Ernst Brugger

Um die Mitte des 19. Jahrhunderts wurden die Unruhen zwischen verfassungstreuen Reformern und demokratischen Radikalen immer größer. Die notleidende Bevölkerungsschicht forderte verstärkt eine Umwälzung der Herrschaftsverhältnisse mit der Abschaffung der Monarchie. Seit 1847 schwelte besonders im Großherzogtum Baden eine revolutionären Stimmung. Mit den Freischarzügen von Friedrich Hecker und Gustav Struve sowie dem Zug der Deutsch-Französischen Legion von Georg Herwegh brach dann in Baden im April 1848 am frühesten die Revolution aus, sie kam auch in Dossenbach an.

Französische Revolution als Vorbild

Den letzten Anstoß gab die französische Revolution im Februar 1848. Bürgerkönig Louis Philippe muss Abdanken und Frankreich wird zur Republik erklärt. In Baden wollten sich radikale Demokraten mit der allmählichen Liberalisierung nicht zufrieden geben. Als ihre Forderungen kein Gehör fanden, zogen am 13. April 1848 der Heckerzug und Struve-Truppen von Konstanz aus in Richtung Karlsruhe – sie wollten eine zentrale Revolution anzustoßen. Am 20. April werden der Heckerzug und die Struve-Freischaren von hessischen und badische Truppen beim Gefecht bei Kandern zerschlagen.

Das meistgesuchte Paar Deutschlands auf der Flucht

Viele Revolutionäre fallen – die meisten konnten fliehen. Struve und Hecker entkamen in die Schweiz. Am 24. April 1848 setzt Georg Herwegh aus Paris kommend mit seiner etwa 700 Mann starken „Deutschen Demokratischen Legion“ bei Kleinkems mit Schiffen über den Rhein. Emma, die Frau von Herwegh, ist in Männerkleidern mit dabei. Die Herweghs werden später zum meistgesuchten Paar in Deutschland.

Vom Gastwirtssohn zum Freiheitskämpfer

Georg Herwegh wurde am 31. Mai 1817 als Gastwirtsohn in Stuttgart geboren. Nach dem Gymnasium besuchte er die Lateinschule in Balingen. Ab 1835 gehörte er der württembergischen Theologenschmiede, dem Tübinger Stift an. Wegen ungebührlichen Verhaltens musste er dieses bald verlassen. Seine Befreiung vom Militärdienst wurde dadurch hinfällig. Diesem entzog er sich 1838 durch Flucht in die Schweiz. Vom württembergischen König begnadigt, lebte er ab 1841 als Schriftsteller in Paris. 1843 heiratete Herwegh die hochgebildete, reiche Berliner Kaufmannstochter Emma Siegmund.

Als deutscher Dichter war Georg Herwegh auch ein demokratisch-revolutionärer Freiheitskämpfer.
Als deutscher Dichter war Georg Herwegh auch ein demokratisch-revolutionärer Freiheitskämpfer. | Bild: Archiv: Ernst Brugger

Die Schlacht bei Dossenbach

Als Herwegh in Kandern vom verlorenen Gefecht Heckers erfährt, wollte er sich in Todtnau mit einer anderen Freischar zusammentun, die jedoch ebenfalls schon zerschlagen war. Herwegh wurde jetzt klar, dass auch er gegen die besser ausgerüsteten Bundestruppen auf verlorenem Posten stand. Von Todtnau aus versuchte er sich mit Frau und Legion über Schopfheim und den Dinkelberg in die Schweiz abzusetzen.

Nachdem die auf 650 Mann geschrumpfte Formation tagsüber und eine ganze Nacht durchmarschiert war, erreichte sie gegen neun Uhr am Morgen des 27. April 1848 Dossenbach. Die übermüdeten Bataillone hatten sich aber zwischenzeitlich zerstreut. Während die ersten Legionäre am südwestlichen Dorfrand lagerten, hatten nachkommende von einer von Niederdossenbach heranrückenden Infanteriekompanie vernommen, die auf dem Rückmarsch nach Schopfheim war.

Von der Anwesenheit der Herwegh-Legion hatte der Hauptmann dieser württembergischen Kompanie, Friedrich Lipp, keine Kenntnis. Nachdem Georg Herwegh vom Anmarsch der Kompanie erfuhr, drängte er rastlos auf Weitermarsch. Während die Spitze mit den Herweghs den Hollwanger Wald erreicht, begann am Dorfrand von Dossenbach das Gefecht, als die Württemberger Soldaten eintrafen und die erschöpften und geschwächten Legionäre überraschten. Am 27. April spielte Dossenbach so als Ort eine entscheidende Rolle in der Badischen Revolution.