Herr Pfarrer Schneider, was bedeutet für Sie der christliche Glaube?

Fabian Schneider: Für mich ist Glaube der Anker, der mir Halt im Leben gibt. Wesentlich ist mir dabei auch, den Glauben in der Gemeinschaft weiterzugeben. Das sind zwei Aspekte, die zusammengehören.

Seit Anfang 2018 gab es in der Seelsorgeeinheit (SE) Bonndorf-Wutach etwas mehr als 430 Kirchenaustritte. Sticht die SE da besonders hervor?

Schneider: Mir liegen keine Zahlen zu vergleichbaren SE vor. Ich kann nur sagen, dass es im ländlichen Raum weniger Austritte gibt als in urban geprägten Gemeinden. Die jährlichen Kirchenaustritte in unserer SE bewegen sich zwischen 40 und etwas mehr als 60 Personen. Jeder Austritt schmerzt mich und ich frage mich selbstkritisch, warum es diese Entwicklung gibt.

Wie gehen Sie mit den Menschen um, die ausgetreten sind?

Schneider: Ich respektiere jede dieser Entscheidungen. Die Seelsorgeeinheit hält für jeden die Türe durch ein Gesprächsangebot offen, um zurückzukommen. Dies teilt die SE in einem Schreiben an die Person mit.

Ist der christliche Glaube mit der Mitgliedschaft in der Institution Kirche überhaupt zwingend verbunden?

Schneider: Ein einzelner Christ ist kein Christ im Sinne der Gemeinschaft. Glaube hat zwar einen persönlichen Charakter, ist aber auch in der Gemeinschaft wiederzufinden. Das lässt sich bereits durch die Berufung der Jünger durch Jesus ableiten. Unterschiedliche Charaktere bereichern diese Gemeinschaft, das ist urchristlich.

Was bewegt Menschen, auszutreten?

Schneider: Auffällig ist in der SE, dass sich Kirchenaustritte zu runden Geburtstagen häufen. Ich denke, dies hat mit einem persönlichen Blick auf das Leben und der Frage „Wohin soll mich dies alles führen“ zu tun. Ich kann letztlich aber nur allgemein antworten, da im Vorfeld eines Austritts selten das Gespräch mit dem Pfarrer gesucht wird. Bei jungen Menschen spielen häufig finanzielle Gründe, sprich die Kirchensteuer, eine Rolle. Die Bedeutung der Institution als solidarische Sozialgemeinschaft wird dabei oft nicht gesehen. Eine andere Gruppe sieht ihre Erwartungen an die Kirche nicht erfüllt. Diese wenden sich häufig anderen Glaubensgemeinschaften zu. Missbrauchsfälle – sexuelle oder auch geistliche – beschleunigen zudem die Entwicklung. Menschliches Versagen von Kirchenvertretern befördert dies. Und dann gibt es noch den Identifikationsverlust, weil christlicher Glaube an gesellschaftlicher Bedeutung verliert.

Was kann die SE tun, um die Zahl der Kirchenaustritte zu minimieren?

Schneider: Ich denke, es ist entscheidend, die Wertschätzung für jeden Einzelnen der Gemeinschaft hervorzuheben. In den kleineren christlichen Einheiten der vergangenen Jahrzehnte war dies auch in Bonndorf und Wutach leichter möglich als es selbst heute in der SE Bonndorf-Wutach ist. Die Reform zur Kirchengemeinde An der Wutach ab 2026 stellt eine Herausforderung dar. Jedes Gemeindemitglied wird stärker gefordert sein, Gemeindeteams der bisherigen Kirchengemeinden werden bedeutsam, nicht zuletzt durch Vernetzung innerhalb der künftigen Kirchengemeinde.

Fragen: Stefan
Limberger-Andris

Fabian Schneider (53) hat 1992 in Freiburg (CH) und Freiburg im Breisgau (1993- 1998) katholische Theologie studiert. Die Priesterweihe erhielt er 2000. Die SE Bonndorf-Wutach leitet er seit Januar 2018. Ab Januar 2026 ist er in der Kirchengemeinde Heilige Dreifaltigkeit Donaueschingen tätig.