona-Krise und die damit verbundene Möglichkeit, im Homeoffice zu arbeiten, gebracht: „Mittlerweile bin ich zwei mal in der Woche zuhause und zwei mal vor Ort. Dieser Weg hat sich allerdings durch die Parkplatzprobleme in Waldshut verschärft, weil ein Fußweg von 1,2 Kilometern vom Chilbiplatz zum Bahnhof dazukommt.“
Der Arbeitsweg
„Ich fahre mit dem Auto nach Waldshut-Tiengen, wo ich in den Zug nach Baden (CH) umsteige. Von dort geht es dann mit dem Bus weiter bis zum Kantonsspital“, erzählt sie. Öffentliche Verkehrsmittel für den Weg von Berau nach Waldshut könne sie nicht nutzen. „Die fahren alle zu spät. Ich verlasse um kurz nach sechs Uhr morgens das Haus“, so Kaiser. Und es gibt einen weiteren Grund, warum sie keine öffentlichen Verkehrsmittel nach Waldshut nutzen könne: „Der öffentliche Personennahverkehr ist zu unzuverlässig.“
Beschweren will sie sich allerdings nicht. „Mir ist bewusst, dass der öffentliche Verkehr auf dem Land nicht so gut sein kann wie in der Stadt und das würde ich auch nie verlangen“, so Kaiser. Beim Zug nach Baden (CH) sei das anders, der sei immer sehr zuverlässig, weshalb sie ihn auch gerne nutzt.
Auch wenn jetzt in Corona-Zeiten bei immer volleren Zügen und Bussen die Sorge vor einer Ansteckung mitfährt, genießt sie das Zugfahren. Kerstin Kaiser spricht von „positiver Zeitgewinnung“. Was sie meint: Die Zeit, welche sie im Zug verbringt, kann sie für sich nutzen – ein Buch oder die Zeitung lesen oder stricken. Das alles kann sie im Auto nicht.
Die Probleme
Obwohl Kerstin Kaiser die Zeit, die sie im Zug verbringt, gerne in Kauf nimmt, werden ihr derzeit Steine in den Weg gelegt. Denn: Der Pendlerparkplatz am Bahnhof in Waldshut musste für den Neubau einer Feuerwehr-Einsatzstelle weichen. „Ich kann es verstehen, dass die Feuerwehr eine neue Zentrale braucht. Aber meiner Meinung nach, ist es Aufgabe der Stadt, dann Alternativen für die Pendler zur Verfügung zu stellen“, macht Kaiser deutlich. Ihre aktuelle Parkmöglichkeit: Der Chilbiplatz, rund 1200 Meter vom Bahnhof entfernt.
Auch andere Alternativen hat sie schon ausprobiert. „Ich habe es schon am Bahnhof in Koblenz (CH) versucht. Aber da muss ich über den Zoll und ich weiß nie, wie lange das dauert“, so Kaiser. Ein Unsicherheitsfaktor also. Hinzu kommt, dass dort die Parkgebühren sehr hoch sind. Eine wirkliche Alternative ist das also nicht. „Es ist wichtig, dass ich pünktlich bei der Arbeit bin. Den Zug zu verpassen kann und will ich mir nicht leisten“, sagt sie entschieden. Außerdem: „Ich bin dann ein weiteres Auto auf der Straße, was ich ja eigentlich gar nicht will“, so die 50-Jährige.
Das Auto wird geteilt
Denn: Um die Umwelt und den Geldbeutel zu schonen, teilt sich die Familie ein Auto. Inzwischen sind ihre beiden Söhne erwachsen und haben beide selbst ein eigenes Auto, da sie selbst darauf angewiesen sind. Davor hätten sich die Familienmitglieder ein Auto teilen müssen. Nun teilt Kerstin Kaiser es sich nur noch mit ihrem Mann.
Damit das reibungslos funktioniert, wird in einem Familienkalender eingetragen, wer wann das Auto benötigt. „Wir müssen miteinander reden, dann geht das schon“, so Kaiser. Natürlich müsse man auch einmal zurückstecken, aber solange man sich absprechen würde, sei das kein Problem. „Jeder steckt mal zurück“, erzählt sie. Irgendwie käme die Familie immer klar. „Im Notfall frage ich die Nachbarn, ob sie mich mitnehmen können, fahre zu Verabredungen zumindest einen Weg mit dem Bus oder mein Mann muss mich fahren“, so Kaiser.
Ihr Mann, der in einem Sportverein sehr aktiv sei, bilde beispielsweise oft Fahrgemeinschaften mit Kollegen und könne so auf das gemeinsame Auto verzichten. Die Anschaffung eines zweiten Autos sei zwar schon im Gespräch gewesen, aber für Kerstin Kaiser keine Option – auch als Elektroauto nicht, denn die Herstellung der Batterie hält sie für bedenklich. Da verzichtet sie lieber auf die ein oder andere Fahrt oder sucht sich Alternativen.