Vergammelte Speisen, stark verschmutzte Arbeitsflächen oder eine falsche Lagerung von Fleisch oder Fisch – all dies bleibt für den Gast bei einem Restaurantbesuch meist im Verborgenen. Erst wenn er nach dem Essen Bauchschmerzen bekommt, ahnt er Schlimmeres. Doch die Hygienezustände der Betriebe müssen nicht hinter den Kulissen bleiben. Denn die Bundesregierung hat erst im April eine Gesetzesänderung beschlossen, wonach Behörden erhebliche Hygieneverstöße der Betriebe künftig sofort nach Feststellung für sechs Monate öffentlich machen müssen. Voraussetzung: Für den Verstoß wurde bei der Kontrolle ein Bußgeld von mindestens 350 Euro fällig.

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  • Wie sieht die Situation in den Bad Säckinger Gaststätten aus? Aufatmen heißt es da für Verbraucher in Bad Säckingen und Umgebung. Denn auf der Internetseite des Amts für Veterinärwesen und Lebensmittelüberwachung des Landkreises Waldshut ist die Liste der Kontrollergebnisse schlichtweg leer. Amtsleiter Klaus Reuther erklärt das folgendermaßen: „Wir sind jeden Tag unangekündigt für Kontrollen in Betrieben unterwegs. Dabei gibt es Beanstandungen. Aber wir hatten bis jetzt noch keinen Fall mit einem solch gravierenden Hygieneverstoß.“ Auch in den Nachbarlandkreisen Lörrach und Breisgau-Hochschwarzwald finden sich keine Ergebnisse.
  • Wie verläuft eine solche Kontrolle? Kontrolliert wird unangekündigt in einem bestimmten Turnus oder wenn ein Gast einen Erkrankungsfall bei der Behörde meldet. „Wir machen jede Schublade auf und schauen rein. In manchen Betrieben müssen wir schon suchen, in anderen sehen wir aber auch auf den ersten Blick das etwas mit der Grundhygiene nicht stimmt“, sagt Reuther. Zu schweren Verstößen zählen laut Reuther zum Beispiel verdorbene Lebensmittel, die mangelnde Grundhygiene von Mitarbeitern selbst, defekte Geräte oder eine nicht ausreichende Reinigung.
  • Wie oft werden die Betriebe kontrolliert? Die Kontrolleure begutachten alle Lebensmittelbetriebe im Landkreis von Restaurants über den Kiosk bis zur Lebensmittelfabrik. Alle bekommen eine Risikoeinstufung. Jene mit geringem Risiko, zum Beispiel ein Getränkehändler, werden alle drei bis fünf Jahre kontrolliert. Betriebe mit höherem Risiko wie etwa eine Metzgerei oder ein Döner-Imbiss werden jährlich kontrolliert. Bei Verstößen könne der Turnus sogar auf bis zu drei bis sechs Monate sinken, erklärt Reuther.
  • Kann jeder die Ergebnisse der Kontrollen erfahren? Ja. Laut dem Verbraucherinformationsgesetz haben alle Verbraucher das Recht, dass die Behörden ihnen die amtlichen Kontrollergebnisse der Lebensmittelüberwachung herausgegeben. So kann jeder erfahren, wie sauber sein Lieblingsrestaurant ist. Von diesem Gesetz lebt die Online-Plattform „Topf Secret“ des Vereins Foodwatch, die es seit Januar dieses Jahres gibt. Hier können Restaurantbesucher die Herausgabe der letzten beiden Kontrollberichte ihres Wunschbetriebes beantragen. Auf der Internetseite wird nicht nur die Korrespondenz der Antragsteller mit den Behörden veröffentlicht, sondern hier kann auch der Kunde selbst seine beantragten Ergebnisse online stellen. Zu Bad Säckinger Gastronomiebetrieben wurden im letzten halben Jahr zehn Anträge gestellt. Die Ergebnisse zu den Bad Säckinger Kontrollen kann man dort aber nicht lesen. Denn die Antwort der Behörden lautete oftmals: „Die Ergebnisse konnten nicht zugestellt werden.“ Man vermuten, dass die Behörde die Ergebnisse nicht veröffentlichen will, doch dem ist laut Klaus Reuther nicht so: „Wir haben mehrere Berichte schon zugestellt, aber nur an die Antragsteller direkt, nicht an die Online-Plattform. Wir verschicken die Berichte per Post und oft gibt der Antragsteller seine Adresse nicht an“. Auch der betroffene Betrieb dürfe erfahren, wer den Antrag gestellt habe. Weil aber viele der Antragsteller anonym bleiben wollten, würden sie ihren Antrag wieder zurückziehen, so Reuther.

Zur Hygiene- und Lebensmittelüberwachung und deren Veröffentlichung gibt es unterschiedliche Gesetze:

  • Wie viele Beanstandungen gibt es deutschlandweit? Über 30 000 Anfragen gab es mittlerweile bei Topf Secret, 4 000 davon in Baden-Württemberg. „Jeder vierte Betrieb deutschlandweit wurde beanstandet, überwiegend wegen Hygienemängel“, sagt Dario Sarmadi, Pressesprecher von Foodwatch aus Berlin. „In Deutschland bleibt die Beanstandungsquote seit zehn Jahren konstant bei etwa 25 Prozent“, so Sarmadi. In Dänemark wiederum habe sich seit der Einführung eines Smiley-Systems viel getan. Dort erfahren die Verbraucher direkt an der Ladentür und im Internet anhand von Smileys, wie es um die Sauberkeit in den Lebensmittelbetrieben steht. Wenige Jahre nach Einführung dieses Systems im Jahr 2002 hat sich die Quote der beanstandeten Betriebe halbiert – von 30 auf rund 15 Prozent.
  • Was sagen die Gastronomen zu den Veröffentlichungen? Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) hat schon mehrmals gegen Topf Secret geklagt und wehrt sich gegen die Veröffentlichungen. Sie würden die Gefahr bergen, dass Gastronomen auf Dauer stigmatisiert werden. Dies sieht auch Alexandra Mußler so, die Vorsitzende der Dehoga-Kreisstelle Bad Säckingen: „Ich bin gegen eine solche Veröffentlichung, sie wird nicht mehr geändert, auch wenn sich die Zustände ändern oder gar der Besitzer wechselt. Dann ist der Betrieb am Pranger“, sagt die Betreiberin des Hotel-Restaurants Alexandras Storchen Rheinfelden. „Wenn man das einmal liest, dann geht das nicht mehr aus dem Kopf“. Auch ein Smiley-System wie in Dänemark sei für sie zu langfristig. Für eine Strafe von 350 Euro müsse ohnehin etwas Schwerwiegendes passieren. Das Lokal werde dann noch zwei bis drei Mal kontrolliert und im Notfall geschlossen. „Hier am Hochrhein können wir uns solche Verstöße sowieso nicht erlauben“, sagt die Gastronomin. „Ich finde es gut, dass es eine Kontrollfunktion gibt, aber die Ergebnisse müssen nicht in die Öffentlichkeit gelangen.“