Seit drei Jahren lebt Gabriele Fischer mit ihrem Mann und ihren beiden Söhnen in Bad Säckingen – ein Auto hat die Familie nicht, hatte sie noch nie. Mobil sind sie hauptsächlich mit Bus und Bahn. „Es geht schon ohne Auto mobil zu sein, aber es erfordert ein gewisses Maß an Organisation“, findet Fischer.
Eine große Umstellung
Eine Umstellung war es aber trotzdem. Denn: Bevor die vierköpfige Familie in Bad Säckingen heimisch wurde, lebte sie in der Millionenmetropole Sao Paulo in Brasilien. Und da sei die Infrastruktur deutlich besser gewesen, als hier.
„Wenn es so geregnet hat, dass an Laufen nicht zu denken war, konnte man dort einfach ein Taxi rufen. Das ist hier undenkbar, denn es ist viel zu teuer“, so Fischer. Einiges von dem Angebot, das aus Brasilien nicht wegzudenken wäre, würde sie sich auch hier wünschen. Beispielsweise sei es dort Gang und Gäbe sich für Fahrten einen Uber zu rufen. „Über Uber-Fahrten würde ich mich auch hier freuen“, sagt sie.
Das Dorf ist keine Option
Obwohl es in Bad Säckingen bedeutend schwerer ist, als in Brasilien, will die Familie auch hier auf ein Auto verzichten. Wichtig sei es für die Familie, so Fischer, dass sie zentral in der Stadt wohnen. „Auf dem Dorf zu wohnen ist für uns keine Option“, sagt sie entschieden.
Denn das würde sie in ihrer Mobilität nicht nur enorm einschränken, sondern auch den Alltag erschweren. „Ich habe Freundinnen, die in Rickenbach wohnen. Die gehe ich nie besuchen, weil die Verbindungen so schlecht sind. Sie kommen immer mich besuchen“, erzählt sie.
Dass Fischers Kinder inzwischen 17 und 19 Jahre alt sind, habe die Entscheidung sich kein Auto anzuschaffen auf jeden Fall leichter gemacht. Als die Kinder noch klein gewesen seien, habe die Familie oft ihre Eltern in Bad Säckingen besucht. Zugfahrten, so erinnert sie sich, seien eine Katastrophe gewesen. Denn nicht immer war es einfach mit einem Kinderwagen in den Zug zu kommen.
Dieses Problem hat sie heute nicht mehr. Ihre Söhne sind selbstständig mit Bus und Bahn unterwegs. Doch auch da gibt es manchmal Schwierigkeiten: Hat der 17-jährige Sohn eine Abendveranstaltung an seiner Schule in Waldshut, muss er darauf achten, dass er den letzten Zug nach Bad Säckingen noch erwischt. Abholen kann ihn seine Mutter nämlich nicht.
Kaum Ausflüge aufs Land
Auch Ausflüge müssen frühzeitig geplant werden. Möchte die Familie Fischer beispielsweise einen Ausflug in eine Stadt machen, vergleicht sie vorher schon die Preise, um möglichst die günstigste Fahrt zu erwischen. Das sei aber gar nicht so aufwendig, so Fischer.
Ausflüge in eine ländlichere Gegend macht die Familie hingegen selten. Der Grund: Das hin und wieder weg kommen ist mit öffentlichen Verkehrsmitteln deutlich schwerer, als bei einem Ausflug in die Stadt.
Deswegen wünscht sich Fischer einen Autoverleih in Bad Säckingen. Um sich derzeit ein Auto zu leihen, müsse sie nämlich bisher nach Basel oder Rheinfelden und das sei ganz schön umständlich, findet sie. Auch das Car-Sharing Angebot sei hier sehr bescheiden.
Ganz auf das Auto verzichten, will die Familie also nicht. „Es ist schon so, dass man ohne Auto eingeschränkt ist“, gibt die 54-Jährige zu. Ab und zu ein Auto zur Verfügung zu haben, wäre für sie schon wünschenswert.
Die Vor- und Nachteile
Den ganz normalen Alltag bestreitet Fischer mit ihrer Familie aber ohne Auto. Zugfahren sei entspannter. Außerdem könne Fischer, die sich sehr für die Fotografie interessiert, auch oft durch Zugfahrten schöne Landschaftsmotive finden. „Die Wahrnehmung ist einfach viel besser ohne Auto„, davon ist Fischer überzeugt. Außerdem sei ihr auch der Naturschutzgedanke wichtig. „Der ist mit den Jahren immer weiter gewachsen“, so Fischer.
Trotzdem weiß sie: Wer den Alltag komplett ohne Auto bestreiten will, braucht Zeit. Sie selbst arbeitet von Zuhause aus und kann auf die Mithilfe ihrer Familie zählen. „Beim Einkaufen müssen alle mit anpacken“, erzählt die 54-Jährige. Gerade bei schweren Getränken müssen ihre Söhne oder ihr Mann ran. Dann klappt das. Klar, müsse auch sie manchmal ihren inneren Schweinehund überwinden, um auch bei Regen das Haus zu verlassen, aber das gehöre nun einmal dazu.
Schade sei es, dass sie immer mehr Menschen beobachten würden, die alleine in ihrem Auto sitzen. Das sei aber auch der Unattraktivität der öffentlichen Verkehrsmittel geschuldet, findet sie. „Wenn es für mich unangenehm ist öffentliche Verkehrsmittel zu nutzen, mache ich es auch nicht“, so Fischer. Bus- und Zugfahren müsste also attraktiver werden. Heißt: Bessere Verbindungen vor allem in die ländlicheren Gegenden und die angrenzende Schweiz und sauberere Züge. Dann, so ist Fischer überzeugt, würden viel mehr Meschen auf öffentliche Verkehrsmittel umsteigen.