1. Wer hat Anspruch auf einen Platz in einer Notunterkunft?
Wer unfreiwillig obdachlos geworden ist, hat ein Anrecht auf einen Platz in einer Notunterkunft. So sieht dies das Das heißt im Klartext: "Wer aus einer Notsituation heraus seine Wohnung oder sein Haus verliert, sei es durch finanzielle Not oder ein Unglück, und nicht anderweitig unterkommt, kann sich bei uns melden", erklärt Anton Büdel, Leiter des Ordnungsamts der Stadt Bad Säckingen.
Wer in einer Notunterkunft aufgenommen werden will, muss aber "glaubhaft nachweisen, dass er nicht über finanzielle Mittel verfüge, um anderweitig unterzukommen", etwa in einem Hotel, oder dass er alles versucht hat, eine Alternative zu finden, beispielsweise bei Freunden oder Verwandten.
"Vorwiegend bekommen wir es mit alleinstehenden Männern zu tun", sagt Werner Strittmatter vom Bauamt der Stadt, der für Verwaltungsangelegenheiten und bauliche Aspekte in der Notunterkunft Dürerstraße zuständig ist. Frauen oder Familien gehören derweil selten zum Klientel, das um Unterbringung bittet.
Übrigens: Niemand wird gezwungen in eine Notunterkunft zu gehen. Es gebe sogar Menschen, die sich ganz bewusst für ein Leben unter freiem Himmel entscheiden: "Wir bekommen es immer wieder mit Leuten zu tun, die sich selbst in einer Notunterkunft eingeengt fühlen und nach wenigen Tagen das Weite suchen", so Büdel. Sofern Menschen in der Lage seien, auch die damit verbundenen Nachteile zu erfassen, spreche nichts gegen eine solche Entscheidung.
2. Was sind Ursachen für Obdachlosigkeit?
"Obdachlos werden die wenigsten Leute über Nacht. Häufig gibt es eine Vorgeschichte", sagt Rechts- und Ordnungsamtleiterin Muriel Schwerdtner. In den vergangenen zehn Jahren hat es in Bad Säckingen zum Beispiel keinen einzigen Fall gegeben, bei dem Menschen aufgrund von Unglücken wie Bränden ihr Zuhause verloren haben.
Vielmehr sind in der Regel finanzielle oder familiäre Probleme Ursache für Obdachlosigkeit. Dazu zählen Hausverbote infolge von Trennung eines Ehepaares, oder Wohnungsräumungen durch Klage.
Stehe eine Wohnungsräumung bevor, werde das Ordnungsamt vom Gerichtsvollzieher informiert und habe dann die Möglichkeit, Betroffene rechtzeitig zu kontaktieren und über die Notunterbringung zu informieren. "Die Mehrzahl der Leute steht aber plötzlich bei uns vor der Tür. Meistens haben sie dann schon einige Zeit auf der Straße gelebt", sagt Haag.

3. Wo werden Obdachlose in Bad Säckingen untergebracht?
Die Unterkunft ist zweistöckig. Im Erdgeschoss gibt es 14 Plätze für die Unterbringung von Obdachlosen. Ebenfalls Anspruch auf Notunterbringung haben Asylberechtigte, die nach Abschluss ihres Verfahrens keine eigene Wohnung finden. Für sie stehen zwölf Plätze im 1. Obergeschoss zur Verfügung.
Auch wenn eine Kommune verpflichtet ist, Menschen in Not ein Obdach zu bieten, gibt es keine Verpflichtung, eine feste Unterkunft vorzuhalten. Möglich wäre es auch, eine Wohnung, ein Pensions- oder Hotelzimmer anzumieten. Hier wären die zu erwartenden Kosten allerdings wesentlich höher, denn die Kommune müsste die reguläre Miete bezahlen, schildert Markus Haag, der angehende Nachfolger von Ordnungsamtsleiter Büdel.
4. Wie lange dürfen Bedürftige in der Notunterkunft leben?
"Es gibt keine fixen Fristen. Die Leute sind aber angehalten, möglichst schnell wieder in reguläre Wohnverhältnisse zurückzukehren", erklärt Muriel Schwerdtner. Denn die Unterbringung in einer Notunterkunft sei nicht als Dauerlösung gedacht, sondern zur Überbrückung einer Notlage. "Es geht in erster Linie darum, dass Menschen in Not ein Dach über dem Kopf haben und eine Meldeadresse", schildert Markus Haag.
Entsprechend wird die Unterbringung auch nicht in Form eines Mietvertrages zwischen Stadt und dem Nutznießer geregelt, sondern es handelt sich um ein so genanntes "öffentlich-rechtliches Sondernutzungsverhältnis".

5. Welche Ausstattung muss eine Notunterkunft aufweisen?
"Eine Kommune muss eine menschenwürdige Unterbringung gewährleisten", sagt Anton Büdel. Das heißt im im Fall der Notunterkunft in der Dürerstraße: Es gibt ausschließlich Doppelzimmer. Pro Person werden zehn Quadratmeter Wohnfläche zur Verfügung gestellt. Dort sind ein Bett, ein Schrank und ein Stuhl vorhanden ist.
Küche und Sanitäranlagen stehen zur gemeinschaftlichen Nutzung zur Verfügung. Das Gebäude ist in zwei Abteilungen unterteilt. Nicht inbegriffen sind technische Ausstattungen wie Fernseher oder Internet.

6. Was kostet die Unterbringung in einer Notunterkunft?
In der Dürerstraße berechnet die Stadt ein Nutzungsentgelt in Höhe von monatlich sechs Euro pro Quadratmeter, zuzüglich Nebenkosten.
Diese Kosten werden dem Nutzer der Notunterkunft in Rechnung gestellt: "Diese sind teilweise erwerbstätig, so dass sie durchaus in der Lage sind, die Kosten zu übernehmen, wenn sie ihre finanzielle Notlage überwunden haben", erklärt Werner Strittmatter. Andernfalls können Anträge auf Förderung etwa beim Job Center gestellt werden, führt Anton Büdel näher aus.
7. Welche weitergehende Unterstützung erhalten Menschen in einer Notlage?
Zu Sachfragen geben Mitarbeiter der Stadt vor Ort Auskünfte. Geht es um persönliche, medizinische oder psychologische Probleme, stehen etwa Angebote karitativer Einrichtungen in der Region zur Verfügung, so Anton Büdel.
Diese werden aber meist nur sporadisch angenommen: "Oft scheitert es am Willen des Betroffenen, derartige Angebote zu nutzen. Das hat meist mit Scham zu tun." Wer in einer Notlage stecke, behalte dies häufig lieber für sich.
Bei der Suche nach einer Wohnung gibt es derweil keine Hilfestellung seitens der Kommune, wie Muriel Schwerdtner sagt: "Das müssen die Leute aus eigenem Antrieb schaffen." Es zeige sich aber, dass Leute, die sich ernsthaft bemühen, in aller Regel auch erfolgreich seien.
8. Wie viele Obdachlosenfälle gibt es pro Jahr in Bad Säckingen?
In den vergangenen zehn Jahren bekam es die Stadt jährlich mit 25 bis 35 Fällen zu tun. In diesem Jahr sind es bereits 38 Obdachlosenfälle, so Büdel. Im Herbst und Winter nehme die Zahl traditionell etwas zu.
Generell sei Obdachlosigkeit in der Region ein nicht so gravierendes Problem wie etwa in Ballungsräumen: "Der Hochrhein ist eine wirtschaftlich sehr gut gestellte Region mit niedriger Arbeitslosigkeit", begründet Schwerdtner dies.
9. Wie schwer ist es, einen geeigneten Standort für eine Obdachlosenunterkunft zu finden?
"Gern gesehen sind derartige Einrichtungen nirgends", bringt es Anton Büdel auf den Punkt. Das habe sich auch in Bad Säckingen etwa zwei Jahren gezeigt, als ein neuer Standort für die Notunterkunft gesucht wurde.
Muriel Schwerdtner erklärt, dass Diskussionen meist emotional aufgeladen seien und viele Ängste vorgebracht würden. Die Suche nach einem neuen Standort in Bad Säckingen vor gut drei Jahren sei in dieser Hinsicht keine Ausnahme gewesen.
"Wir gehen bei der Standortsuche aber nach sachlichen Gesichtspunkten vor. Ausschlaggebend sind baurechtliche Möglichkeiten, die Anbindung an den Verkehr, aber auch mögliche Beeinträchtigungen", so Schwerdtner. In der Dürerstraße habe in dieser Hinsicht alles gepasst.
Inzwischen zeige sich auch, dass die Befürchtungen sich nicht bewahrheitet haben, sagt Anton Büdel: "Bislang gab es keine Beschwerden aus der Nachbarschaft."
10. Mit welchen Problemen bekommt es eine Kommune in Notunterkünften zu tun?
"Wo Menschen auf engem Raum zusammenleben, gibt es Reibereien", schildert Werner Strittmatter. Das gelte noch viel mehr, wenn soziale oder finanzielle Probleme dazu kommen. Die städtische Notunterkunft sei in dieser Hinsicht keine Ausnahme.
Probleme hätten sich bislang auf interne Auseinandersetzungen zwischen den Bewohnern beschränkt. Dabei komme es durchaus zu Fällen von Sachbeschädigung oder Handgreiflichkeiten, räumt Büdel ein. Daher wurde die Einrichtung im Sommer bereits erstmals saniert und gereinigt.
"Wir stehen in engem Kontakt mit der Polizei", so Schwerdtner. Das Polizeirevier werde über die Belegung des Hauses auf dem Laufenden gehalten. Außerdem sei dort ein Schlüssel zur Notunterkunft hinterlegt – zum einen, um eilige Notfälle in der Unterkunft unterbringen zu können, zum andern auch damit die Beamten bei Zwischenfällen schnell einschreiten können.