Zuletzt war es ruhiger geworden um die Initiatorinnen des Lauchringer Kirchenstreiks. „Pandemiebedingt mussten wir unsere Aktionen zurückfahren“, erklärt Ulrika Schirmaier, die 2019 gemeinsam mit Karin Höhl und Gertrud Bernauer-Eckert ihre ehrenamtlichen Ämter in den Gemeindeteams von Ober- und Unterlauchringen für zwei Wochen niederlegte, um für die Gleichberechtigung von Männern und Frauen in der katholischen Kirche zu kämpfen.
Trio bezieht Stellung zu Missbrauchsfällen
Nun meldet sich das Frauen-Trio zu den Missbrauchsfällen innerhalb der katholischen Kirche zu Wort. Seit Wochen steht der emeritierte Papst Benedikt in der Kritik, weil ein Gutachten zu Missbrauchsfällen im Erzbistum München und Freising ihm Fehlverhalten in vier Fällen vorwirft. Nun äußerte er sich zu den Vorwürfen. In einem Brief bat Benedikt XVI. die Opfer sexuellen Missbrauchs in der katholischen Kirchen um Verzeihung. Den Vorwurf, er habe den sexuellen Missbrauch vertuschen wollen, weist er aber entschieden zurück.
„Es ist wichtig und richtig, dass er sich entschuldigt hat“, erklärt Ulrika Schirmaier gegenüber dieser Zeitung nach der Veröffentlichung von Benedikts Stellungnahme. Für die Katholikin kommt die Entschuldigung jedoch zu spät. „Sie hätte eine ganz andere Gewichtung, wenn er es gleich getan hätte und nicht erst unter dem öffentlichen Druck“, sagt sie über den emeritierten Papst.
Hintergrund: Benedikt hatte zunächst abgestritten, im Jahr 1980 als damaliger Erzbischof von München und Freising an einer Sitzung teilgenommen zu haben, bei der über einen Priester gesprochen wurde, der mehrfach wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern auffällig geworden war. Er korrigierte seine Aussage zwar später, dennoch spricht Schirmaier von einem Vertrauensbruch zwischen den Gläubigen und den Kirchenoberen. „Man konnte durch das Protokoll beweisen, dass er an der Sitzung teilgenommen hatte“, sagt sie. „Es blieb ihm also nichts anders übrig, als sich zu entschuldigen“, fügt die Katholikin hinzu.
Kirche muss wieder glaubwürdig werden
Als Konsequenz aus den Missbrauchsfällen innerhalb der katholischen Kirche fordern die Religionslehrerin und ihre Mitstreiterinnen, dass die Kirchenoberen von ihren Ämtern zurücktreten und ihre Gehälter zur Wiedergutmachung den Opfern zur Verfügung gestellt werden. „Nur wenn diese Forderungen konsequent umgesetzt werden, ist ein Neuanfang möglich und die Kirche kann wieder glaubwürdig werden“, schreiben Ulrika Schirmaier, Karin Höhl und Gertrud Bernauer-Eckert in einer gemeinsamen Presseerklärung.
„Weiter scheint es uns notwendig, dass auch staatliche Stellen auf die katholische Kirche einwirken, in allen Bistümern externe Untersuchungskommissionen einzusetzen, und dass diese Zugang zu allen Akten haben, mit der Konsequenz der strafrechtlichen Verfolgung der Täter und der Vertuscher, egal wie alt sie sind und welches Amt sie innehaben“, erklären die Lauchringerinnen.

Um ihrer Meinung Ausdruck zu verleihen, beteiligen sich die drei Frauen, die sich zur Aktionsgruppe Maria 2.0 Lauchringen zusammengeschlossen haben, an der Aktion „#MachtLichtAn“ der Katholischen Frauengemeinschaft Deutschlands (Kfd). Unter diesem Motto fordert die Kfd seit 2018 die deutschen Bischöfe auf, Licht in das Dunkel der Missbrauchsfälle zu bringen, verkrustete Machtstrukturen abzuschaffen, unabhängige Missbrauchsbeauftragte einzusetzen und die kirchliche Sexualmoral zu verändern.
Andacht am 20. Februar
„Die Missstände in der Kirche lösen bei vielen Menschen Emotionen wie Wut, Ärger, Sorgen und Ängste aus“, weiß die Katholikin und fügt hinzu: „Ihnen möchten wir mit einer Andacht eine Plattform geben, ihre Gefühle mitzuteilen.“ Die Veranstaltung findet am Sonntag, 20. Februar, um 10.45 Uhr in der Herz-Jesu-Kirche in Unterlauchringen statt. Die Teilnehmer können ihre Gedanken anonym auf Papierzettel schreiben, die die Initiatorinnen dann vorlesen werden.
Mit Blick auf die aktuellen Ereignisse um die Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs werde für die Frauen deutlich: „Die kirchlichen Strukturen, die den flächendeckenden Missbrauch und die jahrzehntelange systematische Vertuschung erst möglich gemacht haben, müssen ein für alle Mal aufgebrochen und verändert werden.“ Dazu gehören in ihren Augen auch die Änderung des Kirchenrechts, die Zulassung der Frauen zu allen Weiheämtern sowie die Aufhebung des Zölibats.
Als Reaktion auf das Schreiben „Querida Amazonia“ von Papst Franziskus vom Februar 2020, in dem sich das Kirchenoberhaupt gegen die Weihe von Frauen und verheirateten Männern ausgesprochen hatte, traten Karin Höhl und Gertrud Bernauer-Eckert nach jahrelangem ehrenamtlichen Einsatz im Gemeindeteam von Oberlauchringen aus der katholischen Kirche aus. Mit Ulrika Schirmaier kämpfen sie dennoch weiterhin in der gemeinsam gegründeten Aktionsgruppe für Reformen innerhalb dieser Institution.