Thomas Mutter

Das Fest „Unbefleckte Empfängnis Mariä“ (so der ältere Titel) ist ein herausgehobenes Datum im katholischen Festkalender. Das Kreismuseum im Haus des Gastes erinnert mit einer wunderschönen Farbscheibe an das kirchliche Hochfest. Die Glaskunst stammt aus dem originalen Dom und ist über Umwege der Geschichte als Dauerleihgabe zumindest an den einstigen Klosterort zurückgekehrt.

Die wunderschöne Farbscheibe aus dem originalen Dom ist im Kreismuseum im Haus des Gastes zu sehen.
Die wunderschöne Farbscheibe aus dem originalen Dom ist im Kreismuseum im Haus des Gastes zu sehen. | Bild: Thomas Mutter

Als Begleitung drängt sich auch das Rätsel auf, warum der geniale Martin II. Farbfenster in die frühklassizistisch gedachte Nachbildung des römischen Pantheons aufnahm. Vermutungen und Deutungen (Frömmigkeit, Heiligenverehrung, Zugeständnisse an die Erwartungen der Gläubigen) gibt es etliche, aber letztlich hat der fürstäbtliche Bauherr sein farbiges Geheimnis mit ins Grab genommen.

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Die vielen Mosaiksteine der eigentlich nicht zu erwartenden Ausstattung für das Weihejahr 1783 und auch noch nachfolgend (etwa Silbermann-Orgel, marmorne Altäre und Kommunionbank, schmiedeeisernes Chorgitter und barocke Fresken im Kuppelscheitel und über dem Chorbogen) bleiben jetzt unerwähnt, die Beschränkung auf den „Sahnetupfer“ der farbigen Verglasung der unteren Rotundenfenster ist geboten.

Fürstabt erwirbt spätgotische Farbfenster

Die Aufhebung der Freiburger Kartause 1782 könnte den Fürstabt angeregt haben (das wäre dann eine zusätzliche Erklärung), einen Akt des handelnden Protests oder der Rettung von Kunstschätzen zu vollziehen. Jedenfalls erwarb er die dortigen spätgotischen Farbfenster, teilweise nach Entwürfen von Hans Baldung Grien, und wollte sie dann natürlich auch sichtbar machen. Also ordnete er ihren Einbau in die Kuppelkirche an.

Brüder aus Birkendorf ergänzen Scheibe

Allerdings waren die Freiburger Scheiben deutlich kleiner als die fast 4,30 Meter hohen und zweieinhalb Meter breiten Rotundenfenster. Jetzt schlug die Stunde der aus Birkendorf stammenden Klosterbrüder Michael und Anton Pflüger (auch biologische Brüder), die den fürstäbtlichen Auftrag zur Ergänzung der erworbenen Farbscheiben erhielten. Die Pflüger-Brüder entwickelten dazu ein im Nachfolgekloster St. Paul/Kärnten aufbewahrtes Rezept für ein bis heute kaum nachzuahmendes Rubin-Rot.

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Am Ende eines langwierigen Arbeits- und Ausstattungsauftrags waren alle zehn unteren Rotundenfenster farbig-feierlich ausgeschmückt – sei es als Komposition aus Kartausenfenster und ergänzender Kreation oder eben ausschließlich als Klosterwerk aus der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts. Die Beweggründe des Fürstabts für den Einbau der Farbfenster bleiben bis heute Anstoß für Spekulationen und Erklärungsversuche.

Glaskunst kommt nach Schloss Langenstein

Eindeutig belegt ist dagegen der weitere „Lebensweg“ der eine mystische Atmosphäre erzeugenden Farbfenster nach der Vertreibung der Mönche 1807. Ein gutes Jahrzehnt später ließ der neue Eigentümer der Kirche – der Staat namens Großherzogtum Baden, vertreten durch Großherzog Ludwig I. – die Kunstwerke herausnehmen und auf Schloss Langenstein bei Stockach verbringen.

Fenster kommen „unter den Hammer“

Durch Erbschaft gelangte der ehemalige Freiburger und St. Blasier Fensterschmuck 1872 in die Hände des Grafen von Douglas, der den Schatz gegen Ende des Jahrhunderts in eine Kölner Auktion gab. Die Mehrzahl der wundervollen Scheiben mit Heiligenfiguren oder biblischen Motiven wurde versteigert. Sie landeten schließlich (gottlob!) in Museen oder Sammlungen in Basel, Berlin, Freiburg, Karlsruhe, Köln, Nürnberg und Worms. Einige alte Scheiben und alle Pflüger-Ergänzungen sind auf Schloss Langenstein geblieben.

Weg zurück in den Südschwarzwald

Von dort sind vier Farbfenster als Dauerleihgaben seit Sommer 1989 zur Aufwertung und zur religiösen Kunstfreude des hiesigen Kreismuseums geworden. Zwei Werke der Brüder Pflüger wurden übrigens 1956 in die evangelische Kirche in Steißlingen gegeben. Der Fürstabt hätte am Wechsel der klösterlichen Kunstwerke von katholischen Standorten in ein evangelisches Zuhause ganz gewiss keinen Anstoß genommen.