In den vergangenen Tagen machten Gerüchte die Runde, dass die Hausarztpraxis in Wies geschlossen werden soll. Für die Bürger des Kleinen Wiesentals keine gute Nachricht, ist die Gemeinde doch recht weitläufig und verfügt nur noch über eine weitere Praxis in Tegernau. Mohamed Jafar, Facharzt für Allgemeinmedizin, Sport- und Physiotherapeut, übernahm die Praxis in Wies Ende 2020 von Gabriele Geier – nachdem diese ­monatelang eine Nachfolge gesucht hatte. In der Zwischenzeit hat Jafar seine Erstpraxis in Ühlingen-Birkendorf bezogen und eine weitere Zweigpraxis in St. Blasien eingerichtet. St. Blasien wurde nun durch einen Standort in Waldshut-Tiengen ersetzt. Neben den Standorten im Landkreis Waldshut scheint sich nun der lange Anfahrtsweg zur Zweigpraxis in Wies als Problem herauszustellen.

Drei Tage lang hat diese Zeitung vergeblich versucht, Mohamed Jafar telefonisch zu erreichen. Am Mittwoch gibt dann dessen Rechtsanwalt Stefan Frank Auskunft: „Die Praxis wird nicht geschlossen“, betont dieser. Jafar wolle die medizinische Versorgung im Kleinen Wiesental auf jeden Fall sicherstellen, allerdings wisse der Allgemeinmediziner aktuell nicht, wie er die Zweigstelle abdecken solle. „Die Fahrerei“, so der Anwalt, sei nicht abbildbar. Jafar habe einen Medizinerkollegen, der Teilzeit in den Praxen mitarbeite, nach Wies komme dieser allerdings nicht. Jafar versuche indes schon seit längerem, einen Assistenzarzt als Unterstützung zu bekommen, „dies könnte dann zumindest langfristig eine Erleichterung verschaffen“, sagt Stefan Frank. Bis dahin habe man eine „Hängepartie“ im Kleinen Wiesental. Vor Ort sei eine medizinische Fachangestellte, die vieles übernähme, für das es keinen Arzt brauche.

Dies bestätigt auch die Seniorenbeauftragte Melanie Mühlhäuser auf Anfrage. „Die Patienten haben noch einen Arzt“, betont sie, auch wenn die Situation vor Ort gerade „nicht einfach“ sei. Es sei richtig, dass Jafar erstmal keine Sprechstunden in Wies anbieten könne. Vieles werde über die Arzthelferinnen vor Ort oder über Videosprechstunden abgedeckt, was laut Mühlhäuser „ganz gut“ funktioniere. Jafar sei auf der Suche nach Lösungen. Das Projektbüro unterstütze ihn dabei, „allerdings ist unser Handlungsspielraum da begrenzt, wir können keine Ärzte backen“, sagt Mühlhäuser.

Weniger hoffnungsvoll zeigt sich Bürgermeister Gerd Schönbett auf Anfrage: „Angeblich ist er bemüht, den Standort im Kleinen Wiesental zu erhalten – aber das wird schwierig.“ Schönbett habe erst vor kurzem erfahren, dass Jafar nun auch eine Zweigstelle in Waldshut-Tiengen betreibt, „der tanzt nun auf drei Hochzeiten gleichzeitig“. Alleine könne dies auf Dauer nicht funktionieren, so Schönbett. Sorge um die ältere Bevölkerung macht sich Ursula Rödel, VdK-Frauenvertreterin des Ortsverbands Wies. „Wieder sind es vor allem die älteren und alleinstehenden Bürgerinnen und Bürger, die in eine ungewisse Zukunft bezüglich einer wohnortnahen Hausarztversorgung blicken.“ Sie hoffe, dass eine Lösung gefunden werde. „Gerade als VdK-Frauenvertreterin fühle ich mich dazu verpflichtet, tätig zu werden.“ Daher möchte sie das Thema an die Öffentlichkeit bringen – verbunden mit der Hoffnung, dass sich vielleicht ein Arzt meldet, der nach Wies kommen möchte.

Mohamed Jafar wurde 1968 geboren und stammt aus Bagdad im Irak, wo er ein Medizinstudium begann. Wegen des Krieges floh er und traf 1996 nach mehreren Stationen in Leipzig ein. Jafar absolvierte zunächst in Reutlingen und Balingen eine Ausbildung zum Sport- und Physiotherapeuten und entschied dann, sein Medizinstudium in Leipzig weiterzuführen. Dieses schloss er 2012 ab. Seine Facharztprüfung als Allgemeinmediziner absolvierte er 2020. Bei der Praxisübernahme in Wies unterstrich er seine ausgeprägte Liebe zum Landleben: „Als Landarzt zu arbeiten ist das beste Ziel.“