Clara Heße

Wenn die Eltern drogenabhängig sind, ist der Ferienbeginn für ihre Kinder oft kein Grund zur Freude. Die Freunde sind mit ihren eigenen Familien im Urlaub, und ohne die Schule zerfällt die Struktur des Alltags, ihre Welt wird enger. Die Rückzugsräume außerhalb des Elternhauses verschwinden.

Um dagegen anzusteuern, bietet das KiSEL, ein Projekt für Kinder und Jugendliche suchtkranker Eltern, einen Theaterworkshop an. Partner ist das Freie Theater Tempus fugit. Für vier Tage können sich die Kinder und Jugendlichen der KiSEL- und der Leuchtturmgruppen in den Fasnachtsferien zum gemeinsamen Theaterspiel treffen und zusammen frühstücken. Die Leuchtturmgruppe ist ein Projekt der Diakonie und richtet sich an Kinder von psychisch kranken Eltern. „Schauspiel erlaubt, in ungewohnte Rollen zu schlüpfen. Da kann ein stilles und ängstlich geprägtes Kind auf einmal laut und forsch sein“, sagt Frank Meißner, Sozialpädagoge und Leiter der Drogen- und Jugendberatungsstelle Lörrach. Ziel sei es, den Kindern und Jugendlichen das Theaterspiel zwanglos nahe zu bringen. Eine Aufführung am Ende sei keine Voraussetzung, das werde sich im Laufe des Projekts entscheiden. „Schön ist bei solchen Projekten die Familienatmosphäre, wenn die Sechzehnjährigen auch mal Zeit mit den Sechsjährigen verbringen“, sagt Martina Zipse-Warkotsch, Leiterin der KiSEL-Gruppe für Mädchen über zwölf Jahre. Die Teilnehmer sollen das Projekt als etwas Besonderes erleben und sich dort sicher fühlen. Solche Entfaltungsräume zu bieten ist wichtig – das Risiko, eine eigene psychische Störung und Suchterkrankung zu entwickeln, erhöht sich laut Meißner um das Sechsfache, wenn die Eltern drogenabhängig sind.

„Wir versuchen, die Seiten des Kindes zu stärken, die es gesund halten“, sagt Meißner. Ihm zufolge leben im Landkreis Lörrach etwa 6000 Kinder aus suchtgefährdeten Familien. Das sind pro Schulklasse bis zu vier Kinder. Ihnen bleibt eine sorglose Kindheit oft verwehrt. Der Alltag ist um die Droge organisiert, ihre eigenen Bedürfnisse stehen an zweiter Stelle und Eltern sind meist überfordert. „Die Jugendlichen und Kinder verinnerlichen oft früh, dass man über die häusliche Situation nicht spricht“, sagt Meißner. Mit ihren Problemen sind die Betroffenen alleine.

Um sie zu erreichen, startet KiSEL eine Flyeraktion an weiterführenden Schulen und Berufsschulen. Auf den Flyern stehen Kontaktdaten für eine anonyme und kostenlose Beratung. Diese kann online, telefonisch oder im persönlichen Gespräch stattfinden. Die Beratungsstelle hofft auch auf die Unterstützung durch die Präventions- und Beratungslehrer an den Schulen. Die Flyer werden in geschützten Bereichen aushängen, zum Beispiel in den Vorräumen der Schultoiletten. So kann sich jeder einen mitnehmen, ohne dass die Mitschüler es mitbekommen. Bei Kindern sei die Zustimmung der Eltern Voraussetzung für die Unterstützung durch die Beratungsstelle, bei älteren Jugendlichen gehe es auch ohne. „Lasst euch beraten und unterstützen, das ist euer Recht“, betont Frank Meißner.