Das Projekt „Kompass„ der Lebenshilfe Südschwarzwald bietet Menschen mit Handicap eine Alternative zu der Arbeit in betreuten Werkstätten. Kompass steht für „Kompetenzzentrum für passgenaue Assistenzangebote beruflicher Teilhabe“. Dahinter verbirgt sich ein auf jeden Teilnehmer persönlich zugeschnittenes Programm, mit dem die Menschen unterstützt und in den allgemeinen Arbeitsmarkt begleitet werden. Kerstin Axt, Leiterin des Fachbereichs Arbeit der Lebenshilfe, betont: “Wir sind ein ergänzendes Angebot und keine Konkurrenz zu den Werkstätten.“
Das Projekt Kompass
“Jeder Mensch mit einer Behinderung, der arbeiten möchte, kann sich an Kompass wenden“, versichert Kerstin Axt, Leiterin des Fachbereichs Arbeit.
Unterstützung für die Teilnehmer
Ist ein geeigneter Betrieb gefunden, erhält der Teilnehmer ein Training sowie eine individuelle, bedarfsgerechte Begleitung und Förderung, so lange es notwendig ist.
Die Unterstützung wird von sogenannten Joblotsen geleistet, aber auch von Paten oder Mentoren im Betrieb und Personen aus dem Umfeld. “Wir beziehen auch das familiäre Umfeld mit ein und sind dankbar, wenn wir zum Beispiel bei Fahrdiensten Unterstützung bekommen“, so Axt.
Drei Teilnehmer sind eine Bereicherung auf dem Behringer Hof
Für Heidi Behringer aus dem Murger Ortsteil Hänner war das begleitende Programm der ausschlaggebende Punkt als Arbeitgeberin mitzumachen: “Wir als kleiner Betrieb, haben so die Sicherheit und einen direkten Ansprechpartner.“ Auf dem Behringer Hof sind drei Teilnehmer beschäftigt.

Manuela Gerwien ist seit August 2015 im Büro tätig und wechselte im September 2018 in die Festanstellung. Heidi Behringer dazu: “Für Manuela war es wichtig, ein barrierefreien Platz zu bekommen, nun ist sie die erste Ansprechpartnerin im Büro.
„Niemand hat mich trotz intensiven Bewerbungen eingestellt, erst hier habe ich eine Chance bekommen.“Manuela Gerwien
Karin Scherer arbeitet seit dem Jahr 2016 eng mit den Pferden auf dem Hof zusammen. Heidi Behringer dazu: “Das Team Karin und unsere Pferde funktioniert einfach.“ Seit Juni 2018 ist Karin Scherer in einem Minijob-Verhältnis eingestellt.
Heidi Behringer erzählt: “Karin hat für jedes Pferd passgenaue Fliegenmützen gehäkelt, wir haben so ein neues Talent von ihr entdeckt.“ Karin Scherer selbst möchte sich nicht äußern, doch Heidi Behringer ist froh, dass sie da ist.
Johannes Eschbach kam im September 2018 auf dem Hof, er wechselt im nächsten Jahr in eine Festanstellung. Seinen Arbeitsweg legt er mittlerweile selbstständig mit dem E-Bike zurück. Hierzu erklärt Kerstin Axt: “Wir haben mit ihm geübt und die Schritte besprochen, jetzt fährt er voller Stolz und selbständig die drei Kilometer zur Arbeit.“
„Dank der Heidi habe ich eine Chance bekommen.“Johannes Eschbach
Johannes Eschbach arbeitet gerne bei Behringers und hat bei einem Baumschnittkurs viel gelernt, wie er erzählt. Die Aufgaben auf dem Hof kommen ihm entgegen: „Daheim auf meinem Elternhof bin ich auch immer gut beschäftigt. Ich habe Zuhause eine eigene Hasenzucht mit fünfundzwanzig Tieren.“
Eschbach kümmert sich auf dem Hof um viele Anfallenden Arbeiten, wie die Jungbestandspflege der Bäume, Gartenarbeit, Kontrollieren der Weiden und noch einiges mehr.
Die Teilnehmer genießen auch die neu gewonnene Selbständigkeit, so hat Manuela Gerwien durch die Festanstellung die Möglichkeit, ein behindertengerechtes Fahrzeug anzuschaffen.
Das sagt die Arbeitgeberin über das Projekt
Für Heidi Behringer sind die Mitarbeiter eine Bereicherung. Als Rat an andere Betriebe sagt sie: “Man sollte sich auf die Menschen einlassen und neugierig sein.“
Die Teilnehmer an Kompass arbeiten ausnahmslos in Unternehmen des allgemeinen Arbeitsmarkts im gesamten Landkreis Waldshut. Zu Beginn sind sie nicht über die Betriebe, sondern über Kompass angestellt. Bei der Auswahl der Betriebe fänden Interessen, Neigungen, eigene Fähigkeiten, aber auch persönliche Schwierigkeiten der Teilnehmer, Wohnortnähe und Sozialraum eine große Berücksichtigung.
“Als Arbeitgeber kann ich auch ‚Nein‘ sagen, wenn es gar nicht passt, deshalb möchte ich jedem Mut machen, es ebenfalls zu probieren“, sagt Heidi Behringer. Ein besonders schönes Erlebnis für sie und ihren Mann Joachim Behringer war ihr erster gemeinsamer Urlaub nach Jahren. “Der Laden Zuhause lief und unsere Mitarbeiter schickten uns Bilder und Nachrichten.“
Die Finanzierung
Finanziert wird das Kompass Projekt durch das persönliche Budget der Menschen mit Behinderung. Es ermöglicht eine flexible Gestaltung auf dem Weg zum Leistungsziel. Laut Kerstin Axt haben Menschen mit Behinderung seit 2008 einen Rechtsanspruch darauf, angewendet werde dieser aber kaum.
Axt erklärt: “Mit einem Persönlichen Budget können Menschen mit Behinderung Leistungen zur Teilhabe selbstständig bezahlen. Es ergänzt die bisher üblichen Dienst- oder Sachleistungen.“ Der Teilnehmer wird zum Auftraggeber und entscheidet selbst, wie er sein Budget einsetzen möchte. Dadurch werde eine individuelle Förderung möglich.
Wichtig sei allerdings ein hohes Eigeninteresse der Teilnehmer: “Ausgehend von den Wünschen und Fähigkeiten der Menschen mit Behinderung sucht Kompass nach einem geeigneten, möglichst passgenauen Arbeitsplatz in der freien Wirtschaft.“ Auch Menschen mit einer schweren Behinderung sind laut Axt willkommen.
Förderung nach Bedarf
Die Fachbereichsleiterin weiter: “Wir gehen bei jedem Menschen auf Talentsuche und fördern dann ganz gezielt.“ So bekam eine Teilnehmerin eine Zeit lang Nachhilfestunden, damit sie ihren Schulabschluss nachholen konnte. “Wir können Leistungen dadurch individuell zusammenstellen und sie auch wieder verändern.“
Zu den Projektpartnern gehören 28 Firmen im Landkreis Waldshut, wie der Toom Baumarkt Bad Säckingen oder der Behringer Hof in Hänner. Axt betont: “Alle Betriebe können sich für das Projekt melden.“ Inklusion bedeutet für das Kompass Projekt, „dass jeder Mensch überall dabei sein kann, auch im Betrieb.“