Die Motoren dröhnen und die blauen Warnlichter zucken über den Bauhof – auch ohne Sirene sind die beiden Einsatzfahrzeuge nicht zu übersehen. Aus allen Ritzen der Tür dringt bereits der Qualm, als die Wagen zum Halten kommen. Eine Person ist vermisst, liegt bewusstlos im Schuppen. Man sieht die Hand vor Augen nicht, doch dank Wärmebildkamera kann der junge Mann schnell gerettet werden. Jeder Handgriff sitzt, die acht Feuerwehrleute bereiten routiniert die Schläuche vor, der Tank des Fahrzeugs liefert das nötige Löschwasser.

Im Einsatz tragen die Feuerwehrleute Einmalmasken oder auch Stoffmasken, die vom Gerätewart nach jedem Einsatz gewaschen und frisch ...
Im Einsatz tragen die Feuerwehrleute Einmalmasken oder auch Stoffmasken, die vom Gerätewart nach jedem Einsatz gewaschen und frisch eingeschweißt werden. | Bild: Julia Becker

So realistisch mutet alles an, dass man als Zuschauer fast vergisst, dass hier der Nachwuchs der Freiwilligen Feuerwehr nur eine Übung abhält.

Keine Übung von März bis August

Normalerweise komme man einmal im Monat eine komplette Übung zusammen, dazu kommen Extratermine, etwa für Maschinisten oder für die Führungsgruppe. „Wir versuchen, uns mindestens einmal die Woche zu treffen“, so Kommandeur Nico Bibbo. „Jetzt haben wir von Anfang März bis August gar nicht üben können.“ Ein Trainingsrückstand, der im Ernstfall schnell zum Risiko werden kann.

Vorbereitet: Der Abteilungskommandant für Wehr Marco Testa (Mitte) mit seinem Stellvertreter Florian Kikillus (links) und Kommandant ...
Vorbereitet: Der Abteilungskommandant für Wehr Marco Testa (Mitte) mit seinem Stellvertreter Florian Kikillus (links) und Kommandant Nico Bibbo freuen sich, dass wieder Übungen stattfinden können. | Bild: Julia Becker

Auch, weil kaum noch Schulungen stattfinden können: Statt wie in anderen Jahren mit mehr als 20 Lehrgängen gibt es in diesem Jahr nur drei. Aktuell übe man in kleine Gruppen von sechs bis acht Feuerwehrleuten: „Es sind dann immer die gleichen Leute beieinander“, erklärt Bibbo. Und das funktioniere gut, denn „wir sind es ja gewohnt in Zügen zu üben.“

Im Ernstfall läuft unter Pandemiebedingungen einiges anders: Die Gruppen seien kleiner und man bleibe nur so lange vor Ort, wie absolut notwendig, erklärt der stellvertretende Wehrer Kommandant Florian Kikillus.

Mit Mundschutz im Einsatz

Bereits auf der Fahrt tragen alle Feuerwehrleute einen Mund-Nasen-Schutz. Auch beim Einsatz selbst wird dieser nach Möglichkeit nicht abgenommen. „Wir sind den Kindergärten sehr dankbar“, erklärt Bibbo. Als diese wegen Corona geschlossen wurden, nähten die Erzieherinnen rund 1000 Stoffmasken für die Feuerwehr. So habe man viel Geld gespart.

Engagiert: Im Schnitt sind die Nachwuchskräfte 18 bis 22 Jahre alt, wenn sie die Ausbildung zum „Druckmann Teil 2“ machen. ...
Engagiert: Im Schnitt sind die Nachwuchskräfte 18 bis 22 Jahre alt, wenn sie die Ausbildung zum „Druckmann Teil 2“ machen. Durch abgesagte Schulungen und weniger Übungen wird es für die jungen Leute deutlich länger dauern, bis sie im Ernstfall mit ausrücken dürfen. | Bild: Julia Becker

„Seit März sind wir ungefähr 50 mal ausgerückt, ungefähr so häufig wie in anderen Jahren auch“, so Bibbo. Zu den Einsätzen gehörten der große Brand in Bergalingen ebenso wie die Suche nach der vermissten Wanderin im Bereich Wehratal und Schluchtensteig. „Aber als im März alle zuhause waren gab es drei Wochen keinen einzigen Fall“, so Bibbo.

An ein geselliges Zusammensein ist momentan nicht zudenken: Die Feuerwehrleute haben strenge Auflagen, dürfen sich auch privat nicht treffen. „Wir gehören zur kritischen Infrastruktur, darum gelten für uns strengere Vorgaben“, erklärt Kikillus. Das ist nicht nur im Jubiläumsjahr schmerzhaft.

„Die Kameradschaft leidet“

„Wir wissen noch gar nicht, wo wir nächstes Jahr stehen“, so Bibbo: Das Scheibenfeuer steht noch in den Sternen und auch die Hauptversammlung im Januar darf nur wegen der Wahlen stattfinden. „Wir haben nächstes Jahr einige Jubilare. Die Ehrungen sind nur möglich, weil gleichzeitig auch Wahlen stattfinden“, erklärt Bibbo.

Überblick: Im Ernstfall muss jeder Handgriff sitzen und jeder seinen Aufgabe kennen. Ohne regelmäßiges Training leidet der Ausbildungsstand.
Überblick: Im Ernstfall muss jeder Handgriff sitzen und jeder seinen Aufgabe kennen. Ohne regelmäßiges Training leidet der Ausbildungsstand. | Bild: Julia Becker

„Die Kameradschaft, das was uns ausmacht, leidet.“ Besonders für den Nachwuchs ist dies schwierig: „Es ist eine große Gefahr für das Ehrenamt. Die jungen Mitglieder brennen dafür und können nun nicht aktiv werden“, so Kikillus.

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