St. Blasien – Als ein bestimmter Ort kann der Latschari-Platz heute nur noch erahnt werden. Sein Name hat sich besser erhalten. Die Bezeichnung Latschari ist eine volkstümliche Ableitung von Latschi, dem je nach Gegend unterschiedliche Bedeutung zukommt. Die Spannweite reicht von Dummkopf und Einfaltspinsel über nachlässig gekleideter Mensch bis zu ungehobelter Flegel. Für die hiesige Zuordnung kommt alles infrage. Aus den Latschi wurden die Latschari – wohl ein Versuch, dem Wort die Schärfe zu nehmen.
Den Platz, der diesen Namen bekam, durchziehen heute die Hauptstraße, die Todtmooser und die Bernau-Menzenschwander Straße. Wir befinden uns also vor den Arkaden des Modehauses Schmidt und dem angrenzenden grünen Schindelmantelbau (ehemals Buchhandlung und Druckerei Weißenberger, heute zum Modehaus gehörend). Vor rund 140 Jahren stand das spätere Haus Weißenberger noch nicht. Die Fläche mag größer erschienen sein, Autoverkehr gab es nicht. Gäste, Sommerfrischler und Patienten bewegten sich an der Alb entlang und zwischen Hotel „Klosterhof“, Kurhaus, Pensionen und Lungensanatorium. Auf dieser Fläche traf sich die Dorfjugend – erst 1897 erhielt St. Blasien das Stadtrecht – zum Schwätzen, Gaffen, Unfug Planen und „anbandeln“. Die Benutzer haben ihrem Treffpunkt seinen Namen gegeben.
Die Zierde des Platzes muss eine hohe, majestätische Ulme bei der heutigen Rathaus-/Klosterhofbrücke gewesen sein. Der laut Bernhard Steinert mehr als 300 Jahre alte Prachtbaum, in dessen Schatten man sich besonders gerne traf, musste 1907 wegen Altersschwäche gefällt werden. Die Belebung und städtische Anmutung des Latschari-Platzes vermittelte schon ab 1905 neben dieser Baumzierde (alles im engsten Umfeld der heutigen historischen Plakatsäule) ein Holzkiosk der seinerzeit gegründeten Motorwagengesellschaft zur Bedienung erster Buslinien und Ausflugsziele als Antwort auf die ungeheuer rasche Entwicklung des Kurorts. Bei einer Fasnachtsveranstaltung wurde der Fahrkartenkiosk zum „Centralbahnhof St. Blasien“ erhöht.
Das Leben auf und mit dem Latschari-Platz wurde naturgemäß nicht geringer, sondern gestaltete sich explosionsartig mit Autoverkehr, Aufmärschen, Fronleichnamsprozessionen, der Bauentwicklung rundherum und 1997 sogar mit einer Hälfte der Domfestspiele. Das anfängliche, mehr oder weniger nutz-, aber auch belanglose Herumtreiben der Latschari auf dieser Fläche ist lange aufgelöste Vergangenheit. Aber die Namensgebung des einstigen Platzes hat sich in kleiner werdenden Ecken der Orts- und Volkskundler erhalten.