Gleich zwei Beiträge in „Bonndorf in Wort und Bild“ widmete die Mädchenklasse der Bonndorfer Hauptschule im Jahr 1968 den Straßen- und Gewannnamen in ihrem selbst gefertigten Büchlein. Bei der Recherche und den dabei gesammelten Namen gelangten sie zu der Überzeugung, Bonndorf sei nicht nur das „Städtchen in der Sonnenschale“ – man dürfe es auch als „Städtchen des Humors“ bezeichnen.

Wörtlich zu diesen liebevoll gemeinten Bezeichnungen für die Stadt Bonndorf heißt es in der Broschüre: „Diese (Anm. d. Red.: Bezeichnungen) wurden gewiß nicht von den Stadträten geprägt, sondern in einem Gasthaus bei guter Laune und einem Umtrunk geboren. So wird Bonndorf im Norden vom Philosophenweg eingerahmt. … Der Name entstand ca. um 1900. Bis 1924 war Bonndorf Amtsstädtchen. Vielleicht haben manche Beamte des Öfteren Spaziergänge auf dem Weg gemacht und dabei ihre Gedanken schweifen lassen. So entstand der Name.“
- Straßennamen: Es folgen über drei Seiten hinweg Straßenbezeichnungen der Bonndorfer Kernstadt mit Anmerkungen zu deren Lage, ihren Besonderheiten und der Herkunft ihrer Bezeichnung: „In der Viehmarktstraße wird alljährlich 12 mal der Viehmarkt abgehalten. In der Spiegelgasse stand vor langer Zeit ein Gasthaus mit dem Namen ‚Zum Spiegel‘. Die Lindenstraße wurde wohl so benannt, weil sie von mächtigen Bäumen beschattet wurde. Die Waldallee heißt wegen schattenspendender Bäume links und rechts der Straße so, man kommt sich vor wie in einem Wald.“ Das Gässchen Süßer Winkel – so vermuteten die Schülerinnen – rühre von dem Bantlebrunnen her. Bantle, ein früherer Ratsschreiber, besaß wohl eine eigene Quelle, die obendrein das beste Wasser Bonndorfs geliefert habe.

Bei ihren Nachforschungen über die Wurzeln oder früher üblichen Namen der Straßen stießen die Schülerinnen auf interessante Fakten: „Die Donaueschinger Straße war früher unter der „Judengasse“ bekannt. Die Schaffhauser Straße hatte mit ‚Bethlehem‘ einen biblischen Namen.“ Die Mädchen führten dazu aus, „dass im ‚Bethlehem‘ vielleicht mal viele Arme gelebt hatten. Die Steinasägerstraße trug früher den Namen ‚Salzstraße‘‘ Auf ihr wurde das lebensnotwendige Salz aus dem Salzkammergut hinüber in den Hotzenwald gebracht. An den Maler Hans Thoma aus Bernau erinnert die Hans-Thoma-, an den badischen Schriftsteller (Anm. d. Red.: Heinrich) Hansjakob aus dem Kinzigteil die Hansjakob-Straße und Johann Peter Hebel, der Dichter aus dem Wiesental, stand Pate für die Hebelstraße.“
- Gewannnamen: Viele Bonndorfer Straßen wurden nach alten Gewannnamen benannt: Allmend, Todtwiesen, Haarschwärze, Im Letten, Hinterhofen und Vorderlinden. An die 90 Bonndorfer Gewannnamen wurden in einem eigenen Kapitel zusammengetragen. Neben vertrauten Begriffen finden sich einige, die heute selbst alteingesessenen Bonndorfern nicht sofort geläufig sein dürften, etwa Viertelstegen, Dachslöcher, Karrengashalde, Höllschachern, Katzenschwanz, Königsäcker, Vorsallen, Bettern oder Hunnenfeld. Auf eher geläufig klingende Namen wie Kohlhalde, Neufeld, Galgenbuck, Hebsack, Wacht, oder Breitenfeld stößt man dabei ebenso.

Bonndorfer wächst. Etwas mehr als 5000 Bonndorfer leben zurzeit in der Kernstadt, 1967 waren es gerade einmal 3351. Mit dem Zuwachs, der auch für die nach 1970 hinzugekommenen Ortsteile gilt, entstanden Baugebiete mit neuen Straßennamen. So erhielten weitere verdiente Persönlichkeiten wie Hans Lembke (Maler und Künstler), Paul Körber (Zahnarzt und Heimatdichter), Hermann Schurhammer (Naturschützer, Ingenieur) oder Alois Burger (Heimatdichter) in der Weststadt durch Straßennamen nachhaltige Erinnerungsmarken. Die Christian-Dunker-Straße erinnert an den Firmengründer des heute größten Arbeitgebers in Bonndorf. Diverse „Mittlishardts“ münden in Ahorn-, Schlehen, Hanselnuss- oder Holunderwege. Eine Vogelnamenvielfalt ist Kennzeichen der Vogelsiedlung am Lindenbuck.
Und wer sich auf freie Deutungsversuche bei alten Gewannnamen einlässt, Auskünfte einholt oder andere Bonndorfer darauf anspricht, taucht augenblicklich in eine bunte Welt von Geschichten zu Natur, Brauchtum, Kunst, Arbeitswelt und Berufen auf dem Schwarzwald am Rande zur Hochebene der Baar ein. So erging es mit Sicherheit jenen Abschlussschülerinnen, als sie sich damals zu diesen Themenfeldern auf Spurensuche machten.
Werk und Serie
Die Broschüre „Bonndorf in Wort und Bild“ ist ein Gemeinschaftswerk von Schülerinnen, die im Jahr 1968 in Bonndorf die Klasse 9b besucht habten. In unserer Serie haben wir bereits über die Autorinnen sowie die Themen Fasnacht, das Marktwesen, die Kommunalpolitik und Behörden, die es heute nicht mehr gibt, berichtet.