Tino Brütsch

Bereits seit Montag, 16. März, sind die Grenzen zwischen der Schweiz und Deutschland als Maßnahme gegen die Verbreitung des Coronavirus geschlossen. Die Schließung wird noch unabsehbare Zeit anhalten.

Sie greift tief in das Alltagsleben der Grenzstadt Laufenburg ein. Hier wechselten täglich viele Menschen die Grenze – um einzukaufen, um Spazieren zu gehen, um Sport zu treiben, um ein Restaurant zu besuchen, um den Bahnhof zu erreichen, um Freunde zu besuchen. All dies ist nun nicht mehr möglich.

Einer der Betroffenen, Tino Brütsch aus Laufenburg/CH, veröffentlicht hier einen Offenen Brief an die für die Grenzregelung zuständigen Politiker in Deutschland und der Schweiz:

Tino Brütsch aus Laufenburg (CH) hat einen offenen Brief verfasst, in dem er Kritik am Vorgehen der Behörden gegen die Ausbreitung des ...
Tino Brütsch aus Laufenburg (CH) hat einen offenen Brief verfasst, in dem er Kritik am Vorgehen der Behörden gegen die Ausbreitung des Coronavirus übt. Im Brief richtet Brütsch das Augenmerk besonders auf die negativen Auswirkungen der Grenzschließung zwischen Deutschland und der Schweiz. | Bild: Museum Rosenegg

„Ich habe anfangs der Grenzschließung in den Sozialen Medien die Hoffnung geäußert, dass das Grenzregime mit Augenmaß gelebt werde. Leider wurde diese Hoffnung brutal enttäuscht; die Politik und auch die Entscheidungsträger bei der schweizerischen Grenzwache und den deutschen Grenzbehörden haben nicht verstanden, dass es darum geht, die Ausbreitung eines Virus gemeinsam zu bekämpfen.

Sie haben den Unterschied von einzuschränkender Mobilität im Großen und der Aufrechterhaltung von nötigen Elementen im kleinen Grenzverkehr nicht verstanden. Geschiedene Elternteile konnten über Wochen ihre Kinder nicht mehr sehen, Berufsleute müssen epidemiologisch unsinnige Umwegfahrten auf sich nehmen (wenn ich nach Schaffhausen zur Arbeit muss, so bin ich nun statt 1,5 Stunden mit dem direkten Zug 5,5 Stunden in öffentlichen Verkehrsmitteln via Zürich unterwegs, was seuchentechnischer Unsinn ist), etc., etc.

Selbst das Argument des „Einkauftourismus“ ist nicht so schwarz-weiß, wie die Politik und die Grenzbehörden das darstellen. Im Zuge der vergangenen Vernetzung über die Grenzen hinweg hat sich da auch eine Arbeitsteilung ergeben. Die großen Einkaufszentren auf deutscher Seite gehen einher mit dem Abbau von Angeboten auf der Schweizer Seite der Grenze.

Ist die Grenze zu, so wird für uns auf Schweizer Seite das lokale Angebot recht dürftig. Statt zu Fuß an Ort einzukaufen, muss ich dann in den Bus nach Frick. Auch das ist im Kampf gegen Corona nicht gewinnbringend. Ich wehre mich in diesem Zusammenhang auch vehement dagegen, einen Einkauf 100 Meter von meiner Haustüre entfernt als Einkaufstourismus zu benennen.

Was wir erleben, ist die Bankrotterklärung einer Zusammenarbeit über die Grenze hinweg. Etiketten wie „Laufenburg, eine Stadt zwei Länder“ sind als haltlose Lügen entlarvt.

Und während die politischen Behörden von Konstanz und Kreuzlingen sich nun hörbar bemühen, dieser Entwicklung entgegenzuwirken, hört man hier in Laufenburg leider nichts dergleichen und kann nur hoffen, dass sich auch hier, gut versteckt in den vom Kundenverkehr befreiten Amtsstuben, hinter den Kulissen was tut.

Während wir als Gesellschaft auf der Ebene der Individuen eine hohe Reife im Befolgen der gebotenen Distanz bewiesen haben, benimmt sich die Grenzwache auf beiden Seiten, wie wenn wir in einer Militärdiktatur gelandet wären.

Sie verspielt das Vertrauen in die Behörden, die sich ebendieses mit der sensiblen Art im Umgang mit dem Lockdown (CH: keine Ausgangssperre, sondern Appell an die Vernunft mit weniger ausgreifenden Regeln) verdient haben. Das könnte sich im Hinblick auf eine zweite Welle und weitere Maßnahmen durchaus als problematisch erweisen.“