Wer seinen Beitrag zur Energiewende leisten möchte, setzt auf erneuerbare Energien. Viele Eigenheimbesitzer wollen oder sind deswegen bereits dabei, ihr Haus mit einer Photovoltaik-Anlage (PV) auszurüsten.

Doch was ist, wenn sie diesem Wunsch gar nicht nachkommen können, weil der zuständige Netzbetreiber einen Riegel vorschiebt? Genau dieser Fall sorgt im Klettgau nach einem Bericht des SWR aktuell für Diskussionen in den sozialen Netzwerken.

Was ist das Problem im östlichen Landkreis Waldshut?

Auslöser dafür ist, dass der Netzbetreiber Energieversorgung Klettgau-Rheintal (EVKR) beim Ausbau der PV-Anlagen die Reißleine gezogen hat. Der Anbieter verweist auf seiner Webseite auf „Netzengpässe im Versorgungsnetz“ und nennt mehrere Bereiche, in denen „mit großer Wahrscheinlichkeit keine weiteren neuen Erzeugungsanlagen angeschlossen werden.“

Davon sind nicht nur Straßenzüge in der Gemeinde Klettgau, sondern auch in Hohentengen, Jestetten und Lottstetten betroffen. Wer wissen möchte, welche Ortsteile und Straßen genau betroffen sind, kann das im Internet nachschauen.

Das sagt der Geschäftsführer der EVKR

Andreas Linger, Geschäftsleitung der EVKR, teilt auf Nachfrage mit: „In den letzten vier bis fünf Monaten sind wir durch den massiven Zubau an Photovoltaik-Anlagen überrollt worden.“

Alle vier Gemeinden, die der Netzbetreiber mit Energie versorgt, sind von den Engpässen betroffen. Aber warum werden auch keine Photovoltaik-Anlagen genehmigt, die nach der Technologie der Nulleinspeisung funktionieren? Dabei wird durch intelligente Steuerungsmodule dafür gesorgt, dass Solarstrom nicht ins Netz eingespeist, sondern für den Eigenverbrauch genutzt wird.

„Der Begriff ist irreführend, weil trotzdem eine Restmenge wieder eingespeist werden kann, und wir dann keine Kontrolle mehr über unser Netz hätten“, antwortet Linger. Im Regelwerk für Energieversorger stehe das Prinzip der Nulleinspeisung nicht, „wir sind dazu also nicht verpflichtet.“ Er wisse dennoch von anderen Energieversorgern, die die Nulleinspeisung trotz Risiko zulassen würden.

Wie geht es überregional und regional weiter?

Andreas Linger ist sich sicher: „Engpässe werden auch anderswo kommen, nicht nur bei uns.“ Aktuell seien die Mitarbeiter der EVKR gerade dabei, die Zielnetzplanung zu aktualisieren, um „den Netzausbau so schnell wie möglich voranzutreiben.“

Stefan Drayer, Elektromeister aus Klettgau, ist sauer. „Wir können garantieren, dass bei der Nulleinspeisung nichts zurückgespeist wird.“ An der Situation müsse sich definitiv etwas ändern, denn auch Drayer sieht die Engpässe in Klettgau und dem Rheintal erst als Anfang. Nächsten Donnerstag habe der Firmenchef deswegen ein Gespräch mit dem Umweltministerium in Stuttgart.

Firmenchef Stefan Drayer.
Firmenchef Stefan Drayer. | Bild: Melissa Bury

„Wenn die Energiewende in Deutschland wegen Kupferkabeln scheitert, ist das ein Imageschaden für das ganze Land.“ Fest steht: Solange sich nichts ändert, müssen die von der EVKR abgelehnten Anmeldungen seiner Firma und die dort gelagerten Photovoltaik-Anlagen erst mal liegenbleiben.

Denn: „PV-Strom ohne genehmigte Anmeldung einzuspeisen, ist unter keinen Umständen möglich. Schließt ein Installateur eine nicht genehmigte Anlage trotzdem an, kann er seine Konzession verlieren und er muss mit weiteren Konsequenzen rechnen.“

Auch finanziell sind abgelehnte Anmeldungen ein Desaster

Auch bei einem abgelehnten Antrag haben PV-Installateure Arbeitsleistung erbracht und Zeit investiert. „Diese Arbeit können wir dem Kunden bei einer Ablehnung des Antrages nicht in Rechnung stellen, unsere Arbeit war somit wortwörtlich umsonst, sagt Drayer.

In einigen Fällen müsse Material wegen langer Lieferzeiten weit im Voraus bestellt werden. Wird dann der Antrag abgelehnt, blieben die Installateure auf dem Material und den Kosten sitzen. „In der Vergangenheit mussten wir aufgrund von Lieferengpässen Material einkaufen und auf Lager legen, um handlungsfähig zu bleiben. Dieses Material war auch für Anlagen reserviert, die abgelehnt wurden.“

Weil die Preise seit dem Sommer wieder sinken, „müssen wir jetzt die teuer eingekauften Module, die für die abgelehnten Anlagen eingeplant waren, zu viel günstigeren Preise weiter verkaufen, wodurch wir finanzielle Einbußen haben.“

So ist die Situation in Waldshut-Tiengen

Auch die Stadtwerke Waldshut-Tiengen werden seit einiger Zeit von Anträgen überflutet. „Die Vielzahl der Anträge ist enorm und belastet das Personal zusätzlich. Lange Wartezeiten sind dadurch für den Kunden unvermeidbar“, schreibt Andreas Rutschmann, Prokurist und Leiter des Technischen Bereichs.

Zu Netzengpässen wie bei der EVKR im Klettgau und dem Rheintal sei es bisher trotzdem nicht gekommen. „Selbstverständlich gibt es auch hier und da Strecken, die nicht immer wie gewünscht mit PV ausgebaut werden können.“ Ein Verbot der Einspeisungen durch Netzengpässe sei deshalb nicht absehbar.
Das in einzelnen Gebieten nur eine reduzierte Leistung genehmigt werde, sei auch heute schon gegenwärtig.

Nulleinspeisung ist bisher noch kein Thema

Die Nulleinspeisung sei bei den Stadtwerken Waldshut-Tiengen zur gegebenen Zeit noch nicht praktiziert worden. Andreas Rutschmann erklärt: „Das liegt daran, dass es noch nicht notwendig ist und noch keine Anträge diesbezüglich gestellt wurden.“ Sollte es irgendwann soweit kommen, bezieht der Prokurist schon jetzt eine klare Stellung. „Die Stadtwerke werden sich dem Thema Nulleinspeisung nicht entgegenstellen. Wir sehen das als gute Praxis bei eventuellen Netzengpässen in Gebieten, wo solche entstehen könnten.“

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