Kreis Waldshut – Es gibt immer mehr alleinstehende alte Menschen. Deshalb steigt auch der Bedarf an gesetzlichen Betreuern. Nachdem der Gesetzgeber den Schritt zum Berufsbetreuer erschwert hat, wird der Kreis Waldshut die Ausbildung nun künftig entweder ganz oder als zinsloses Darlehen finanzieren. Der Kreistag stimmte dem Vorschlag des Sozialamtes mit großer Mehrheit zu – auch im finanziellen Interesse des Landkreises selbst.

Falls dem Kreis nämlich die freiberuflichen oder ehrenamtlichen Berufsbetreuer ausgehen, dann verpflichtet das Betreuungsgericht das Sozialamt zu dieser behördlichen Aufgabe. Dieses hat jetzt schon Personalsorgen und müsste laut Amtsleiter Axel Albicker neue Vollzeitstellen mit Arbeitgeberkosten von über 80.000 Euro jährlich schaffen. Die Qualifikation eines künftigen Berufsbetreuers nach dem eigenen Modell würde den Kreis dagegen im Höchstfall 6200 Euro kosten. Geld, das der Betreuer entweder zinslos zurückzahlt oder – je nach Dauer seines Betreuungsengagements – als Fördergeld teilweise oder ganz behalten kann.

Für den Vorschlag der Sozialbehörde im Landratsamt gab es im Kreisparlament Lob, unter anderem von Johannes Schneider (FDP), der im Vorstand des Sozialvereins SKM sitzt und dadurch mit dem Thema konfrontiert ist. Alexander Guhl (SPD) sprach gar von einem „hervorragenden Modell“. Kritik gab es dagegen am Gesetzgeber, der die Hürden für Betreuer im vergangenen Jahr mit neuen Anforderungen hochgesetzt hatte. Michael Thater (FW) fand das „unerträglich“ und forderte vom Bund eine Entbürokratisierung. Wie hoch die Hürden selbst für Verwaltungsfachleute sind, bezeugten zwei Kreisparlamentarier aus eigener Erfahrung als Betreuer. Klaus Denzinger (FDP), Altbürgermeister aus Wehr, brauchte nach eigenem Bekunden schon „Hilfe beim Ausfüllen eines Formulars“. Und Lauchringens Bürgermeister Thomas Schäuble (CDU) sah sich Papieren gegenüber, die selbst er nicht verstand.

In der Sitzungsvorlage beklagte Landrat Martin Kistler, dass die Attraktivität des Betreuer-Berufs durch elf neu geforderte Sachkundenachweise gesenkt worden sei. Von den 38 freiberuflichen Betreuerinnen und Betreuern im Landkreis Waldshut müssen sechs diese Sachkundemodule noch nachholen. Nur Juristen und Sozialarbeitern traut Berlin den Zugang zum gesetzlichen Berufsbetreuer ohne Zusatzqualifikation noch zu.

Zu wenig Nachwuchs: Anfang 2024 gab es im Landkreis 2651 gesetzlich betreute Erwachsene, die ihre Angelegenheiten nicht selbst regeln können. Eine wichtige Rolle spielt dabei der Sozialdienst SKM, der Betreuende beschäftigt, aber auch Ehrenamtliche einarbeitet und weiterbildet. Von 38 freiberuflichen Betreuern im Landkreis sind laut Behörde 16 über 60 Jahre alt, Nachwuchs ist rar. Um von Betreuungen nach amtlichen Sätzen leben zu können, braucht ein Betreuer 30 bis 50 Betreute. Grundsätzlich kann sich jeder um die Aufgabe bewerben.