Wer im Landkreis Waldshut einen Kita-Platz für sein Kind sucht, sollte sich am besten bereits vor der Geburt des Kindes dafür anmelden. Doch auch damit ist ein Platz nicht automatisch gewährleistet. Eine Alternative für die Betreuung können Tagesmütter und Tagesväter sein, von denen es im Landkreis Waldshut aktuell 72 registrierte gibt, darunter 68 Aktive. Lediglich zwei Tagesväter gibt es laut Landratsamt in der Region.
Die meisten Tagesmütter gibt es in Wehr (neun), Waldshut-Tiengen (sechs) und Laufenburg (sechs). Ein neuer Qualifizierungskurs startet im Januar 2022. Obwohl regelmäßig jährlich neue Tagespflegepersonen ausgebildet werden, übersteigt die Nachfrage in der Regel das Angebot deutlich.
Die Chemie muss stimmen
Eine der 68 aktiven Tagespflegepersonen ist Nadine Klopcke aus Rickenbach. Die 37-Jährige hat vor rund sieben Jahren einen Qualifizierungskurs über das Landratsamt absolviert, der 160 Stunden umfasst. „Für mich war klar, dass ich dann als Tagesmutter arbeiten will, wenn ich ein eigenes Kind habe.“

„Mein Sohn Paul war damals ein Jahr alt. Ich habe mich dann dazu entschlossen, zunächst zwei Kinder zu betreuen, die im selben Alter von Paul sind. Wichtig war mir – und auch den Eltern – dass die Chemie zwischen uns allen stimmt. Die Kinder spielen den gesamten Vormittag zusammen, deshalb ist es wichtig, dass sie gerne Zeit miteinander verbringen“, sagt Nadine Klopcke.
Einen Unterschied zwischen ihrem Sohn und den Tageskindern habe sie nie gemacht. Heute geht der 3,5-jährige Paul in den Kindergarten, wo er mit Gleichaltrigen zusammen ist. „Meine Tageskinder sind in der Regel jünger und haben andere Bedürfnisse, deshalb ist es gut, dass Paul jetzt im Kindergarten ist.“
Der Tag beginnt für Nadine Klopcke heute in der Regel zwischen 7.30 Uhr und 8 Uhr. Nacheinander treffen ihre Tageskinder ein. Insgesamt hat sie momentan drei, die sie aber nicht alle täglich betreut, weshalb sie derzeit noch Kapazitäten für ein Kind hat. Die beiden Geschwister Benedict (3) und Victoria (1) kommen zwei Tage pro Woche, dafür bleiben sie aber bis 17 Uhr. Nadine Klopcke frühstückt mit den Kindern, anschließend ist Spielzeit. Gespielt wird fast überall im großen Bauernhaus. „Es ist wichtig, dass sich die Kinder frei bewegen können“, sagt sie. Die kleine Victoria wird gegen 11 Uhr ins Bett gebracht. Über das Babyphone hört die Tagesmutter, ob die Kinder wieder aufgewacht sind. Es gibt ein gemeinsames Mittagsessen, das täglich frisch gekocht wird.
Mit Kindern wollte Nadine Klopcke schon immer arbeiten, sogar nach der Schule eine Ausbildung zur Erzieherin beginnen, doch „das hatte sich nach der Schule bei mir damals leider nicht so ergeben, weshalb ich mich für einen anderen Beruf entschieden habe“, sagt die gelernte Tierarzthelferin. Dafür habe ich jetzt die Möglichkeit, die Kinder bei mir zu Hause zu betreuen und bekomme dafür auch noch Geld.“
Was kostet die Betreuung?
Pro Kind unter drei Jahren zahlt das Landratsamt an die Tagespflegeperson für die Betreuung 6,50 Euro pro Stunde, für Kinder über drei Jahren 5,50 Euro. Der Kostenbeitrag für die Eltern beträgt seit diesem Jahr bei Familien mit einem Kind unter 18 Jahren pro Betreuungsstunde 2,30 Euro, Familien mit zwei Kindern unter 18 Jahren zahlen 1,75 Euro, Familien mit drei Kindern 1,15 Euro und Familien mit vier oder mehr Kindern 0,40 Euro.
Zusätzlich können die Tageseltern noch einen Stundenlohn von den Eltern verlangen. Auch Nadine Klopcke lässt sich ihren Stundensatz um 2,50 Euro aufstocken. In den Kosten inbegriffen ist aber nicht nur die Betreuung, sondern auch das Frühstück und ein warmes Mittagessen, dass sie frisch kocht.
Anforderungen an Tagesmütter und -väter
Ein Rechenbeispiel: Grundlage für die Berechnung ist die maximale Betreuungszeit für die frühkindliche Förderung von Ein- bis Dreijährigen. Diese liegt in der Kindertagespflege bei 20 Stunden pro Woche und bei maximal fünf Stunden am Tag. Eltern mit einem Kind zahlen demnach mindestens 184 Euro pro Monat. Kommt dann ein Stundenlohn der Tagesmutter von beispielsweise 2,50 Euro hinzu, liegen Eltern insgesamt bei mindestens 384 Euro pro Monat. (Im Rechenbeispiel gehen wir von 20 Betreuungstagen pro Monat aus.)
Da Nadine Klopcke als Tagesmutter selbstständig ist, muss sie sich auch selbst versichern. Zu den üblichen Versicherungen wie Renten-, Arbeitslosen, Haftpflicht- und Unfallversicherung kommt bei ihr noch die Berufshaftpflichtversicherung hinzu. „Die ist wichtig, falls einem der Kinder doch einmal etwas passiert“, sagt die 37-jährige Rickenbacherin.
Welche Vorteile hat die Betreuung bei einer Tagesmutter?
Viele Eltern, die sich für eine Tagesmutter entscheiden, sehen Vorteile gegenüber anderen Betreuungseinrichtungen wie Krippen und Kitas: flexible Betreuungszeiten, kleine Gruppen, familiäre Atmosphäre. „Wichtig ist, dass Eltern das individuell auf ihr Kind abgestimmt, entscheiden. Manche Kinder mögen den Trubel in Kitas, andere dagegen fühlen sich wohler in einem familiäreren Umfeld“, sagt Klopcke.

Wie hoch die Nachfrage nach einer Tagesmutter ist, weiß Nadine Klopcke genau: „Vor Corona habe ich regelmäßig Anfragen von Eltern bekommen, die ihr Kind bei mir betreuen lassen wollen.“ Mittlerweile ist die Nachfrage wieder wie vor der Krise. Das bestätigt auch das Landratsamt: „Die Corona-Pandemie hat die Nachfrage nach Betreuungsplätzen in Kindertagespflege kaum verändert. Bei Eltern und Tagespflegepersonen zeigten sich Verunsicherungen, die sich allerdings nicht spürbar auswirken“, so Tobias Herrmann, Pressesprecher des Landratsamts.
Qualifikation und Weiterbildung
Um als Tagesmutter arbeiten zu können, muss Nadine Klopcke neben dem Qualifizierungskurs jährlich 15 Unterrichtseinheiten absolvieren. „Für diese tätigkeitsbegleitende Weiterbildung sind im Landkreis Regionalgruppen eingerichtet, die von Fachkräften geleitet werden. Des Weiteren bietet das Jugendamt jährlich mindestens einen Fachtag zu speziellen Themen der Kindertagespflege an. Das Angebot der Qualifizierung ist für die Tagespflegeperson kostenlos“, informiert das Landratsamt. Nadine Klopcke: „Es ist richtig, dass es stets Weiterbildung und die Möglichkeit zum Austausch gibt. Auch wir haben mal die eine oder andere Frage, die wir dort immer stellen können.“
Wie lange Nadine Klopcke den Beruf der Tagesmutter ausüben will, weiß sie bisher noch nicht: „Aber ein Ende ist bisher nicht in Sicht. Ich liebe einfach die Arbeit mit Kindern.“