Eigentlich wollte Raimund Hupfer in Sachen Energiewende mit gutem Beispiel vorangehen. Der Lienheimer plante auf seiner Dachfläche eine Photovoltaik-Anlage mit 9,35 Kilowatt peak Leistung. Doch die Energieversorgung Klettgau-Rheintal (EVKR), der für dieses Gebiet zuständige Netzbetreiber, macht diesen Plänen ein vorzeitiges Ende.

Denn nicht nur dürfte Hupfer den selbst produzierten Sonnenstrom nicht ins Netz des Energieversorgers einspeisen. Die EVKR lässt auch nicht zu, dass Hupfer den Strom für den Eigenbedarf nutzt. Hierfür werden technische Gründe angeführt. Doch selbst Fachmann Sebastian Kaiser, Geschäftsführer des Solaranlagen-Fachbetriebs Enerix Südschwarzwald, der mit Planung und Bau der Anlage beauftragt ist, kann diese Begründung nicht nachvollziehen.

Eigene PV-Anlage lang gehegter Wunsch

Aber der Reihe nach: Bereits vor zwei Jahren habe er allmählich den Plan entwickelt, das Dach seines Wohnhauses für Photovoltaik zu nutzen, sagt Hupfer. Zwar sei bekannt, dass die EVKR bei ihren Netzkapazitäten Defizite hat, die eine dezentrale Stromeinspeisung momentan in vielen Bereichen nicht zulassen, und die in den kommenden Jahren sukzessive behoben werden sollen, so Hupfer. Deshalb habe ihn die temporäre Ablehnung seines Antrags auf Anschluss der geplanten Anlage ans Stromnetz nicht überrascht.

Konkret hält die EVKR in ihrem Ablehnungsschreiben, das unserer Zeitung vorliegt, fest: „Unsere Netzverträglichkeitsprüfung hat ergeben, dass die PV-Anlage aktuell nicht an das Niederspannungsnetz der EVKR angeschlossen werden kann.“ Denn die Kapazitäten seien durch die bereits vorhandenen PV-Anlagen bereits komplett ausgelastet. Somit könne er die Anlage zwar errichten, aber nicht betreiben, heißt es in dem Schreiben des Energieversorgers weiter.

Für ihn sei das an sich auch nicht Kern des Problems, betont Raimund Hupfer, denn er betrachte das Vorhaben in erster Linie als Investition in die Zukunft: „Vorübergehend wäre es für mich auch völlig in Ordnung, den Strom für den Eigenbedarf zu nutzen.“

Das habe mit dem Wunsch zu tun, einen Teil zur Energiewende beizutragen, aber auch ganz praktische Erwägungen seien wichtige Motivationspunkte, schildert Hupfer: „Perspektivisch wollen wir uns ein Elektro-Auto anschaffen“, auch eine neue Heizung stehe im Raum, eventuell eine Wärmepumpe statt Öl oder Gas. Gründe genug also, eine eigene Solaranlage zu betreiben.

Aber auch diesem Ansinnen schiebt die EVKR einen Riegel vor – aus „technischen Gründen“, wie es in der Absage heißt. Unmut habe bei ihm vor allem der Umstand hervorgerufen, dass diese Entscheidung trotz telefonischer Nachfrage nicht plausibel erklärt worden sei, so Hupfer: „Es hieß einfach, das geht nicht.“

Fachmann hält Gründe Ablehnung für nicht stichhaltig

Auch Fachmann Sebastian Kaiser kann nur verständnislos den Kopf schütteln. Pro Jahr installiere er zwischen Weil am Rhein und Blumberg an die 100 PV-Anlagen auf private Hausdächer. Mit acht verschiedenen Energieversorgern habe er es dabei zu tun. Aber: „Dass eine Nulleinspeisung, also eine komplette Eigennutzung des Stroms, nicht erlaubt wird, das kenne ich nur von der EVKR.“

In deren Versorgungsgebiet habe er allein drei Kunden, die aufgrund von Kapazitätsengpässen Probleme haben. Diese Engpässe sollen zwar sukzessive in den nächsten Jahren behoben werden, wie der Energieversorger auf seiner Homepage darstellt. Allerdings kann es je nach Priorisierung des Gebiets zwischen einem und drei Jahren dauern, bis diese Arbeiten abgeschlossen sind.

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Im Fall von Raimund Hupfer wäre es 2025 so weit. So lange würde er eben, wenn er denn dürfte, den produzierten Strom selbst nutzen. Laut Kaiser sei dieses Ansinnen eigentlich lobenswert: „Für einen Anlagenbetreiber ist die Nulleinspeisung wirtschaftlich deutlich weniger attraktiv als wenn er den Strom ins Netz einspeisen würde.“ Noch dazu sei sein bisheriger Stromverbrauch mit 2600 Kilowattstunden pro Jahr unterdurchschnittlich, fügt Hupfer hinzu.

Die Ablehnung dieses Wunschs unter Verweis auf technische Probleme, die dies verhinderten, hält Kaiser daher für einigermaßen undurchsichtig: „Moderne Managementsysteme können das ohne Weiteres gewährleisten, dass kein Strom ins allgemeine Netz eingespeist wird, wenn dies nicht möglich ist“, schildert er.

Die EVKR bleibt bei ihrer Ablehnung

Die Energieversorgung Klettgau-Rheintal ist in den vergangenen Monaten immer wieder mit derartigen Problemen konfrontiert worden. Gegenüber unserer Zeitung hatte EVKR-Geschäftsführer Andreas Linger im November erklärt: „Der Begriff Nulleinspeisung ist irreführend, weil trotzdem eine Restmenge wieder eingespeist werden kann, und wir dann keine Kontrolle mehr über unser Netz hätten.“

Im Regelwerk für Energieversorger stehe das Prinzip der Nulleinspeisung nicht, „wir sind dazu also nicht verpflichtet“, so Linger damals. An diesem Sachverhalt wie auch am Standpunkt der EVKR habe sich nichts geändert, betont Carlo Groß, Kaufmännischer Leiter des Energieversorgers, jetzt auf Anfrage.

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Unabhängig von technischen Aspekten existiere derzeit noch immer keine rechtlich-technische Grundlage für den Anschluss von Erzeugungsanlagen mit Nulleinspeisung an ein Elektrizitätsversorgungsnetz.

Die bestehenden Netzengpässe werden derweil systematisch abgearbeitet und behoben, versichert Groß: „Sie sind in der Netzausbauplanung berücksichtigt und die erforderlichen finanziellen Mittel stehen bereit.“ Sobald feststeht, zu welchem Zeitpunkt die jeweiligen Bauarbeiten durchgeführt werden, werde die „Netzengpass-Liste“ auf der EVKR-Homepage aktualisiert.

Für Kunden noch keine Kosten entstanden

Raimund Hupfer bleibt also nichts anderes übrig als zu warten, bis die Ausbau-Bemühungen seine Straße erreichen. Das soll laut derzeitigem Planungsstand 2025 der Fall sein.

„Noch sind dem Kunden in diesem Fall keine Kosten entstanden. Nur Ärger“, erklärt PV-Anlagen-Experte Sebastian Kaiser. Es sei generell als Zumutung zu werten, dass einem Kunden ein solches Projekt in der heutigen Zeit verwehrt bleibe. „Wenn sich jemand nicht genau mit der Materie auskennt, sorgen solche Fälle nur für Probleme – und für Verunsicherung“, ist Kaiser überzeugt. Und diese Unsicherheiten zögen erfahrungsgemäß Kreise, weit über das Versorgungsgebiet der EVKR hinaus.

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