Dieser Fall hat in Radolfzell Wellen geschlagen: Am Hausherrenwochenende ist ein 37 Jahre alter Mann auf dem Heimweg von einem Vereinsfest im Herzen am Skateplatz angegriffen und verletzt worden. Doch diese Nachricht war nicht allein Gesprächsthema in der Stadt. Denn das, was die Polizei zu dem Vorfall mitgeteilt hatte, und das, was seine Ehefrau selbst recherchiert und auf Social Media gepostet hatte, gingen weit auseinander. Der SÜDKURIER hat mit Melanie Volk über die Ereignisse gesprochen.

In zwei Beiträgen im sozialen Netzwerk Facebook, die in der Stadt hundertfach geteilt wurden, suchte sie erst Zeugen für einen Vorfall in der Nacht vom Hausherrensamstag auf den Sonntag, 19./20. Juli. Ihr Mann, Arthos Volk, das Opfer der Körperverletzung, ist auf dem Heimweg vom Fischerfest angegriffen und dabei verletzt worden.

In einem zweiten Post widersprach sie der Presseinformation der Polizei, die über den Vorfall am Montag, 21. Juli, vermelden ließ, das Opfer sei nur leicht verletzt worden. Der Inhalt der Auseinandersetzung sei ein einzelner Schlag eines 15-Jährigen gewesen. Diese Information machte Melanie Volk fassungslos: „Mein Mann wäre fast gestorben, meine Kinder hätten beinahe ihren Vater verloren“, sagt sie wenige Tage später im Gespräch mit dem SÜDKURIER.

Polizei will ihren Bericht nicht korrigieren

Die Polizei will auf erneute Nachfrage keine weiteren Details nennen. Zu laufenden Ermittlungen würden grundsätzlich keine Angaben gemacht, so Katrin Rosenthal von der Pressestelle des Polizeipräsidiums Konstanz. Melanie Volks Bitte, eine öffentliche Richtigstellung des Sachverhaltes vorzunehmen, sei die Polizei bis jetzt nicht nachgekommen.

Der behandelnde Arzt im Singener Krankenhaus habe Melanie Volk beim Eintreffen nachts zur Seite genommen und ihr eindringlich erklärt, dass der 37-Jährige an diesem Abend einen Schutzengel gehabt habe und es auch ganz anders hätte ausgehen können. „Das war ein absoluter Schock“, beschreibt sie die Situation.

Der Radolfzeller Skateplatz im Herzen-Areal ist ein beliebter Treffpunkt für Kinder und Jugendliche. Am Hausherrenwochenende wurde es ...
Der Radolfzeller Skateplatz im Herzen-Areal ist ein beliebter Treffpunkt für Kinder und Jugendliche. Am Hausherrenwochenende wurde es zum Tatort für einen Angriff. | Bild: Jarausch, Gerald

Ihr Mann habe an dem Abend stark geblutet und Verletzungen im Kopf-, Hals- und Brustbereich erlitten. Mittlerweile sei er aus dem Krankenhaus nach Hause geholt worden. Wie lange der Heilungsprozess dauern werde, sei nicht klar. Er werde engmaschig vom Hausarzt betreut und müsse sich in Behandlung eines Spezialisten begeben. Er sei bis auf Weiteres nicht arbeitsfähig.

Polizei betont die Alkoholisierung des Opfers

Was Melanie Volk besonders ärgert: Sowohl in der Pressemeldung der Polizei als auch im persönlichen Gespräch mit dem Radolfzeller Polizeirevier sei betont worden, dass ihr Mann alkoholisiert gewesen sei. „Was spielt es denn für eine Rolle, ob er etwas getrunken hat oder nicht? Die meisten Gäste eines Festes haben Alkohol konsumiert, rechtfertigt es irgendwie diese Tat?“, sagt sie.

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Sie empfindet es als eine Art Täter-Opfer-Umkehr, weil dadurch ihrem Mann eine Mitverantwortung für den Gewaltausbruch dieser Jugendlichen gegeben werde. Auch sorgt sie sich darum, ob sorgfältig ermittelt werde, um die Täter zur Rechenschaft zu ziehen. Denn: Ihr Mann sei bis jetzt nicht zum Sachverhalt polizeilich angehört worden, sagt sie.

Auf den Facebook-Post melden sich Zeugen

Ihre eigenen Recherchen waren indes ergiebiger. Durch ihren ersten Zeugenaufruf hätten sich mehrere Personen gemeldet, die an dem Tatabend im Herzen unterwegs waren und ihr geholfen hätten, den Ablauf zu rekonstruieren. Und dieser passt laut der 32-Jährigen nicht so ganz mit dem zusammen, was die Polizei veröffentlicht hat. Da sie bei der Polizei aus ihrer Sicht kein Gehör fand, den Sachverhalt in der Öffentlichkeit richtigzustellen, formulierte sie den zweiten Beitrag.

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„Wir hätten nie gedacht, dass uns als Familie mal so etwas passiert“, beginnt Melanie Volk das Gespräch. Denn der Vorfall habe nicht nur Auswirkungen auf ihren Mann, sondern auch auf sie und das Leben ihrer zweier Kinder, eine 13-jährige Tochter und einem dreijährigen Sohn. Zusammen seien sie alle auf dem Fischerfest beim ASV gewesen, so wie die Jahre zuvor. Die 32-Jährige sei mit dem Jüngsten schon früher nach Hause gegangen, die Tochter dann noch etwas später mit Freunden. Zum Schluss trat der 37-Jährige den Heimweg an, der noch mit Freunden bis nach Mitternacht auf dem Fest gefeiert hatte.

Opfer trifft eine Gruppe Jugendlicher am Skateplatz

Weil er sein E-Bike nicht über Nacht im Herzenareal habe stehen lassen wollen, sei er nicht mit seinen Freunden und einem Taxi nach Hause gefahren, sondern habe das Rad heimschieben wollen. Auf Höhe des Skateplatzes muss es dann zu einem kurzen Gespräch mit einer Gruppe Jugendlicher gekommen sein, das relativ schnell eskaliert sein soll. Nach einem Schlag auf den Hinterkopf sei ihr Ehemann zu Boden gegangen, so ihre Kenntnisse des Abends.

Zwei weitere Besucher des Fischerfestes, die kurz nach Volk das Gelände verlassen hätten, haben Melanie Volk danach berichtet, sie hätten eine Gruppe Personen gesehen, die um einen auf dem Boden liegenden Mann standen und auf diesen eingetreten hätten. Beide Männer seien dem Opfer zu Hilfe geeilt, die Gruppe habe sich daraufhin aufgelöst und das Weite gesucht. Polizei und Rettungswagen seien alarmiert worden.

Die Pressestelle der Polizei erklärt auf erneute Nachfrage, warum sie im Bericht nur leichte Verletzungen angegeben hatten: „Eine erste Einschätzung der vor Ort behandelnden Besatzung des Rettungsdienstes ergab, dass der Geschädigte durch den Schlag leicht verletzt worden sei“, so Rosenthal.

Bericht des Rettungsdienstes widerspricht dem Polizeibericht

Und hier gehen die Darstellungen auseinander. „Ich verstehe nicht, wieso die Polizei behauptet, es sei nur ein Schlag gewesen, wenn auf dem Bericht des Rettungsdienstes steht, er habe mehrere Tritte gegen Kopf und Oberkörper erlitten?“, fragt sich Melanie Volk. Dieser Bericht liegt Melanie Volk schriftlich vor.

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Auch sei es aus ihrer Sicht klar eine Gruppe gewesen und nicht nur ein 15 Jahre alter Jugendlicher. Andere Zeugen des Abends hätten ihr berichtet, dass auch ihnen die Gruppe am Skateplatz aufgefallen sei. Sie habe sich bereits zuvor aggressiv und provozierend gegenüber Passanten verhalten, so Volk. Sie habe gehört, am Abend seien mindestens vier Personen festgenommen worden.

Die Polizei hüllt sich dazu in Schweigen. Auf die Frage nach der Anzahl der Festnahmen am Hausherrensamstag erhielt die Redaktion bis zur gesetzten Frist keine Antwort. Es wird bislang lediglich bestätigt, dass die Personalien des erwähnten 15-Jährigen festgestellt und ein Ermittlungsverfahren gegen ihn eingeleitet wurde.