Von Waldshut oder Bad Säckingen aus mal einen Ausflug in den östlichsten Zipfel des Landkreises machen? Eine schöne Idee, für die sich die Sommerwochen anbieten. Also geht es an einem Samstagmorgen spontan mit dem 8.32 Uhr Schienenersatz-Bus von Waldshut nach Erzingen und fahre mit der Schweizer Bahn weiter über Schaffhausen zur Station „Neuhausen Rheinfall“. Nach einer Stunde und 15¦Minuten Fahrtzeit ist das Ziel erreicht – und schon vom Bahnsteig aus gibt es einen fantastischen Blick auf den Rheinfall.

Tosende Wassermassen stürzen hier auf einer Breite von bis zu 150 Metern 23 Meter in die Tiefe. Je nach Betrachtungsweise ist der Rheinfall der größte Wasserfall Europas. Und mit dem Hochwasser, das im Sommer 2024 noch deutlich zu spüren ist, ist der Anblick einfach nur gewaltig. Jedes Geländer am Wegesrand bebt, die Gischt ist in der Luft und auf der Haut zu spüren.

Rheinfall Schaffhausen bei Hochwasser.
Rheinfall Schaffhausen bei Hochwasser. | Bild: Sira Huwiler-Flamm

Am alten Mühlrad vorbei geht es einmal um das Rheinfallbecken herum. Ausflugsschiffe sind zu sehen, die aufgrund der gewaltigen Wassermenge an diesem Tag den Mittelfelsen nicht anfahren können. Menschen aus aller Welt knipsen Fotos und Staunen.

Bild 2: Ausflug in den Jestetter Zipfel: Acht Mal geht es über die Grenze
Bild: Sira Huwiler-Flamm

Man könnte ewig hier verweilen. Vom Rheinfall aus geht es flussabwärts den Uferweg zu entlang, um zu Fuß den mehrfachen Wechsel zwischen der Schweiz und dem deutschen Jestetter Zipfel zu erleben.

Gleich zu Beginn der erste Dämpfer: Wegen des Hochwassers ist der Uferweg zwischen Neuhausen und Jestetten gesperrt. Also geht es einfach drum herum und den hinauf über blühende Wiesen, üppige Felder und das Dörfchen Altenburg nach Rheinau zu gelangen.

Eine leuchtende Sonnenblume im Kornfeld bei Altenburg.
Eine leuchtende Sonnenblume im Kornfeld bei Altenburg. | Bild: Sira Huwiler-Flamm

So viel sei verraten: Schön ist dieser Umweg, der größtenteils entlang befahrener Teerstraßen verläuft, nicht. Als Alternative empfiehlt es sich, das Schiff bis Rheinau zu nehmen. Vier Mal pro Tag verkehrt es. Die 35-minütige Fahrt wird als Sieben-Kilometer-Abenteuer durch den „rheinischen Amazonas“ beschrieben.

Nach knapp zwei Stunden ist die alte Zollbrücke zwischen Altenburg und Rheinau zu sehen.

Die alte Zollbrücke über den Rhein verbindet den Jestetter Ortsteil Altenburg mit Rheinau im Kanton Zürich.
Die alte Zollbrücke über den Rhein verbindet den Jestetter Ortsteil Altenburg mit Rheinau im Kanton Zürich. | Bild: Sira Huwiler-Flamm

Der Blick auf den türkis funkelnden Rhein entlohnt für die Strapazen.

Ein Blick aus dem Fenster der alten Zollbrücke zwischen Altenburg und Rheinau.
Ein Blick aus dem Fenster der alten Zollbrücke zwischen Altenburg und Rheinau. | Bild: Sira Huwiler-Flamm

Über die Holzbrücke geht es und nach dem kurzen Wander-Abstecher in den Landkreis Waldshut befindet man sich wieder in der Schweiz, diesmal im Kanton Zürich.

In Rheinau geht es wieder kurz bergauf, dann begrüßt den Besucher ein wunderhübsches Örtchen mit Fachwerkhäusern, blühenden Vorgärten, belebten Außengastronomien und einem grünen Berg, auf dem eine kleine Kirche thront.

Rheinau, Kanton Zürich, Klosterinsel, Kloster, Hochrhein, Schweiz, große Klosterkirche, Fachwerk – aufgenommen im Juli 2024
Rheinau, Kanton Zürich, Klosterinsel, Kloster, Hochrhein, Schweiz, große Klosterkirche, Fachwerk – aufgenommen im Juli 2024 | Bild: Sira Huwiler-Flamm

Folgt man den Schildern in Richtung „Klosterkirche“ ist nach einer Kurve endlich die imposante Kirche mit ihren dunkelroten und goldverzierten Doppeltürmen zu sehen.

Rheinau, Kanton Zürich, Klosterinsel, Kloster, Hochrhein, Schweiz, große Klosterkirche, Fachwerk – aufgenommen im Juli 2024
Rheinau, Kanton Zürich, Klosterinsel, Kloster, Hochrhein, Schweiz, große Klosterkirche, Fachwerk – aufgenommen im Juli 2024 | Bild: Sira Huwiler-Flamm

Von etwa 778 bis ins Jahr 1862 befand sich hier ein Benediktiner-Kloster. Und deren Gotteshaus gilt heute als eine der schönsten Barockkirchen der Schweiz.

Rheinau, Kanton Zürich, Klosterinsel, Kloster, Hochrhein, Schweiz, große Klosterkirche, Fachwerk – aufgenommen im Juli 2024
Rheinau, Kanton Zürich, Klosterinsel, Kloster, Hochrhein, Schweiz, große Klosterkirche, Fachwerk – aufgenommen im Juli 2024 | Bild: Sira Huwiler-Flamm

Sie befindet sich auf einer Insel zwischen zwei Rheinarmen. Die Klosterinsel erreicht man über eine massive Steinbrücke.

Rheinau ist heute fast komplett von der Gemeinde Jestetten umschlossen und hat nur einen schmalen Zugang zum Kanton Zürich, ebenso wie Jestetten heute fast komplett von Schweizer Gebiet umgeben ist und nur einen kleinen Zugang zum Landkreis Waldshut hat.

Rheinau, Kanton Zürich, Klosterinsel, Kloster, Hochrhein, Schweiz, große Klosterkirche, Fachwerk – aufgenommen im Juli 2024
Rheinau, Kanton Zürich, Klosterinsel, Kloster, Hochrhein, Schweiz, große Klosterkirche, Fachwerk – aufgenommen im Juli 2024 | Bild: Sira Huwiler-Flamm

Wirft man einen Blick in die Geschichte, wird klar: Deutschland und die Schweiz, Jestetten und Rheinau, waren über Jahrhunderte eng miteinander verwoben. Erst die starren Nationalstaaten als Erfindung des 19. Jahrhunderts brachten ein Stück weit die Entfremdung mit sich. Jestetten unterlag zum Beispiel über eine lange Zeit der niederen Gerichtsbarkeit des Klosters Rheinau und der Schaffhauser Adelsfamilie Jünteler.

Einmal quer durch den Ort, vorbei an der kleinen Bergkirche und grasenden Alpakas, ist der an Deutschland angrenzende Rheinarm wieder gefunden.

An meist schattigen Uferwegen geht es nun über Wurzelpfade auf einer rund vier Kilometer langen Wanderung nach Ellikon. Auf der gegenüberliegenden deutschen Rheinseite sind immer wieder Menschen zu sehen, die die Sommersonne genießen oder sich mit Schlauchbooten den Fluss hinabtreiben lassen. Bootsfahrer winken, Hunde fangen Stöcke und springen an steinigen Stränden schwanzwedelnd ins kühle Wasser.

Bauerngärten und Fachwerkhäuser in Ellikon am Rhein ziehen die Blicke auf sich.
Bauerngärten und Fachwerkhäuser in Ellikon am Rhein ziehen die Blicke auf sich. | Bild: Sira Huwiler-Flamm

Am Ortseingang von Ellikon verzücken Bauerngärtchen und erneut Fachwerkhäuschen. Und dann steht ein weiterer Höhepunkt des Tages an: Mit der historischen Rüedifaar geht es zurück nach Deutschland. Eine große Metallglocke am Ufer wird geläutet und schon 30 Sekunden später steht das Boot parat.

Die Rüedifaar ist eine Rheinfähre zwischen dem schweizerischen Ellikon (Kanton Zürich) und dem Deutschen Nack (Ortsteil von Lottstetten, ...
Die Rüedifaar ist eine Rheinfähre zwischen dem schweizerischen Ellikon (Kanton Zürich) und dem Deutschen Nack (Ortsteil von Lottstetten, Landkreis Waldshut). Das Boot wird nur mit Wasserkraft über den Rhein bewegt. Hochrhein, Fähre. (Aufgenommen im Juli 2024) | Bild: Sira Huwiler-Flamm

Für drei Franken geht es an einer Schnur, alleine angetrieben durch die Kraft der Rheinströmung, hinüber. Geschickt lenkt der Fährmann das kleine Boot an die Anlegestelle in Nack, so wie es Dutzende Generationen von Fährleuten schon vor ihm gemacht haben.

Die Rüedifaar ist eine Rheinfähre zwischen dem schweizerischen Ellikon (Kanton Zürich) und dem Deutschen Nack (Ortsteil von Lottstetten, ...
Die Rüedifaar ist eine Rheinfähre zwischen dem schweizerischen Ellikon (Kanton Zürich) und dem Deutschen Nack (Ortsteil von Lottstetten, Landkreis Waldshut). Das Boot wird nur mit Wasserkraft über den Rhein bewegt. Hochrhein, Fähre. (Aufgenommen im Juli 2024) | Bild: Sira Huwiler-Flamm

Die Fähre war in dieser Gegend nämlich viele Jahrhunderte die einzige Handelsverbindung über den Rhein.

In Nack angekommen geht es über bewaldete Trampelpfade weiter bis ins Schweizer Nachbardorf Rüdlingen, das von Weinbergen umgeben ist. Nach 23 Kilometern zu Fuß der Wechsel in den Bus nach Rafz, dann mit über Lottstetten, Jestetten und Schaffhausen wieder zurück nach Waldshut. Im Zipfel verkehrt nämlich die Schweizer Bahn S9.

Acht Grenzübertritte an einem Tag

„Komplett umschlungen von der Schweiz. Der Jestetter Zipfel, mit einer Grenzlänge von 55 Kilometer zur Schweiz bei lediglich einem Zugang von rund einem Kilometer Breite zum Rest des Landkreises, ist ein außergewöhnliches Gebilde“ – so hat es SÜDKURIER-Reporter Ralf Göhrig einmal beschrieben. Insgesamt geht es an diesem Tag achtmal über die Grenze. Hier wird Verbundenheit, Nachbarschaft und Heimat greifbar.

Die Planung

  • Der Rheinfall ist mit dem Auto oder per Bahn erreichbar. Eintritt kostet der Besuch des Wasserfalls selbst keinen. Schiffsfahrten gibt es ab 6 Franken pro Person. Vor Ort gibt es neben einem Museum im Schloss Laufen auch Spielplätze und Gastronomie (Informationen: https://rheinfall.ch).
  • Mit dem Schiff nach Rheinau:Je um 11.30, 13, 14.30 und 16 Uhr fährt in dieser Saison ein Schiff vom Schlössli Wörth am Rheinfall zum Kraftwerk Rheinau. Die Fahrt dauert 35 Minuten (Informationen: www.oev-info.ch).
  • Die Klosterinsel Rheinau kann auf eigene Faust besichtigt werden. Es gibt aber auch individuelle Führungen (Infos: www.kathrheinau.ch) und Konzerte (https://www.rheinauerkonzerte.ch).
  • Die Rüedifaar ist eine historische Fährverbindung über den Rhein zwischen Ellikon (Kanton Zürich) und Lottstetten-Nack. Sie verkehrt von April bis Mitte Oktober freitags, samstags, sonn- und feiertags von 10 bis 12 und 13 bis 19 Uhr. Die einfache Überfahrt kostet drei Franken (Infos: www.rheinfaehre-ellikon.ch).
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