Der Staatsanwaltschaft Waldshut-Tiengen geht die Arbeit nicht aus – im Gegenteil. „Wir haben nach wie vor einen Verfahrenszuwachs“, sagte die Leitende Oberstaatsanwältin Iris Janke bei einem Pressegespräch. Dabei berichtete sie gemeinsam mit Oberstaatsanwalt Christian Lorenz und Staatsanwältin Rahel Diers von mehr als 11.730 Verfahren, die 2022 im Landgerichtsbezirk Waldshut-Tiengen eingingen. Im Vorjahr waren es 10.899 Verfahren.

„Das heißt nicht, dass die Kriminalität zunimmt“, stellte Janke klar und nannte den Grund für die Steigerung: „Wir haben sehr viele Internetbetrugsfälle und Fälle von Kinderpornografie.“ Bei vielen Fällen seien oftmals mehrere Verfahren anhängig.

Mehrheit der Verfahren wird eingestellt

Der Großteil aller Verfahren werde eingestellt. „Nur ein Bruchteil – etwa 20 Prozent – kommt zum Gericht“, erklärte die Juristin. 2022 wurden etwa 2400 Beschuldigte angeklagt. Zudem wurden Verfahren gegen 1175 Beschuldigte gegen Auflagen eingestellt.

Oberstaatsanwalt Christian Lorenz, die Leitende Oberstaatsanwältin Iris Janke sowie Staatsanwältin und Pressesprecherin Rahel Diers (von ...
Oberstaatsanwalt Christian Lorenz, die Leitende Oberstaatsanwältin Iris Janke sowie Staatsanwältin und Pressesprecherin Rahel Diers (von links) informierten bei einem Pressegespräch über aktuelle Verfahren und Aufgaben der Staatsanwaltschaft Waldshut-Tiengen. | Bild: Juliane Schlichter

„Gott sei Dank kam es 2022 zu keinem vollendeten Tötungsdelikt“, so Janke weiter. Lediglich ein Verfahren wurde wegen eines versuchten Tötungsdelikts vor dem Schwurgericht verhandelt. Dabei handelte es sich laut der Leitenden Oberstaatsanwältin um einen versuchten Messerangriff auf einen Sicherheitsmitarbeiter in einem Supermarkt in Wehr.

Kinderpornografie im Darknet und in sozialen Netzwerken

Stark zu genommen haben den Staatsanwälten zufolge die Verfahren wegen Kinderpornografie. Die Zahlen bewegen sich laut Iris Janke jährlich zwischen 200 und 250. Rahel Diers sieht die Ursache in der zunehmenden Digitalisierung. Früher hätten die Täter CDs mit kinderpornografischen Inhalten getauscht, heute gingen sie dafür ins Darknet, einem versteckten Teil des Internets. „Die Beschaffung ist einfacher geworden“, sagte Diers.

In den Bereich der Kinderpornografie zählen auch die sogenannten Schulhoffälle. Jugendliche tauschen dabei entsprechende Inhalte über das Smartphone aus. „Kinderpornografie fängt da an, wenn eine 13-Jährige unbekleidet ein Foto von sich an einen 14-Jährigen sendet“, erklärte Rahel Diers. Als wichtig erachtet sie die Aufklärung von Jugendlichen und die Sensibilisierung von Eltern und Lehrern.

Fakten zur Staatsanwaltschaft

Die Juristin, die auch Pressesprecherin der Staatsanwaltschaft ist, erwähnte, dass durch eine Gesetzesänderung, welche am 1. Juli 2021 in Kraft trat, die Strafen im Zusammenhang mit Kinderpornografie erheblich angehoben worden seien. Es drohe nunmehr eine Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr.

Unterstützt werden die Strafverfolgungsbehörden bei der Aufklärung der Fälle von der US-amerikanischen Nichtregierungsorganisation NCMEC. Übersetzt bedeutet die Abkürzung „Nationales Zentrum für vermisste und ausgebeutete Kinder“. Die Organisation gebe auch in Deutschland Fälle von Kinderpornografie in den sozialen Netzwerken wie TikTok, Instagram und WhatsApp an das Bundeskriminalamt und die Polizei weiter.

In der Region brennt es sehr häufig

„Bemerkenswert“ hoch nannten die Staatsanwälte die Anzahl der Brandfälle. 2022 kam es im Landgerichtsbezirk, zu dem der gesamte Landkreis Waldshut und die Amtsgerichtsbezirke Schönau und Schopfheim des Landkreises Lörrach gehören, zu 70 Bränden, die kriminalistisch untersucht wurden.

„Es brennt sehr häufig“, bemerkte Oberstaatsanwalt Christian Lorenz, der auch Stellvertreter von Iris Janke ist. Die meisten Brände seien auf Fahrlässigkeit zurückzuführen und seien nicht vorsätzlich gelegt. Lorenz erklärt sich die große Zahl durch „sehr viele alte und landwirtschaftliche Anwesen“, die es im Landgerichtsbezirk gebe. Auf Brandschutz sei beim Bauen früher seltener geachtet worden.

Der Großbrand auf dem früheren Wehra-Areal in Wehr Ende Dezember 2022 habe gezeigt, „wie ein kleiner Funken zu einem Millionenschaden führen kann“. Lorenz sagte zum aktuellen Stand der Ermittlungen: „Das Gutachten steht noch aus.“ Es sei jedoch klar, dass es keine vorsätzliche Brandstiftung war. Es werde derzeit geprüft, ob die Sorgfaltspflicht auf dem Gelände des Unternehmens Tschamber verletzt worden sei.

Falsche Maskenatteste und gefälschte Impfausweise

Gut beschäftigt habe die Justiz auch die Coronazeit. Iris Janke nannte hierbei eine Vielzahl fälschlich ausgestellter Maskenatteste. So wurde beispielsweise im Oberen Wiesental ein Arzt zu einer Geldstrafe verurteilt, der in 22 Fällen Menschen ohne objektiven Grund von der Maskenpflicht befreit hatte.

Zudem verfolgte die Staatsanwaltschaft die Fälschung von Impfausweisen und Betrügereien beim Betrieb von Coronatestzentren. „Im Großen und Ganzen waren diese aber beanstandungsfrei“, sagte die Leitende Oberstaatsanwältin.

Heroin und Kokain über die Grenze

Etwa 1100 Betäubungsmittelverfahren haben die Staatsanwaltschaft im Jahr 2022 beschäftigt. Im Visier der Ermittler standen unter anderem die wechselnden Mitglieder einer von Waldshut und Weil am Rhein aus agierenden Gruppe, die mehr als 40 Kilogramm Heroin und mehr als 38 Kilogramm Kokain in die Nord- und Westschweiz geschmuggelt hatten. Bislang hat die Große Strafkammer des Landgerichts fünf Anklagen erhoben. In der Folge verhängte das Gericht zum Teil langjährige Straftaten.

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