Erhard Morath

Die Geschichten und Berichte des 70 Seiten umfassenden Heftes „Bonndorf in Wort und Bild“, geschrieben und zu Papier gebracht vor 50 Jahren von Schülerinnen der einstigen Abschlussklasse der Grund- und Hauptschule Bonndorf, stellen einen unglaublichen Schatz dar. Vor allem die Frage „Was wurde innerhalb von 50 Jahren aus Bonndorf?“ bringt interessante Erkenntnisse.

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Jedem Mädchen hatte der damalige Lehrer Artur Riesterer ein Thema aus der Heimatkunde zur Bearbeitung gegeben. „Bonndorf unter verschiedenen Herrschaften“ beschreibt drei Seiten lang, welche Edlen des Mittelalters, Fürstäbte aus St. Blasien, bis hin zur Säkularisation in Bonndorf etwas zu sagen hatten. 1806 kam Bonndorf zum Großherzogtum Baden. Für geschichtlich interessierte Zeitgenossen bietet dieses Segment einen historischen Leckerbissen auf relativ engem Raum und zeugt von akribischer Fleißarbeit.

  • Ehemaliges Klosterleben: Ja, auch Bonndorf hatte sein Kloster, namentlich die Bruderschaft der Pauliner oder Paulaner, lesen wir da. Das Gotteshaus im Martinsgarten hatte bis 1407 Bonndorf als Pfarrkirche gedient. Sie ging in der Ordensstiftung in den Besitz des Paulinerklosters über. Die übrigen Klostergebäude wurden 1731, so lesen wir, neu aufgebaut und standen in direkter Nachbarschaft. (1968: Metzgerei Pfendler, 2019: Di Lisi/Jost).
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  • Einrichtungen im Schloss: Im Bonndorfer Schloss, so macht die dazu zählende Beschreibung deutlich, waren einst viele Einrichtungen untergebracht: Das Amtsgericht mit einem Gerichtssaal, das Notariat, die Gewerbeschule, die landwirtschaftliche Berufsschule, ein Volksschulraum, ein Werkraum, ein Musikproberaum, das Prachtstück Aula und eine Hausmeisterwohnung für das Ehepaar Robold; nicht zu vergessen die Kunsthandwerkerschule. Zudem diente die Außenfassade als Kulisse für Theateraufführungen – der Kammerschauspiele St. Blasien.
Das Schloss, erbaut um 1600, war Domizil für zahlreiche Einrichtungen Unter anderem war das Amtsgericht und die Kunsthandwerkerschule ...
Das Schloss, erbaut um 1600, war Domizil für zahlreiche Einrichtungen Unter anderem war das Amtsgericht und die Kunsthandwerkerschule dort untergebracht. | Bild: Erhard Morath
  • Das Krankenhaus: Dem Fürstabt Martin Gerbert II aus St. Blasien werden ob seines segensreichen Wirkens für Bonndorf mehrere Berichte gewidmet: Er gegründet 1765 die Sparkasse, die damit die zweitälteste in Deutschland ist. Ebenso hob er das Bonndorfer Krankenhaus, anno 1777 aus der Taufe. Zehn Ordensschwestern und drei freie, dazu drei Bonndorfer Belegärzte, Adolf Büche als Verwalter, insgesamt 21 Personen mühten sich um das Wohl der Patienten und den Betrieb des Hauses. Es hatte 120 Betten und war in seiner Art für eine Stadt von der Größe Bonndorfs sehr modern ausgestattet.
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„Es enthält einen OP-Raum, eine Röntgen-, eine Entbindungs- und eine Isolierstation und ist damit sehr vielseitig“ schrieben die Autorinnen in ihrem Bericht. Es verwundert heutzutage, dass zum Krankenhaus auch eine zehn Hektar große Landwirtschaft gehörte. Der Absatz schließt mit der Hoffnung: „Mögen vor allem genügend Barmherzige Schwestern den Bestand des Krankenhauses sichern.“ Sie sollte sich, wie wir heute wissen, leider nicht erfüllen. Auch das heutige Alten-und Pflegeheim als Nachfolger des „Spitals“ sucht händeringend Mitarbeiter, Pflegekräfte. Es scheint, manche Probleme sind geblieben, andere wurden gelöst und einige haben sich nach 50 Jahren vielleicht sogar noch verschlimmert.

Das Bonndorfer Spital, wie es um 1900 aussah.
Das Bonndorfer Spital, wie es um 1900 aussah. | Bild: Repro: Chronik Bonndorf
  • Denkmal für den Fürstabt: Martin Gerberts Vorliebe für Bonndorf als Fürstabt von St. Blasien und umgekehrt, manifestiert sich bis heute in einem Denkmal, das ihm die Bonndorfer bauten und 1856 mit einer schriftlich exakt überlieferten Zeremonie im Martinsgarten einweihten. Die Inschrift auf dem Piedestal lautet: „Martin Gerbert zu Hornau, geb. den 12. August 1720 zu Horb, zum Kirchenfürsten gemacht am 15.10.1764, gestorben am 13. Mai 1793, gründete die Sparkasse 1765, das Bezirksspital 1789, den Bezirksschulfonds 1772.“ Er wird in mehreren Beiträgen und Geschichtensammlung der Schülerinnen mit dickem Lob überhäuft und kommt mit Bestnoten weg.
1856 wurde von den Gemeinden des Amtsbezirks Bonndorf dieses Denkmal zu Ehren von Martin Gerbert II. errichtet.
1856 wurde von den Gemeinden des Amtsbezirks Bonndorf dieses Denkmal zu Ehren von Martin Gerbert II. errichtet. | Bild: Erhard Morath
  • Zum Abschluss: Welche spannende Rarität für die Nachwelt der Lehrer Artur Riesterer und seine Abgangsklasse mit diesem Heft „Bonndorf in Wort und Bild“ damals auf die Beine stellten, wird erst heute, 50 Jahre danach, deutlich. Nach intensivem Studium für die Serie wird klar, dass das kleine Büchlein ein echter Schatz ist. Und noch eins: Alle Hochachtung vor dem damaligen Klassenlehrer Artur Riesterer, dem es mit dem Projekt erfolgreich gelang, seinen Schülerinnen Bonndorf in all seinen Facetten näher zu bringen.
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